Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 64: Querfurt (2006)
Nr. 82† Farnstädt, ev. Kirche (St. Johannes und Paul) 15.–1. V. 16. Jh. (?)
Beschreibung
Glocke. Als kleinere des zweitönigen Geläutes war sie zur Zeit der Abfassung der Leimbacher Chronik um 1714/17 noch vorhanden.1) Vermutlich wurde sie eingeschmolzen, als man im Jahre 1751 durch die Gebrüder Ulrich in Laucha zwei neue Glocken gießen ließ.2)
Inschrift nach PfA Leimbach, Chronik.
Ave Maria Mater Graciea)
Übersetzung:
Sei gegrüßt, Maria, Mutter der Gnade.
Textkritischer Apparat
- Gracie] Aus der Abschrift läßt sich nicht exakt ersehen, ob der erste Buchstabe groß- oder kleingeschrieben ist.
Anmerkungen
- Vgl. PfA Leimbach, Chronik 1714/17, S. 55: „Die kleiner ist noch im Pabstthum gegossen worden, welches aus der Inscription abzunehmen.“ Zur zweiten Glocke vgl. Nr. 94.
- Vgl. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 61.
- Vgl. CAO 3, 1968, 64 Nr. 10539 und die Ausführungen im Marienlexikon 1, 1988, S. 309–317.
- Vgl. Breviarium Monasticum 1953, S. 316 (pars verna/aestiva/autumnalis), 320 (pars hiemalis): „Maria, mater gratiae, / mater misericordiae, / tu nos ab hoste protege, / et hora mortis suscipe“; Übers.: „Maria, Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, schütze du uns vor dem Feind und nimm dich unser zur Stunde des Todes an.“ Vgl. zur Überlieferung Chevalier 2, 1897, S. 100. S. a. den nur wenig veränderten Wortlaut im Breviarium Romanum 1915, S. 183 (pars hiemalis/verna/aestiva) und den Hymnus „Maria, mater gratiae“ in AH 39, 1902, S. 68. Für die Verbindung mit dem Ave-Gruß fand sich bisher nur eine Belegstelle im 42. Kapitel der Exegese des Hoheliedes von Richard von St. Victor in Migne PL 196, 1855, Sp. 524.
- Vgl. Migne PL 158, 1853, Sp. 687.
- Vgl. Beissel 1909, S. 460f.; Walter 1913, S. 282f. Anm. 2. Zum Totengeläut vgl. Hense 1998, S. 45f.
- Vgl. zum Gebetsläuten Hense 1998, S. 39–41, insbes. S. 42 Anm. 85; Bund 1999/2000, S. 4f. (unter Verweis auf das mit Ave-Maria-Inschriften versehene Angelusgeläute des Halberstädter Domes); allg. auch Esser 1902, S. 22-51, 247–269, 775–825.
- Vgl. Otte/Wernicke 1, 1883, S. 419; DI 34 (Bad Kreuznach) 1993, Nr. 148 (Mandel, 1475); Walter 1913, S. 249 (Weißenkirchen in der Wachau, pol. Bezirk Krems, Niederösterreich, 1455) mit Anm. 3 (Stammheim, Stadt Köln, 1453); 282 (Schneeberg, Lkr. Aue-Schwarzenberg, 1498) mit Anm. 3 (Osterkappeln, Lkr. Düren, 1502; Laer, Lkr. Steinfurt, 1503; Beesten, Lkr. Emsland, 1507; Rulle, Gem. Wallendorf, Lkr. Osnabrück, 1510; u. a.).
Nachweise
- PfA Leimbach, Chronik 1714/17, S. 55.
Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 82† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0008202.
Kommentar
Es handelt sich hierbei um eine Verbindung des Ave-Maria-Gebets3) mit dem Incipit der zweiten Strophe des Hymnus „Memento, salutis auctor“4) aus dem „Officium parvum Beatae Mariae Virginis“. Jene vier Verse finden sich ebenso als Sterbegebet in der „Admonitio morienti“ des Anselm von Canterbury.5) So ist dieser Text vorrangig auf Totenglocken verwendet worden.6) In Verbindung mit der Anrufung Ave könnte hier allerdings auch eine Gebetsglocke in Frage kommen, da das Angelusläuten nicht auf monastische Gemeinden beschränkt blieb.7) Eine Datierung läßt sich anhand der Inschrift allein kaum vornehmen; jedoch ist die Hymnenstrophe vorrangig auf kirchlichen Ausstattungsstücken des 15. und 16. Jahrhunderts nachweisbar.8) Eine Verwendung nach der Reformation ist freilich ausgeschlossen.