Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 60 Maulbronn, Klosterkirche 1428

Beschreibung

Grabstein für Abt Albert IV. von Ötisheim. Im Nordseitenschiff an der Nordwand, 6. Stein im Herrenchor. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein, doppelte Umschrift zwischen Linien, im Mittelfeld eingeritzter Abtsstab. Ränder bestoßen, rechts abgetreten.

Maße: H. 232, B. 112, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. + Bis septingentis domini/septem quater annis.Abbas albertus ex outens/heim uenerandus.[C]um / bene bis denis rexisset sex simul annis.Junius / hunc ternis / dedit intumulare kalendis.[G]audeat / ante deum / qui prestitit hic iubeleum. Amen.

Übersetzung:

Zweimal siebenhundert und vier mal sieben Jahre des Herrn (zählte man), als der verehrungswürdige Abt Albert von Ötisheim am dritten vor den Kalenden des Juni (Mai 30) sich der Erde übergab, nachdem er zweimal zehn und noch sechs Jahre würdig sein Amt führte. Er möge sich bei Gott freuen, der hier diese Jubelzeit begehen konnte.

Kommentar

Die doppelte Umschrift ist in leoninische Hexameter gefaßt, die jeweils durch Punkte voneinander abgesetzt sind. Die Datierung ist in das Versmaß einbezogen worden, eine in Maulbronn häufiger zu beobachtende Gewohnheit1. Albert von Ötisheim regierte das Kloster zwischen 1402 und 1428. Er war Magister der Prager Universität und dort offenbar vielseitig angeregt worden2. Unter ihm fand die Einwölbung der Klosterkirche statt; das Wandgemälde an der Südwand des Mittelschiffs (Querschiffsarkade) erwähnt in der Beischrift seine Beteiligung. Als Rat König Ruprechts hatte er enge Verbindungen zum kurpfälzischen Hof in Heidelberg3.

Anmerkungen

  1. Vgl. L. Benkert, Der historiographische Merkvers. Diss. Würzburg 1960, S. 105. – In Maulbronn vgl. nrr. 33, 58, 62, 70.
  2. Bruschius 331: „Albertus de Otesheim, villa monasterii et monasterio proxima natus, magister gymnasii Pragensis, vir boni testimonii et de coenobio hoc optime meritus, qui Ecclesiam ampliavit et decoravit, ut testatur elogion, in ejus honorem ac memoriam sempiternam parieti templi inscriptum“; Bruschius faßt die Beischrift schon ganz als individuelles Elogion für Albert von Ötisheim auf, was sicher von den Zeitgenossen nicht so interpretiert wurde. Andererseits ist das frühe Auftreten individueller Namensnennungen bemerkenswert, da sich ja auch die beteiligten Künstler (Baumeister und Maler) verewigen durften. – Vgl. nr. 58.
  3. Moraw, Beamtentum 122. – Vgl. auch RTA 6, 570f.

Nachweise

  1. Jenisch 15.
  2. Jenisch II p. 27.
  3. WürttLB. Cod. hist. 2° 311, 26.
  4. WürttLB. Cod. hist. 4° 217, 10.
  5. Wickenburg II 291.
  6. Klunzinger, ArtBeschr. 5b.
  7. OABMaulbronn 160.
  8. Paulus, Maulbronn 2(1884) 84.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 60 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0006009.