Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 110 Dom, Langhaus, Mittelschiff 1486

Beschreibung

Gewölbeschlußstein; im sechsten Joch von Osten des Langhauses; Sandstein, farbig gefaßt. Ein von einem kreisrunden Schriftband umgebenenes Wappen1), aufgelegt auf eine rautenförmige mit einem Lilienkreuz belegte Platte. Auf dem Schriftband die erhaben ausgehauene Jahreszahl als Bauinschrift, farbig gefaßt: Schrift gelb auf Rot.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien der gotischen Majuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/5]

  1. Anno · d(omi)ni · M · cccc · lxxx · vi ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1486.

Wappen:
Hochstift Halberstadt2).

Kommentar

Die Majuskelbuchstaben, pseudounziales A und symmetrisches unziales M, weisen alle traditionellen Elemente der Schrift auf: Bogenschwellungen, Abschlußstrich des M und Nodus am Mittelschaft, Deckbalken des A und einen Basisstrich am rechten Schaft von Balkengröße. Der Rechtsschrägschaft des x ist zu einem Quadrangel reduziert und endet sich verjüngend als Haarstrich, indem er das untere Ende des linken Schaftes kreuzt. Als Worttrenner wurden Quadrangel auf der Zeilenmitte verwendet.

Die Jahreszahl 1486 bezeichnet den Abschluß der Einwölbung des Mittelschiffs des Langhauses.3) Da die Profile aller Gewölberippen einheitlich sind und auch der Blattschmuck, der die Schlußsteine rahmt, zwar unterschiedlich, jedoch immer komplizierter werdend sich nach Westen hin fortsetzt, wird die Einwölbung nach 1480 begonnen worden sein.4) Das ist aus den an den Schlußsteinen des ersten bis vierten Jochs angebrachten Wappen Bischof Gebhards von Hoym (1458–1479),5) der dann resignierte und noch 1484 lebte, des Naumburger Bischofs Heinrich von Stammer (1466–1481),6) des Halberstädter Administrators Ernst von Sachsen (1479/80–1513)7) sowie des Dompropstes Balthasar von Neuenstadt (1475–1516) und des Dekans Johann von Querfurt (1461–1506)8) zu schließen. Der Schlußstein des fünften Jochs hat eine von einem Rosenschapel umschlossene Öffnung, auf demjenigen des siebenten sieht man eine Darstellung des Agnus Dei.

Anmerkungen

  1. Elis 1883, S. 46.
  2. Vgl. Siebmacher Bi, S. 144 f. mit Taf. 227.
  3. Vgl. zur Einwölbung auch Elis 1883, S. 46; Hermes 1896, S. 40; BKD, S. 236; Doering 1927, S. 39; Hinz 1964, S. 40; Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 31; Findeisen 1996, S. 51.
  4. Zur Baugeschichte des Domes zuletzt Fitz 2003, S. 69–76, hier bes. S. 75.
  5. Quadriert, 1./4. von Silber und Rot gespalten (Hochstift Halberstadt), 2./3. dreimal von Blau und Gold geteilt (Hoym); vgl. Siebmacher Bi, S. 144 und Taf. 227; ebd. SaA, S. 78 mit Taf. 49. Siehe zu Gebhard von Hoym auch Boettcher 1913, S. 312–320; Averkorn 1997, S. 45 f.; Gatz 1996, S. 321 f. (Josef Pilvousek).
  6. Quadriert, 1./4. (in Rot?) ein silberner Schlüssel und ein Schwert gekreuzt (Hochstift Naumburg), 2./3. in Rot ein goldener Wellenschrägbalken (Stammer), die Tinkturen in 1 und 4 unsicher; vgl. Siebmacher Bi, S. 37 und Taf. 65; ebd. Sa, S. 48 und Taf. 55. Siehe zu Heinrich von Stammer auch GS Naumburg Bd. 2, S. 919–929; Gatz 1996, S. 680 f. (Clemens Brodkorb).
  7. Quadriert, 1./4. von Silber und Rot gespalten (Hochstift Halberstadt), 2./3. neunmal geteilt, darübergelegt ein Rautenkranz (Sachsen), Tinkturen fehlen; vgl. Siebmacher Bi, S. 144 und Taf. 227; ebd. Souv2, S. 15 ff. und Taf. 21 (zu Sachsen). Siehe zu Ernst von Sachsen auch Boettcher 1913, S. 320–332; Averkorn 1997, S. 46 f.; Rogge 2002, S. 27–68, hier bes. S. 34 f.; Gatz 1996, S. 171 (Josef Pilvousek).
  8. Zwei einander zugewendete Wappen in einem Kranz; das rechte, linksgewendete Wappen quadriert, 1./4. in Blau ein (goldener) Adler (Dompropstei Halberstadt), 2./3. ein Schräglinksbalken (Neuenstadt), Tinkturen fehlen; das linke Wappen (von Silber und Rot) siebenmal geteilt (Querfurt); vgl. Siebmacher Bi, S. 144 und Taf. 226, 227; ebd. SaA, S. 116 und Taf. 75, S. 126 und Taf. 83. Siehe zu Balthasar von Neuenstadt auch Nr. 159, 182, 183, 184; Fuhrmann 2002 a, S. 203–225; zu Johann von Querfurt siehe auch Nr. 160.

Nachweise

  1. Elis 1883, S. 46.
  2. Hermes 1896, S. 40.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 110 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0011000.