Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 75: Halberstadt Dom (2009)
Nr. 277 Dom, Depot 1. H. 17. Jh.
Beschreibung
Gemälde, Domschatz Inv. Nr. 408; hochrechteckig, Öl auf Leinwand, Farbschicht brüchig, teilweise abgeblättert und nachgedunkelt; in mehrfach profiliertem schwarzen, gold abgesetzten Rahmen; darin in Vollfigur Philipp Melanchthon, stehend, barhäuptig, in schwarzer pelzbesetzter Schaube, unter dem rechten Arm ein Buch, in der Linken ein Paar Handschuhe haltend. Rechts neben dem Haupt in brauner Farbe vor dunklem Hintergrund zeilenweise aufgemalt die Gedächtnisinschrift.
Maße: H. 217,2 cm, B. 110,5 cm, T. 8,7 cm, Bu. ca. 1,0–1,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis, griechische Minuskel.
PHILIPPUS MELANCHTHON PRAECEPTOR / COMMUNIS, GERMANIAE LUMEN, FIDUS / B. LUTHERI παεαςαλιςa), NATUS BRETTAE / IN PALATINATU A(NN)O MCCCCXCVII . D(IE) . / IANUARIJb) XVI . CIRCITER HOR(AM) . VII . MATUTINAM . DOCUIT ANNOS IN ACADE=/MIA WITTENBERGENSI XLII MORTUUS / A(NN)O MDLX . D(IE) . APR(ILI)S XIX. CUM ANNOS / LXIII . TOTIDEMQ(UE) DIES VIXISSET.
Übersetzung:
Philipp Melanchthon, öffentlicher Lehrer, leuchtendes Vorbild Deutschlands, dem B[– – –] Luther treuer Gefährte. Geboren in Bretten in der Pfalzgrafschaft im Jahre des Herrn 1497, am 16. Tag des Januar, ungefähr um die siebente Morgenstunde. Er lehrte 42 Jahre an der Wittenbergischen Universität. Gestorben im Jahre des Herrn 1560 am 19. Tag des April, als er 63 Jahre und ebenso viele Tage1) gelebt hatte.
Textkritischer Apparat
- παεαςαλις] Sic! So wohl verballhornt für παραστάτης, der Helfer, Verbündete, Gefährte, Kampfgenosse; vgl. auch DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 690 †.
- IANUARIJ] Sic! Philipp Melanchthon wurde am 16. Februar 1497 geboren.
Anmerkungen
- Diese Angabe ist korrekt; am 19. April des Jahres 1560 hatte Melanchthon 63 Jahre und 63 Tage gelebt.
- Vgl. zu Melanchthon Miehe 1998, S. 330–333; NDB Bd. 16, S. 741–745; ADB Bd. 21, S. 268–279.
Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 277 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0027700.
Kommentar
Philipp Melanchthon war einer der berühmten Gelehrten seiner Zeit.2) 1518 wurde er Professor für Griechisch – später auch für Theologie – in Wittenberg, wo er alsbald eine Reform des Lehrplans im Sinne einer humanistischen Ausbildung begann. Er war Freund und Unterstützer Luthers und durch seine eigenen Schriften selbst bedeutender Reformator. Weiter verfaßte er eine vorbildliche Kirchen- und Schulordnung für Sachsen. Darauf und auf seine humanistische Bildung bezieht sich der – auch in der Inschrift aufscheinende – Beiname praeceptor germaniae. Auch reichspolitisch wurde er als Berater tätig. Die Confessio Augustana, die er entwarf, wurde 1555 im Augsburger Religionsfrieden reichsrechtlich anerkannt. Nach Luthers Tod war er zunehmend isoliert.