Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 64: Querfurt (2006)
Nr. 90 Querfurt, Burg, Lapidarium 1535
Beschreibung
Wappentafel Kardinal Albrechts von Brandenburg, Kalksandstein. Die hochrechteckige Platte befand sich ursprünglich an der westlichen Giebelseite des sog. Kornhauses, zeitweilig unter einem mit Ziegeln bedeckten Vordach.1) Um eine weitere Verwitterung zu vermeiden, ist sie zu Beginn der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts durch ein Duplikat ersetzt und zur Verwahrung in das Lapidarium gebracht worden.2) Das obere, stellenweise stark beschädigte Feld zeigt unter einer Arkade das plastisch herausgearbeitete Wappen, gerahmt von zwei floral verzierten Pilastern auf mehrfach abgetreppten Basen. Der von einem Kardinalshut mit zehn Quasten bekrönte Schild ist mit Vortragekreuz, Schwert und Krummstab hinterlegt. Das untere, nur von einer schmalen Leiste umrandete Fünftel der Gesamtfläche wird von dem erhaben gemeißelten Namen und Titel des Wappenführers sowie der Jahresangabe ausgefüllt.
Maße: H.: 130 cm; B.: 77 cm; T.: bis 17,5 cm; Bu.: 4,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
ALBRECHT CARDINALa) VN(N)Db) · / ERTZBISCHOFc) · ZV · MENTZ · / CHVRFVRSTd) · (ET)C(ETERA)e) · 1 · 5 · 3 5f) ·
Kardinal Albrecht von Brandenburg.3) |
Textkritischer Apparat
- CARDINAL] I in D eingestellt, wobei der i-Punkt außerhalb liegt.
- VN(N)D] Über dem N ein waagerechter Kürzungsstrich mit Ausbuchtung nach oben.
- ERTZBISCHOF] Punkt über I.
- CHVRFVRST] und Churfürst LHASA Magdeburg, Inventar 1655; LHASA Magdeburg, Inventar 1685; LHASA Magdeburg, Inventar 1689.
- (ET)C(ETERA)] zu Cölln LHASA Magdeburg, Inventar 1655, LHASA Magdeburg, Inventar 1685, LHASA Magdeburg, Inventar 1689. Der et-Haken z-förmig, vgl. hierzu Terminologie 1999, S. 82. Über dem C ein waagerechter Strich mit Ausbuchtung nach oben. Die Auflösung Cölln ist abwegig. Zu den durch (ET)C(ETERA) ersetzten Titeln vgl. Nr. 88.
- 1 · 5 · 3 5] Der Schaft der 1 ohne Anstrich, unten nach links umgebogen; die rechtsgewendete 5 aus Deckbalken und Bogen bestehend, die spitze 3 mit stark verlängertem Deckbalken.
Anmerkungen
- Vgl. LHASA Magdeburg, Inventar 1685, fol. 1r.
- Vgl. BA Querfurt, Güthling 1991, S. 29.
- Zweimal gespalten und viermal geteilt in 15 Felder, das mittlere (8.) Feld überdeckt von 3 (2 : 1 gestellten) Herzschilden: Erzstift Mainz, Erzstift Magdeburg, Hochstift Halberstadt, letzteres teilweise zerstört. Die Felder des Hauptschildes in springender Rangfolge angeordnet: 2. Brandenburg, 1. Burggrafschaft Nürnberg (linksgewendet), 3. Stettin, 5. Rügen, 4. Pommern (linksgewendet), 6. Wenden, 8. überdeckt von den Herzschilden, 7. Kassubien (linksgewendet), 9. Wolgast, 11. Zollern, 10. Usedom (linksgewendet), 12. Bernstein, 14. Regalienfeld, 13. Gützkow, 15. Ruppin. Die Zuordnung der pommerschen Greifenwappen in den Feldern 3, 4, 6, 7 und 9 läßt sich nicht eindeutig vornehmen, da sie sich in der brandenburgischen Wappenentwicklung mehrfach ändert. Einige Felder, vor allem im unteren Bereich, stark beschädigt. Für die freundliche Hilfestellung bei der Blasonierung danke ich Herrn Dr. Harald Drös, Heidelberg. Vgl. zur Identifikation auch Falck 1970, S. 193; Wilhelmy 2000, S. 74; von Roesgen 1980, S. 235–237; Siebmacher 1/5/1, 1881, S. 103, Taf. 171. Dasselbe Wappen findet sich u. a. auf Albrechts Grabplatte im Mainzer Dom, vgl. DI 2 (Mainz) 1958, Nr. 400 (hier nicht blasoniert), in der Sakristei des Mainzer Domes, im Glockendon’schen Gebetbuch, vgl. von Roesgen 1980, o. S. (Bildteil), und auf einem Gobelin im Mainzer Dommuseum, vgl. Wilhelmy 2000, S. 70–80.
- Vgl. zu den Vorgängen im einzelnen Kretzschmar 1930, S. 89f.
- Vgl. Webel [1714/15], S. 21; Voigt 1913, S. 43 f. S. a. Nr. 88. Zu Kardinal Albrecht vgl. Jürgensmeier 1996, S. 13–16 (Lit.); MZKG 3, 1991, S. 17–513 (Lit.); Albrecht von Brandenburg 1990, passim; von Roesgen 1980, passim.
- Vgl. Schmitt 2002, S. 58; Schmitt 1999, S. 39 und Anm. 28.
- Vgl. zur Baugeschichte des Kornhauses grundlegend Schmitt 2002, S. 52–63, hier 52–57; Schmitt 1999, insbes. den Grundriß S. 28 und S. 31. S. a. Schmitt 1989/90, S. 25–34.
- Vgl. Schmitt 2002, S. 58; Schmitt 1999, S. 41.
- Vgl. Schmitt 2002, S. 58; Schmitt 1999, S. 39, 28 (Grundriß).
- Vgl. Schmitt 2002, S. 59f.; Schmitt 2002., S. 43 f., 28, 49 (Grundrisse).
- Vgl. Wilhelmy 2000, S. 74 f.; Falck 1970, S. 193. Zum älteren Wappen vgl. Siebmacher 1/5/1, 1881, S. 103, Taf. 171.
Nachweise
- LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 65r.
- LHASA Magdeburg, Inventar 1685, fol. 1r.
- LHASA Magdeburg, Inventar 1689, fol. 2r.
- Kdm. (Querfurt) 1909, S. 217.
- Voigt 1913, S. 44.
- Wäscher/Giesau 1941, S. 28.
- LfD Halle, Tomaszewski 1988, S. 84.
- BA Querfurt, Güthling 1991, S. 30.
- Schmitt 2002, S. 58, 250 (Abb. 74).
Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 90 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0009007.
Kommentar
Die Breite der Buchstabenbestandteile ist starken Schwankungen unterworfen. Überwiegend ist eine keilförmige Verbreiterung der freien Schrägschaftenden zu beobachten. Das trapezförmige, etwas nach links aus der Achse verschobene A besitzt einen nur links überstehenden Deckbalken. Auffällig sind zudem die leichte Rechtsneigung des S, die stachelförmige und viel zu dünn geratene Cauda des R sowie das konische M, dessen Mittelteil bis zur Grundlinie geführt ist. Schwach ausgeprägte Sporen sind nur ansatzweise an den Bogenenden von C und S erkennbar. Als Worttrenner dienen kleine Dreiecke in Zeilenmitte.
Nach dem Aussterben der Edlen Herren von Querfurt im Jahre 1496 fiel ihre Herrschaft als erledigtes Lehen an das Erzstift Magdeburg zurück.4) Zwischen 1513 und 1545 wurden daraufhin auf dem Burgareal unter Erzbischof Albrecht bedeutende bauliche Veränderungen vorgenommen, zu denen auch die Errichtung eines Korn- und Rüsthauses im Jahre 1535 zählte.5) Die Interpretation der inschriftlichen Jahresangabe als Bauzahl läßt sich dendrochronologisch belegen.6) Das Gebäude steht größtenteils auf Fundamenten eines früheren Wohnhauses aus der Zeit um etwa 1000.7) Mehrere Schüttböden dienten darin zur Lagerung von Getreide, das Erdgeschoß zur Aufbewahrung von Munition.8) Der östliche Giebel befand sich unmittelbar neben der Westwand des älteren Torhauses (11. Jh.) bzw. späteren Palas (Anf. 13. Jh.).9) Spätestens während der 1680/85 vorgenommenen Umbauten wurden die verschiedenen Teilgebäude unter einem Dach zusammengefaßt.10) Die mit der Wappentafel versehene Giebelseite blieb jedoch als westliche Begrenzung des Gesamtkomplexes erhalten.
Mit dem abgebildeten, fünfzehn Felder umfassenden Wappen hatte Kardinal Albrecht etwa um 1530 das ältere, das nur neun Felder enthielt, ersetzt, nachdem dem Kurhaus Brandenburg 1529 offiziell das Recht zugesprochen worden war, die heraldischen Schilde aller pommerschen Länder zu führen.11)