Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 19 Maulbronn, Kreuzgang nach 1303

Beschreibung

Baumeisterinschrift an einer Konsole im Westflügel zwischen dem 4. und 5. Joch von Süden. Die Blattkonsole trägt die Büste eines bartlosen Mannes. Die Inschrift beginnt auf der Deckplatte der Konsole und setzt sich in drei Zeilen auf einer Schrifttafel direkt über der Büste fort. Weißer Sandstein.

Maße: H. 38, B. 65, Bu. ca. 2 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. HIE SOL MIT / REHTER ANDAHT D/ES PRIOLES WALTHER / WERDEN GEDAHT / WAN ER H/ATa) // DISEN BVO VOLLEb) / BRAHT VALETE / IN DOMINO

Kommentar

Die Schrift ist eine Majuskel, die in der Größe der Buchstaben variiert, aber nicht unbeholfen oder ungekonnt wirkt; eher sind die unterschiedlichen Höhen der bewußte Versuch des Steinmetzen, die Schrift als ornamentale Verzierung der Konsole zu gestalten. Eine Künstlerinschrift für einen Zisterziensermönch zu Beginn des 14. Jahrhunderts dürfte ein ziemliches Novum darstellen1; daher ist auch wohl in der Büste – zu der als Entsprechung eine zweite mit Namensbeischrift gehört (vgl. nr. 20) – nur das Idealtypische, nicht das Individuelle betont: beide Büsten stellen „alterslose“ Männer dar, mit angedeutetem Haarkranz als Zeichen für die mönchische Tonsur und mit faltig angelegter Kutte. – Ein Prior (hier ist die ältere Form Priol gebraucht) Walther kommt 1303 urkundlich vor2. Für den Zeitpunkt der Entstehung der Konsole läßt sich daraus kaum etwas ableiten. Mit einiger Sicherheit läßt sich entnehmen, daß Büste und Inschrift erst nach dem Tode des Priors entstanden sind; darauf deutet auch der Schlußwunsch Valete in Domino hin. Ein Zeitansatz um 1320/30 ist denkbar.

Der Gebrauch der deutschen Sprache läßt sich seit dem 13. Jahrhundert belegen (Regensburg 1270, Engen/Hegau Mitte 13. Jh., Regensburg 1330, Baden-Baden 1340/50), auffallenderweise immer bei Künstlerinschriften3.

Textkritischer Apparat

  1. AT auf die Mauerfläche neben der Konsole gemeißelt.
  2. Die Endbuchstaben der beiden Worte jeweils kleiner und hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Gerstenberg, Baumeisterbildnisse 84ff.
  2. Klunzinger, UrkGeschichte Reg. 25.
  3. Bruder Diemar in der Dominikanerkirche Regensburg: RDK II 97; Panzer-Köllenberg 343; Regensburg, Stadtmauer (Bauinschrift): RDK II 42; Künstlerinschrift des Wölfelin von Rufach an der Tumba der Irmengardis (Kloster Lichtental): KdmBaden XI 1, 501.

Nachweise

  1. Jenisch 120v.
  2. OABMaulbronn 147.
  3. Paulus, Maulbronn 2(1884) 56 (Abb. 134).
  4. Gerstenberg, Baumeisterbildnisse 84f. (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 19 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0001909.