Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 357 Maulbronn, Fruchtkasten 1623

Beschreibung

Wandinschriften im sog. ‚Kelterstübchen‘, aufgedeckt 1981. Auf weißen Putz aufgemalt.

A. An der Nordwand links über einem Fenster in trapezförmig aufgemalter Rahmung (A). Schrift braun.

Maße: H. (der Rahmung) 36, B. 57, Bu. 7, Zahlen 10 cm.

Schriftart(en): Inschriften-Fraktur.

  1. Anno / 1623

B. Rechts vom Fenster an der Nordwand in trapezförmig aufgemalter Rahmung 10-zeilige Schrift (B). Linien mit Rötel vorgezogen.

Maße: H. (der Rahmung) 57, B. 74, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Inschriften-Fraktur mit kursiven Zügen.

  1. Ist daß Kelterstüblin gemacht / vnd durch Johan Heinerich / Voltzen, Verwalter Alhie, Erdacht./ Als Er In seiner Ankunfft des segsta) / Jahrs, Muost Besorgen groß gfahr / weilen man In der Kelter vf dem boden /Muost [leschen. . . .] B[. . . .] Solchem vnfahl Zue vorwehren vnd sfeyrin / hat solebes wercks [dem . . .]g gelewbt / Dessenthalben wart [. . . . . . . . . . . . . .] gedacht.

Inschrift B ist als Fortsetzung der Jahreszahl anzusehen. Einzelne Zeilen (7, 10) lassen sich nicht mehr völlig ergänzen, da die Inschrift nur in Zeile 1–6 in der Farbgebung kräftig ist, die Zeilen 7–10 wirken dagegen sehr verblaßt. Der Zusammenhang läßt erkennen, daß Johann Heinrich Voltz1 in seiner Amtszeit einen Brand in der Kelter zu bekämpfen hatte und als Vorsichtsmaßnahme gegen Wiederholungsfälle das separate Kelterstübchen mit Kamin errichten ließ. Von einem Fenster des im Obergeschoß gelegenen Raumes war der Betrieb in der Kelterhalle zu überwachen. Zeile 10 ist vielleicht zu ergänzen ‚wart seiner hie gedacht‘.

C. An der Westwand stark verblaßte Inschriften, teilweise in gemalter Knorpelwerkrahmung, braun auf grün. Links ist in einem solchen Rahmen noch der Beginn eines Trinkspruches (?) zu entziffern (C).

Maße: H. 40 (der Rahmung), B. 80, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kursive.

  1. Ede, bibe, Lude, P[uer], Mortem [. . . .]

Übersetzung:

Iß, trink, spiel, Knabe . . .

Kommentar

Die Gleichzeitigkeit der Inschrift auf der Westwand mit der Bauinschrift auf der Nordwand ist unwahrscheinlich. Schrift und Rahmung weisen auf spätere Zeit, vielleicht auch auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. – Eine Bauzeichnung für einen Fachwerkbau ist auf der Nordwand links neben der Datierung noch zu erkennen; es könnte sich um einen Entwurf für die links vom Fruchtkasten liegende ehemalige Weingartmeisterei (heute Staatliches Hochbauamt Pforzheim, Bauleitung Maulbronn) handeln.

Textkritischer Apparat

  1. So der Befund. Oder negst?

Anmerkungen

  1. Als Verwalter in Maulbronn nicht nachweisbar. Wohl kaum der als Vogt in Balingen und Rosenfeld nachweisbare Hans Heinrich Voltz, Pfeilsticker 2168, 2738; Verwandter des Abtes Melchior Volz? Vgl. nr. 361.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 357 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0035707.