Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 258 Königsbach (Gem. Königsbach-Stein), Schloß 1551/1586

Beschreibung

Bauinschriften am Schloß.

I. Am äußeren Tor der ehem. Befestigung über der Durchfahrt. Kleine Ädikula aus hellgrau gefaßtem Sandstein. Tingierte Wappenschilde in den Giebeln, Vollwappen in den Feldern der Ädikula, dazwischen Täfelchen mit Jahreszahl. Bibelvers im Gebälk (A), Vierzeiler in der Sockelzone (B). Schrift schwarz nachgezogen.

Maße: H. ca. 120, B. ca. 120, Bu. ca. 4–5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    VERBVM DOMINI [M]ANET IN ETERNVM1) / 1551 /

  2. B

    SALVA NOS DOMINE VIGILANTES / CVSTODI NOS DORMIENTES / VT VIGILEMVS IN CRISTO / ET REQVIESCAMVS IN PACE /2)

Übersetzung:

Gottes Wort bleibt in Ewigkeit. – Behüte uns, Herr, wenn wir wachen, beschütze uns, wenn wir ruhen, auf daß wir wachen (=leben) in Christus und ruhen in Frieden.

 
Wappen:
Lodron, Hirschhorn; Venningen, Frundsberg.

Die Wappentafel mit den Wappen des Erasmus von Venningen und seiner Ehefrau Siguna von Frundsberg3 zeigt den Baubeginn des Renaissanceschlosses an, das an der Stelle einer bereits 1375 erwähnten Wasserburg errichtet wurde4. Erasmus von Venningen war zunächst Marschall des Pfalzgrafen und späteren Kurfürsten von der Pfalz Friedrich II. und pfälzischer Hofrichter, wurde aber 1561 als orthodoxer Lutheraner seines Amtes entsetzt5. Seit 1569 war er Obervogt von Neuenbürg und ließ in den Jahren 1551 bis 1586 das dreiflügelige Schloß in Königsbach errichten. Seine Ehefrau Siguna war eine Tochter des Bauernführers von Frundsberg und seiner (zweiten) Ehefrau Anna Gräfin von Lodron.

II. Am westlichen Wirtschaftsgebäude im Hof. Rundbogiges Türgewände, im Scheitelstein Jahreszahl und (nicht zugehöriges) Monogramm. Roter Sandstein, Buchstaben und Ziffern schwarz gefaßt.

Maße: H. 24, B. 82, Bu. 5 cm.

  1. S. A. / 1 5 5 2 /

Die Initialen bedeuten St. André und wurden vermutlich nach 1650 in den Stein eingemeißelt, als die Herren von Venningen ihren Anteil an Königsbach an Daniel Rollin de St. André verkauft hatten6.

III. An einem alten Wirtschaftsgebäude des Schlosses außerhalb des Hofes (heute in Privatbesitz). Rundbogiges Türgewände aus rotem Sandstein, im Scheitelstein Jahreszahl und Monogramm.

Maße: H. 25, B. 113, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. 1 5 E VO(N) V 65

Am gegenüberliegenden Wirtschaftsgebäude unten Werkstück aus rotem Sandstein eingelassen mit der Jahreszahl:

  1. 1 5 6 7

Das Monogramm ist aufzulösen in Erasmus von Venningen. Die Gebäude wurden offenbar in der Folge des Baufortschrittes mit den entsprechenden Jahreszahlen bezeichnet. Dabei muß offen bleiben, ob die heutigen Fundstellen mit den ursprünglichen Anbringungsorten übereinstimmen.

IV. An der Innenseite des Torbaues, rechts von der Einfahrt eingelassen. Fraglich, ob an ursprünglicher Stelle. Hochrechteckige Platte aus graugelbem Sandstein mit Rahmenprofil. Im oberen Feld drei Wappenschilde (tingiert), darunter 6-zeiliger Schriftblock. Platte quer gebrochen, Flickstellen sichtbar.

Maße: H. 107,5, B. 80,5, Bu. 4,2 (1. Zeile), 3 (2.–6. Zeile) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. DVRCH · GOTTES GNAD / ERASMVS VON VENNINGEN / DEN KHERBAVW VON NEV=/WEM ZV MACHEN VOR / IAREN ANGEFANGT AN(N)O 1586 / ZV ENDT GEBRACHT HAT /

 
Wappen:
Frundsberg, Venningen, Wöllwarth.

Kommentar

Das dritte Wappen der Tafel bezieht sich auf die zweite Ehefrau des Erasmus von Venningen, Maria Salome von Wöllwarth. – Auffällig ist im Text der Tafel die Bezeichnung Kherbauw. Genau genommen bedeutet das einen Anbau eines Hauses durch alle Stockwerke hindurch7. Wie sich diese Bezeichnung auf den Bau des Schlosses von Königsbach zu beziehen hat, ist ungewiß, weil grundlegende Umgestaltungen der Jahre 1623/50 eine Rekonstruktion der ursprünglichen Anlage erschweren. Nach dem Wortlaut der Inschrift sollte man annehmen, daß Erasmus von Venningen den Kern des alten Schlosses intakt übernahm und ihm durch umfangreiche An- und Ausbauten die Gestalt des Renaissanceschlosses gab8. Nur an den Bau des Torhauses zu denken9, scheint bei einer Bauzeit von 35 Jahren unmöglich. Da die Wappen beider Ehefrauen auf der Tafel von 1586 angebracht sind, muß sie sich auf den Abschluß der gesamten Bauarbeiten am Schloß Königsbach beziehen.

Anmerkungen

  1. 1. Petr. 1, 25.
  2. Vgl. 1. Thess. 5, 10.
  3. Vgl. DI. XVI (Mannheim-Sinsheim) nr. 325 (Gedenktafel für Ottheinrich von Venningen, den Sohn der Eheleute und Letzten des Geschlechts).
  4. KdmBaden IX 7, 119ff.
  5. Press, Calvinismus 231.
  6. KdmBaden IX 7, 112 (zur Besitzgeschichte des Schlosses).
  7. Schwäbisches Wörterbuch Bd. IV 333.
  8. So auch die Vermutung KdmBaden IX 7, 121, jedoch ohne Bezug auf den Wortlaut der Bauinschrift.
  9. KdmBaden a. a. O., wo die Bauinschriften von 1551 und 1586 nur auf das Gebäude vor dem Torhaus bezogen werden.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 7, 125.
  2. Naeher, Umgebung Karlsruhe Bl. 3.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 258 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0025809.