Inschriftenkatalog: Enzkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)
Nr. 113 Maulbronn, Klosterkirche um 1480
Beschreibung
Dreisitz (Levitenstuhl) in der Klosterkirche, Südwand des Chors. Eiche, geschnitztes Blattwerk auf der vorderen Brüstung, an den Seitenwangen und auf der dreigeteilten Rückwand. Inschriften auf gerollten Schriftbändern im Relief der Vorderseite (A) und der Rückwand (B). Auf den Seitenwangen der Brüstung rechts das Wappen der Abtei, links das Wappen Lomersheim, auf den Seitenwangen des Stuhls oben am Baldachin rechts Wappen Leiningen, links leerer Wappenschild. Alle Wappenschilde werden von Engeln gehalten. Die aufgemalten Inschriften auf den Spruchbändern teilweise verblaßt und schwer zu entziffern; die Schrift wurde aber offenbar (trotzdem der Stuhl mehrfach seinen Standort wechseln mußte) niemals nachgezogen.
Maße: H. (der Brüstung) 65,5, B. 218, Bu. 3 cm (A). H. (Rückwand) 30, B. 70, Bu. 3 cm (B).
Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.
Anmerkungen
- Ex. 3, 14.
- Ps. 25, 8.
- Is. 45, 15.
- Die Denkmalpflege 22 (1920) 63f. (Abb.).
Nachweise
- WürttLB. Cod. hist. 4° 311, p. 127.
- Klunzinger, ArtBeschr. 4a/b.
- C. Beisbarth, in: Jahreshefte des WürttAltertumsvereins Bd. 1, Heft 8 (1856) Taf. 28.
- OABMaulbronn 140.
- Meurer, in: Katalog Maulbronn (1978) 85f.
Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 113 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0011305.
VINEA / DOMIN[I] / S[A]BAO /T FLO/RES / VI/RTVTVM/ CA[R]/PITE / O / SA/CRA / CON[CIO]
Übersetzung:
Weinstock des Herrn Sabaoth! Pflückt die Blumen der Tugend, o heilige Versammlung.
Spruchband, von Christus (Halbfigur) ausgehend:
EGO/S/VM/ QVI / SVM /1)
Spruchband, von David (Halbfigur) ausgehend:
QVI[S / ISTE] / EST R/EX GLOR/IE2)
Spruchband, von Jesaias (Halbfigur) ausgehend:
VERE DEVS / [A]BSCO[N]/DITVS3)
Kommentar
Zwei weitere Schriftbänder halten die Figuren (Propheten?) der beiden Wimperge im mittleren Baldachin in der Hand. Frühere Beschriftung ist mit Sicherheit anzunehmen, zumal jeweils die rechte Hand auf den Beginn des Schriftbandes weist. Schriftzeichen sind nicht mehr erkennbar. Sie müssen sich – ebenso wie die Texte bei der Jesaias- und David-Büste – auf Christus bezogen haben, der in der Bekrönung des mittleren Baldachins nochmals als Auferstandener erscheint.
Die Charakterisierung der Schrift als humanistische Schrift muß sich auf die sehr verblaßten Spuren stützen; neben rundem E kommt zweibauchiges E vor, M stark konisch gebildet mit sehr flachem Mittelteil.
Eine ähnlich verschlungene Bandinschrift mit Kapitalis-Buchstaben zeigt das 1521 geschaffene Gestühl in der Eislebener Nikolaikirche4.