Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 362† Maulbronn, Klosterkirche (?) nach 1625

Beschreibung

Epitaph des Melchior Volz. Näherer Standort ist unbekannt. Die Überlieferung sagt nur, daß die Witwe des Verstorbenen 1630 das Epitaph mit nach Sindelfingen überführte, wo es in der Kirche noch 1709 vorhanden war. Das läßt auf eine hölzerne Tafel schließen, da anders der Transport kaum denkbar ist.

Wortlaut nach Fischlin.

  1. NOSTRA CIVITAS IN COELIS1)D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRUM)
    Melchior Volcius, Christiani F(ilius) Bottvvarius Wirtemb(ergiae). A teneris Domi, Anhusae, Adelbergae, Bebenhusii, et Tubingensi Academia inter Princ(ipis) Alumnos pietate, moribus et Literis, tam humanioribus quam sacris egregie excultus, cum post Magisterii honores praeclara dona sua primum in Bebenhusana Schola, Coenobio supra biennium Praeceptor, mox Böblingae quadriennio Diaconus, post Wagenheimii quadriennio Pastor, inde Blabyrae novennio Superattendens. Abhinc Augustam Vindelicorum missus, duodecennio Senior Ecclesiae Jesu Christi, voce, stylo et opere, maxima fidei industriae et roboris laude probasset, in patriam revocatus, et Anhusano quidem anno 1616, decimus nonus, huic vero Coenobio An(no) 1619. quadragesimus quartus, sed Reformati decimus Abbas praefectus, Consiliarius Princ(ipis) Wirtemb(ergiae) et Superintendens Generalium unus constitutus; denique Patrii Sanctioris Senatus Collega Anno 1620 adjectus, officio suo undique ad annum usque 1626a) pie recte et circumspecte, pari doctrina et Exempla perfunctus, huiusque 9. Decembris, aetatis 63. Ministerii 37. ad Deum beata solutione rediens, Vir pluribus nominibus, meritisque Reverendus et Conspicuus: gratitudine et pietate Lugubri Barbarae Elenheinziae quondam Conjugis, quacum prole duodenaria pie suscepta, triginta octo annis sancta concordia vixit, et superstitibus tunc sex, nunc quatuor tantum liberis, hoc sui Monumentum, tristeque bonis desiderium reliquit.

Übersetzung:

Unser Reich ist im Himmel. Dem besten und höchsten Gott geweiht. Melchior Volz, des Christian (Volzius) Sohn aus Bottwar in Württemberg. Von einfacher Herkunft wurde er in Anhausen, Adelberg und Bebenhausen, dann an der Tübinger Universität unter den herzoglichen Alumnen in Frömmigkeit, Sittlichkeit und in weltlichen und geistlichen Wissenschaften hervorragend erzogen. Nach dem Erwerb des Magistergrades bewies er seine hervorragenden Gaben zunächst an der Schule zu Bebenhausen, wo er im Kloster zwei Jahre lang Präzeptor war. Darauf wirkte er vier Jahre als Diakon in Böblingen, dann vier Jahre als Pastor in Wangen2, darauf neun Jahre als Superintendent in Blaubeuren. Von hier wurde er nach Augsburg gesandt, wo er sich zwölf Jahre lang als Senior der Kirche Jesu Christi bewährte, lobenswert tüchtig in Wort, Schrift und Tat, in Treue, Fleiß und Standhaftigkeit. Ins Vaterland zurückgerufen, wurde er 1616 der 19. Abt in Anhausen, 1619 sogar der 44. Abt dieses Klosters3, in der Reihe der reformierten Äbte der 10. und wurde zum Rat des Herzogs von Württemberg und als einer der Generalsuperintendenten eingesetzt. Im Jahre 1620 wurde er Mitglied des engeren Ausschusses der Landschaft. Seinem Pflichtenkreis kam er überall bis 1626 (!) fromm, ordentlich und umsichtig nach, gleich in Lehre wie im Vorbild. In diesem Jahr am 9. Dezember, im 63. Lebensjahr, im 37. Amtsjahr kehrte er in glücklicher Erlösung zu Gott heim, ein Mann, verehrungswürdig und hervorragend, der sich vielfältiges Ansehen und Verdienste erwarb. In Dankbarkeit und Frömmigkeit betrauern ihn seine Gattin Barbara Ölenheinz, die mit ihm 38 Jahre in frommer Eintracht lebte und 12 Kinder mit ihm hatte. Von ihnen waren damals noch 6, heute noch 4 am Leben. Dies Denkmal bleibt (zum Zeichen) schmerzlicher Sehnsucht.

Kommentar

Aus dem Text der Tafel geht deutlich hervor, daß sie für Maulbronn bestimmt war, wo der Grabstein des Melchior Volz noch erhalten ist4. Der Schlußpassus gibt einen Hinweis auf die Zeit der Ausführung: da im Sommer des Jahres 1626 ein Sohn Hans Wilhelm, am 12. September 1626 eine Tochter Margarethe verstorben sind, kann sie erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sein5.

Textkritischer Apparat

  1. richtig: 1625.

Anmerkungen

  1. Phil. 3, 20 (Rückübersetzung nach Luther?).
  2. Wangen bei Stuttgart. – Vgl. Pfeilsticker 3449 mit Nachweisen.
  3. Gemeint ist Kloster Maulbronn.
  4. Vgl. die vorhergehende nr. 361.
  5. Manuskript E. Volz (Lingen) 282.

Nachweise

  1. Ludwig Melchior Fischlin, Memoria Theologorum Wirtembergensium, Pars I (Ulm 1709) 342.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 362† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0036208.