Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 192 Dom, Querhaus, Südempore 1538

Beschreibung

Metallteile der Grabplatte des Domdekans Johannes von Mahrenholtz (1513–1538), an der Ostwand der Südempore aufgestellt, ehemals im nördlichen Chorumgang;1) 19 Teile eines Inschriftenrahmens, einer Säulen- und Bogenarchitektur sowie einer Umrißfigur auf eine Holzplatte geschraubt, stark abgewetzt und etwas verschmutzt, die Ornamente graviert. Innen im Umriß, in einer Säulenarchitektur unter einem Rundbogen stehend, die Figur eines Prälaten, gekleidet in Birett und mit Pelztroddeln versehene Almutie; das ehemals vermutlich zu Füßen der Figur befindliche Wappen zur Gänze abgeschabt. In den Ecken des Rahmens Medaillons mit den geflügelten Evangelistensymbolen, die Längsseiten von je einem weiteren Medaillon mit den Heiligen Stephan (rechts) und Andreas (links) unterbrochen. Auf dem Rahmen in eingetieftem Inschriftenfeld umlaufend der erhaben ausgeführte Sterbevermerk (A), der sich auf dem oberen Rand des Architekturbogens einzeilig fortsetzt. Auf Spruchbändern der Evangelistensymbole des Johannes und Lukas Tituli (B–C) in Konturschrift eingeritzt. B ist nur teilweise ausgeführt, die restlichen Spruchbänder sind leer.

Maße: H. 218 cm, B. 121 cm, T. 1 cm, Bu. 5–8,5 cm (A), 2,8 cm (B, C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

Bildarchiv Foto Marburg [1/1]

  1. A

    Anno // d(omi)nia) // · 1538b) · // die · 13 · Septe(m)b(ris)c) obijt // insignis · vir · d(omi)n(u)s · jo//(hann)es · de · marnholt · ecc//l(esi)e · halber(stadensis) · decan(us) · p(re)p//osit(us) · i(n) · medi(n)ge · et · wal//bec · etc(etera)d) cui(us) a(n)i(m)e misereatur deii(us)e)

  2. B

    S(anctus) [iohannes]

  3. C

    S(anctus) // lucas

Übersetzung:

A: Im Jahre des Herrn 1538, am 13. Tag des September, starb der ausgezeichnete Mann, Herr Johann von Mahrenholtz, Dekan der Halberstädter Kirche, Propst zu Medingen und Walbeck usw., dessen Seele Gott barmherzig sein möge. B: Der heilige Johannes. C: Der heilige Lukas.

Kommentar

Die Ober- und Unterlängen sind tief gespalten, die gespaltenen Hälften eingerollt. Oberlängen ragen generell in den Rand und sind dort in der Fortführung graviert. Der linke mit Schwellbogen versehene Schaft des pseudounzialen A wird innen von einem Zierstrich begleitet, der Deckbalken, der an der Unterseite einen Schwellbogen aufweist, ist nach links eingerollt. Der Zierstrich ist als Einkerbung in den Buchstabenkörper ausgeführt. Das kastenförmige a mit schräggestelltem Balken hat sich von der reinen Minuskelform schon entfernt. Es kommt in misereatur nicht geschlossen vor. Der zugehörige Kürzungsstrich des d ist auf den Rand graviert. Auch das Schaftende des p ist gespalten, wird aber auf dem Rand nach beiden Seiten umgebogen. Durch Abschlußstriche, die eingerollt nach oben bzw. unten in den Rand hineinragen, wird das Bogen-s geschlossen. Das Schaft-s in Johannes zeigt ungewöhnlicher Weise keine Abschlußstriche. Im Wort etc. ist das c durch einen nach außen gebogenen Zierstrich mißlungen. Kürzungsstriche verlaufen zum Teil durch die Oberlängen. Als diakritische Zeichen dienen nach unten offene Haken über dem u zur Unterscheidung von u und v, nach unten offene Halbkreise und Kreise dienen als i-Punkte. Als Trennzeichen wurden Quadrangel und ausgezogene Quadrangel verwendet, letztere werden oben nach links, unten nach rechts eingerollt.

Das Geschlecht des Johannes von Mahrenholtz war im Lüneburgischen beheimatet, besaß jedoch auch Güter in Sachsen und Braunschweig.2) Johannes selbst studierte wohl in Italien (Jura?) und erscheint nach seiner Rückkehr, die um 1494 erfolgt sein soll, in den Jahren 1502 als Halberstädter und 1508 als Magdeburger Domherr und bekleidete 1504 vielleicht das Amt des Halberstädter Domthesaurars. Er war Propst zu Walbeck (Kr. Mansfelder Land) und des Zisterzienserinnenklosters Medingen (Kr. Uelzen/Niedersachsen) sowie seit 1513 V 9 bis zu seinem Tod 1538 IX 13 Domdekan in Halberstadt.3) Im Jahr 1508 besaß er eine Kurie am Düsterntor in der Nähe der Laurentiuskapelle.4) Er blieb stets katholisch und galt als Gegner der Protestanten.5) Im Jahr 1534 wird Johannes von Mahrenholtz als Magdeburger Domscholaster genannt.6)

Textkritischer Apparat

  1. domini] Die Buchstaben auf der Inschriftenleiste von einem reliefierten Wappenschild umgeben.
  2. 1538] Worttrenner vor und hinter der Jahreszahl ausgezogene Quadrangel.
  3. Septembris] Es folgt ein Doppelpunkt als Kürzungszeichen.
  4. etc] Fehlt Meibom.
  5. deiius] Sic!

Anmerkungen

  1. Haber 1739, S. 37; Büsching 1819, S. 242; vgl. auch Nr. 107 Anm. 1.
  2. Siebmacher Han, S. 12; Adelslexikon Bd. 8, S. 261 f.; Kneschke Bd. 6, S. 132 f.; Ledebur Bd. 2, Sp. 78 f.
  3. Vgl. LHASA Magdeburg, Rep. U 5, XVII a, Nr. 15; Meibom 1749, S. 144; Lentz 1749, S. 308; UB Stadt Magdeburg Bd. 3, Nr. 1422 S. 795, Nr. 1590 S. 874; UB S. Bonifacii et S. Pauli, Register S. 583 f.; UB St. Johann, Nr. 498 S. 441 f., 501 S. 443 (als Testamentsvollstrecker des Balthasar von Neuenstadt); Ulpts 1997, S. 247 Nr. II; vgl. auch Nr. 178, 179. Sein Vorgänger war seit 1510 Sebastian von Plotho, der offensichtlich zwischen 1513 X 9 und 1514 I 21 resigniert hatte; es muß im Jahr 1513 für einige Monate also eine Doppelbesetzung gegeben haben; vgl. zu Sebastian von Plotho auch Nr. 176.
  4. Vgl. BKD, S. 224.
  5. Vgl. Langenbeck 1886, S. 26 und 28.
  6. Vgl. GS Magdeburg Bd. 1, S. 391; ebd., passim Hinweise auf verschiedene in seinem Besitz befindliche Kurien. Die Würde des Scholasters kann er nicht mehr, wie ebd. vermerkt, 1541/42 innegehabt haben, da er zu dieser Zeit schon verstorben war; ob es sich bei dem Inhaber um den gleichnamigen Halberstädter Domherrn († 1585) (vgl. Nr. 222) gehandelt haben kann, ist ebenfalls fraglich, da dieser wohl damals noch zu jung gewesen sein dürfte, wenn überhaupt schon geboren. So ist die Belegstelle (LHASA Magdeburg, Rep. A 3d IV Nr. 1 Bl. 2) vorsichtig zu bewerten.

Nachweise

  1. Haber 1739, S. 36 (A).
  2. Meibom 1749, S. 150 (A).
  3. Halberstadt, Domarchiv, Zeichnungen von Johann Schäfer von 1842, ohne Signatur.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 192 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0019207.