Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 190 Dom, Oberer Kreuzgang, Ausstellungsraum um 1530

Beschreibung

Tafelbild mit Maria und den Vierzehn Nothelfern, Domschatz Inv. Nr. 460; Leinwand auf Holz, Abblätterungen und Fehlstellen eingetönt. In zwei Reihen sind die Nothelfer um die Gottesmutter gruppiert, die dem Kind auf ihrem Arm einen Apfel reicht: links Christophorus, Katharina, Eustachius,1) Achatius, Cyriakus, Dionysius, Erasmus, rechts Blasius, Pantaleon, Margareta, Aegidius,2) Barbara, Georg, Vitus. In der rechten unteren Ecke kniet der Stifter, ohne Tonsur, in schwarzem Gewand und einem weißen Superpelliceum darüber, ein Birett in den Händen haltend; auf dem Spruchband, das von seinem Mund ausgeht, die Fürbitte, kopfstehend, aufgemalt, schwarz auf Weiß.

Maße: H. 103 cm, B. 163,3 cm, T. 3,5 cm, Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. miserimi(n)ia) · mejib)

Übersetzung:

Erbarmet euch meiner.

Kommentar

Die Schrift ist nicht besonders aussagekräftig. Seitenverkehrt zwischen dem e und dem i ein klobiger undefinierbarer Buchstabe, vielleicht ein j.

Da die Buchstaben für eine Datierung nicht ausreichen, wird nach dem stilkritischen Ansatz nach Gmelin datiert. Gmelin nimmt als Urheber einen Meister aus dem ostniedersächsischen Raum, vielleicht einen Halberstädter oder Braunschweiger Maler an, bei dem er Einflüsse Grünewalds, Baldungs, vielleicht auch des Meisters des sog. Sebastiansaltars (vgl. Nr. 168) zu erkennen glaubt.3) Ein Altar der Vierzehn Nothelfer ist bekannt, sein Standort befand sich im Jahr 1505 zusammen mit dem Karlsaltar auf der südlichen Empore. Er war von Heinrich Lauenstein gestiftet worden.4) Mitglieder der Familie Lauenstein richteten 1505 eine weitere Kommende zu Ehren der zwölf Apostel und der hl. Apollonia an diesem Altar ein. Ein weiteres Altarretabel, das nach Gmelin stilistisch mit dieser Tafel verwandt war,5) zeigte möglicherweise ebenfalls die Vierzehn Nothelfer, befand sich jedoch vor 1837 in der Stephanuskapelle. Vielleicht stammt das Tafelgemälde Dominventar Nr. 460 (Nr. 190) aber auch aus der Liebfrauenkirche.

Textkritischer Apparat

  1. miserimini] Sic! Kürzungszeichen fehlt. O miserere Gmelin 1974.
  2. meji] Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. Gmelin 1974, Kat. Nr. 164 S. 484 sieht in diesem Heiligen den hl. Aegidius. Dieser ist jedoch gewöhnlich als Abt gekleidet und führt eine Hindin mit sich. Hier ist jedoch als Attribut ein Hirsch mit einem Kreuz im Geweih zu sehen.
  2. Gmelin sieht den Hl. Leonhard in dieser Figur. Jedoch kann man auf dem Gemälde deutlich erkennen, daß Aegidius, als Abt gekleidet, einer an ihm hochspringenden Hindin mit der Linken den Kopf tätschelt; ebd.
  3. Gmelin 1974, Nr. 164 S. 485. Ähnlich auch Meyer 1936, S. 8; Hinz 1964, S. 196.
  4. LHASA Magdeburg, Rep U 5, XVIIe, Nr. 5 von 1505 VI 20. Heinrich Lauenstein ist zwischen 1483 und 1500 als Prokurator oder Konsiliar der Stephansbruderschaft am Halberstädter Dom belegt; vgl. Diestelkamp 1929a, S. 201 f. Büsching konnte von den beiden Altären auf der Südempore nur einen undeutlich erkennen, und das war vermutlich der Karlsaltar; vgl. Büsching 1819, S. 246. Der damalige Oberdomprediger Grahn fand in einem Inventar der Domkirche vom 6. VI. 1811 an den beiden Altären “nichts merkwürdiges“; vgl. Halberstadt, Domarchiv, Loc. III, Nr. 1 Bl. 39.
  5. Nr. 168; Gmelin 1974, Kat. 158 S. 474–478, Kat. 164 S. 485.

Nachweise

  1. Hinz 1964, Abb. 196 f.
  2. Gmelin 1974, S. 483–485 Kat. Nr. 164 mit Abb. 164. 1–4.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 190 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0019001.