Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 258† St. Michaelis A. 16. Jh.

Beschreibung

Tafel. Dargestellt war Moses mit den Gesetzestafeln, neben ihm ein Mann – von Lauenstein als Johannes Tetzel angesehen – mit Ablaßbriefen und Geldkasten, darunter die Inschrift. Daneben befand sich nach Lauenstein die taxa poenitentiaria, die zur Zeit der Reformation ausgekratzt worden war. Die Tafel selbst war zur Zeit Lauensteins noch erhalten.1) Er gibt aber die Inschrift vermutlich nicht nach Autopsie wieder, sondern eine Abschrift der Zehn Gebote von der Cusanus-Tafel (Nr. 167). Möglicherweise hat er auch diese nicht am Original transkribiert, sondern die Wiedergabe Calvörs benutzt, die an der einschlägigen Stelle einen lückenhaften Text bietet.2)

Inschrift nach Lauenstein.

  1. Boven alle dinge hebbe leff einen God Nicht ydel[...]a) vire den hilgen dag alle gader Ehre Moder und Vater Mit vvillen edder mit vvercke schla nemend dot Stehl nicht völ hestu noth Buten dem echte dau neine unkeuscheit Segge van nemes falscheit Begehre nemendes Beddegenot Noch mit unrechte nemendes goet We nicht enthält dyse teyn gebot De mag nimmer kommen to God

Kommentar

Übersetzung und Erläuterungen zum Text s. Nr. 167. Die Darstellung Johannes Tetzels läßt darauf schließen, daß der Text der Zehn Gebote in diesem Fall in eine Ablaßtafel integriert worden war. Die von Lauenstein erwähnte taxa poenitentiaria enthielt wahrscheinlich die Höhe der Geldzahlungen, die der Gläubige entrichten mußte, um den Erlaß der Strafen zu erwirken, die er sonst im Fegefeuer hätte abbüßen müssen.3)

Textkritischer Apparat

  1. Zu ergänzen wäre nach dem Wortlaut der Cusanus-Tafel ydelone noch in spot. Koch und Rieckenberg haben diese nicht sinnvolle Textpassage in ydeliche 〈swere〉 noch in spot ‚Schwöre nicht unnütz, spotte nicht über ihn‘ emendiert. Rieckenberg verweist für diese Ergänzung auf den Wortlaut des gereimten Dekalogs Dietrich Koldes in einer Trierer Handschrift: ydelike en swert nicht noch in spot (Rieckenberg, Katechismus-Tafel, S. 562).

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Lauenstein, Kirchen- und Reformationshistorie 11, S. 10f.
  2. Calvör, Saxonia, S. 105, vgl. Nr. 167, Anm. o.
  3. Zu Zehn-Gebote-Tafeln vgl. Hartmut Boockmann: Über Schrifttafeln in spätmittelalterlichen deutschen Kirchen. In: Deutsches Archiv 40 (1984), S. 210–221, hier S. 212f.; zu Ablaßtafeln s. Hartmut Boockmann: Über Ablaß-Medien. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 11 (1983), S. 709–721.

Nachweise

  1. Lauenstein, Kirchen- und Reformationshistorie 11, S. 10f.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 258† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0025803.