Inschriftenkatalog: Enzkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)
Nr. 106 Maulbronn, Kreuzgang 1475
Beschreibung
Grabstein des Abtes Nikolaus von Bretten. Im Ostflügel des Kreuzgangs vor dem Kapitelsaal im Boden. Die querrechteckige Platte aus grauem Sandstein ist links beschnitten, dadurch fehlen von den 6 querlaufenden Zeilen jeweils die (Vers)anfänge. Ebenso fehlt die unterste Zeile mit dem Todesdatum. Rechts eingeritzter Abtsstab.
Maße: H. 155, (erhaltene) B. 86, Bu. 6,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
[De Brethem ge]nit(tus) saxo qui premor ab isto.
[Abbatis quon]da(m) munere fungens eram.
[Cedere me fecit] podagre noxia lues.
[Nec amplius] lustro patitur esse patrem.
[Vos qui transi]tis requiem Nicolao p(re)cantes.
[Dicite sistentes: o]super astra uiuas.
[Obiit XII. Calendas Maji MCCCCLXXV.]
Übersetzung:
Ich, aus Bretten gebürtig, der ich jetzt unter der Last des Steines liege, hatte einst das Amt des Abtes verwaltet. Zum Rücktritt zwang mich die böse Krankheit der Gicht und ließ mich nicht länger als 5 Jahre Vater sein. Ihr, die ihr vorübergeht, erbittet Ruhe dem Nikolaus, sprecht verweilend: o, mögest du über den Sternen leben. Er starb am 12. Tag vor den Kalenden des Mai (April, 20) 1475.
Anmerkungen
- In Z. 3 lues bei Wickenburg pestis; am Beginn der gleichen Zeile hat Jenisch me cedere fecit, Wickenburg das metrisch korrekte cedere me fecit, das hier übernommen wird, weil ein Schreibfehler bei Jenisch angenommen werden darf. In Z. 4 meque patrem fratrum patitur non esse deinceps (Wickenburg), Z. 5 vos qui transitis Nicola pietate precantes, Z. 6 det deus aeterna, dicite pace frui.
Nachweise
- Jenisch 21.
- Jenisch II p. 39.
- WürttLB. Cod. hist. 2° 311, 37.
- WürttLB. Cod. hist. 4° 217, 9.
- Klunzinger, ArtBeschr. 5b.
- Wickenburg II 293.
- OABMaulbronn 161f.
Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 106 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0010600.
Kommentar
Die Platte muß – ebenso wie die für Johannes von Gelnhausen – schon bei Baumaßnahmen des frühen 19. Jahrhunderts zerstört worden sein, bzw. aus dem Kapitelsaal (?) als Fragment in den Kreuzgang verlegt worden sein. Jenisch überliefert die Inschrift noch vollständig. Eine sprachlich abweichende Fassung bringt Wickenburg1, der offenbar an metrischen Fehlern und sprachlichen Ungereimtheiten Anstoß nahm und Verbesserungsversuche machte. Drei elegische Distichen.