Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 58: Stadt Hildesheim (2003)
Nr. 226(†) Osterstr. 1B (no. 80) / Andreas-Museum 1500, 1504, 1535, 1552
Beschreibung
Haus.1) Steinbau. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, einzelne Inschriftensteine blieben erhalten und sind in die heutige Fassade eingemauert. Die verlorene Inschrift A befand sich auf einem Inschriftenstein an der Nordseite des Obergeschosses neben dem Wappen Hagen. Ein Wappenstein mit dem Vollwappen Hagen und der erhaben ausgehauenen Jahreszahl B wurde im Jahr 1948 bei Instandsetzungsarbeiten über dem Eingang freigelegt. Das von zwei Wilden Männern gehaltene Wappen ist mit Rankenwerk umgeben, darunter die Inschrift. Die verlorene Jahreszahl C war über einem Doppelfenster an der Kemenate angebracht, die sich an die Hinterfront des Hauses anschloß. Inschrift D ursprünglich ebenfalls an der Kemenate auf einem Stein mit dem Wappen Hagen. Zwischen den Ziffernpaaren der Jahreszahl noch einmal dasselbe Wappen, darunter die in zwei Zeilen eingehauene Inschrift. Die verlorene Inschrift E war auf einem Türsturz angebracht, den Rieckenberg im Andreas-Museum aufgenommen und diesem Haus zugeordnet hat. Die Inschrift war in der Mitte durch einen Kopf geteilt.2) In die Fassade ist am zweiten Obergeschoß oben rechts ein weiteres Steinfragment eingemauert, welches das Wappen Hagen und die eingehauene Jahreszahl F zeigt, oben links ein Steinfragment mit dem Wappen Hagen und den Resten einer ebenfalls eingehauenen Jahreszahl G.
Inschriften A, C, E nach Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten.
Maße: Bu.: ca. 9 cm (B), 9,8 cm (D), Ziffern: ca. 6 cm (F, G).
Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (B, D).
- A †
Na · chr(istu)sa) · gebort · m · d · c · c · c · c · cb) · hett · gielike · gebuwet · latec) · ludeke · vam · haghen · dat · hus ·3)
- B
AN(N)O · M · CCCCC · IIII ·
- C †
· 1 · 5 · 3 · 5 ·
- D
1535 // · HENNI · VAM · HAGHEN · / L[VD]EKEN · ZELIGER · SON · FECI[T]
- E †
HENNI // VAM HAGEN 1552
- F
1504d)
- G
[1]504
Übersetzung:
Henning vom Hagen, Sohn des verstorbenen Ludeke, hat [dies] 1535 gemacht. (D)
Hagen I* |
Textkritischer Apparat
- xpc Kd., korrekt ist xpi ‚chr(ist)i‘.
- m . d . c . c . c . c . c] Statt m . c.c.c.c.c oder statt m . d.
- gielike · gebuwet · late] Der Text der Inschrift ist in diesem Bereich entstellt überliefert. Zu erwarten wäre vielleicht gelike gebuwen laten ‚gleich bauen lassen‘.
- 1504] Die Lesung der Ziffer 5 ist unsicher.
Anmerkungen
- Beschreibung nach Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 212–214.
- Die Bezeichnung „Balken“ (Slg. Rieckenberg, S. 750) deutet eher auf Holz als auf Stein. Ein steinerner Kopf ist heute in die Fassade eingemauert.
- ‚Nach Christi Geburt 1500 hat [?] Ludeke vom Hagen dieses Haus [bauen lassen].‘
- Vgl. Henning Brandis’ Diarium, S. 157 (Romfahrt), S. 208 (Tod); ausführliche Biographie des Ludeke vom Hagen s. Schlotter, Hildesheimer Familiengeschichten, S. 72f.
- Matrikel Leipzig, Bd. 1, S. 608.
- Vgl. Schlotter, Bürgermeister und Ratsherren, S. 336–338.
- Vgl. Joachim Brandis’ Diarium, S. 76. Zur Biographie des Henning vom Hagen vgl. ausführlich Schlotter, Hildesheimer Familiengeschichten, S. 73.
Nachweise
- Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 213f.
- Slg. Rieckenberg, S. 686, S. 696f., S. 750, ein Photo (B).
Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 226(†) (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0022601.
Kommentar
Die arabische Ziffer 5 ist in den Inschriften in der Form der linksgewendeten 5 ausgeführt, die 4 als Schlingenvier, 0 rautenförmig.
Ludeke vom Hagen war der Sohn der Eheleute Hinrik vom Hagen und Ilsabe Winkelmann. Nach dem frühen Tod seines Vaters heiratete die Mutter um 1444 Hans Brandis, und Ludeke wuchs im Haus der Familie Brandis auf. Gemeinsam mit seinem Halbbruder Henning Brandis unternahm er im Jubeljahr 1500 eine Pilgerreise nach Rom. Anders als Henning Brandis bekleidete Ludeke vom Hagen keine öffentlichen Ämter. Er starb am 2. Dezember 1512 und wurde in der St. Georgskirche begraben, die er zu seinen Lebzeiten mit einer Stiftung in Höhe von 1000 Gulden bedacht hatte.4) Sein Sohn Henning war im Sommersemester 1532 an der Universität Leipzig immatrikuliert.5) In den Jahren 1537 bis 1547 ist Henning vom Hagen mehrfach als Ratsmitglied nachzuweisen.6) Er starb am 2. April 1550.7)