Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 26 Querfurt, ev. Pfarramt 2.–3. V. 14. Jh.

Beschreibung

Kelch, Silber, gegossen, getrieben, graviert, vergoldet. Die nahezu trichterförmige Kuppa sitzt auf einem runden Schaft, den ober- und unterhalb des Nodus die konturiert eingravierten Gebetsanfänge (A) und (C) umlaufen. Sie werden von zwei Stegen begleitet und heben sich vor dem schräg schraffierten Hintergrund deutlich ab. Der flache Knauf weist getriebene Zungen auf, die von rundem, ovalem und vierpaßförmigem Maßwerk durchbrochen sind. An den Seiten ist er mit sechs rautenförmigen Rotuli besetzt, die jeweils einen erhabenen Buchstaben der Anrufung (B) tragen. Unebenheiten und die fehlende Schraffierung des Schriftgrundes deuten auf eine verlorene Emaillierung. Der runde, außen flache und im Zentrum kegelförmig ansteigende Fuß ist in mehrere blütenblattähnliche Felder eingeteilt, die am Rand von drei Kreisen umgeben sind. Den Anlauf schmückt ein gegossenes und aufgenietetes Kruzifix mit kleeblattförmig endenden Armen, an dessen Korpus ein Bein fehlt. Über dem Haupt des Gekreuzigten zeigt ein geschwungen aufgerolltes Schriftband den wiederum erhaben ausgeführten Kreuzestitulus (D). Die senkrechte Zarge, um die sich ein runder Steg legt, ziert ein Fries kreisförmiger Vertiefungen, die innen in Form von Vierpässen durchbrochen sind. Der Standring ist schmal.

Maße: H.: 21 cm; Dm.: 13,7 cm; Bu.: 0,8 cm (A, B, C), 0,3 cm (D).

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/3]

  1. A

    +a) AVE MARIA1)

  2. B

    I//H//E//S//V//S

  3. C

    GOT ·b) HILF ·c) VNS ·d)

  4. D

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDEORVM)2)

Übersetzung:

Sei gegrüßt, Maria (A). – Jesus von Nazareth, König der Juden (D).

Kommentar

Die Buchstaben sind vor allem durch starke, teilweise spitz ausgezogene Bogenschwellungen gekennzeichnet. Die Sporen bestehen aus teils ein-, teils beidseitig angesetzten Dreiecken, die jedoch nicht immer exakt ausgeführt wurden. Die Balken von L, F und T werden durch nach außen gekrümmte, keilförmige Balkensporen mit Zierhäkchen ersetzt. Das N ist rund, das unziale E geschlossen, das G eingerollt. Der linke Schaft des pseudounzialen A steht sehr steil und annähernd parallel zum rechten; beide sind durch eine rechtsschräge Haarlinie miteinander verbunden. Der linke Schaft verfügt über eine besonders kräftige Schwellung und ist unten und oben nach außen gebogen.

Dieselben Schriftformen und äußerst ähnliche Gestaltungselemente finden sich auf mehreren Kelchen der näheren Umgebung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.3) Aus dieser Gruppe bietet die in mehrfacher Hinsicht vergleichbare und mit der Jahreszahl 1351 versehene Arbeit aus dem Kirchenkreis Südharz die beste Datierungshilfe.4)

Textkritischer Apparat

  1. Invokationskreuz in Form eines Tatzenkreuzes.
  2. Vierblättriges Kleeblatt.
  3. Quadrangel.
  4. Punkt.

Anmerkungen

  1. Beginn des Ave Maria; vgl. z. B. CAO 3, 1968, 64 Nr. 10539.
  2. Io 19, 19.
  3. Vgl. u. a. Nr. 25 mit Anm. 3; DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 9, 16.
  4. Vgl. Goldschmiedekunst 2001, S. 230f.

Nachweise

  1. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 198.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 26 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0002604.