Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 219 Obhausen, ev. Kirche (St. Peter) 1642

Beschreibung

Epitaph der Maria Magdalena Gräffe, Sandstein. Die hochrechteckige Platte hängt an der äußeren Südwand der Kirche links neben dem Eingang aufrecht an der Mauer. Der großflächig beschädigte Aufsatz und der Unterhang sind bzw. waren mit reliefartig ausgebildeten Masken zwischen flachen Voluten verziert. Die Hauptzone wird durch abgetreppte Stege in Binnenfeld und Rahmen gegliedert. In der oberen und rechten Rahmenleiste verläuft das Bibelzitat (A), in der unteren und linken das Bibelzitat (B). Das obere Viertel des Innenbereichs zeigt nebeneinander zwei reliefierte Vollwappen, die mit den Initialen der Wappenführer überschrieben sind: heraldisch rechts (C), links (D). Unter den Schilden folgt zeilenweise der Sterbevermerk mit Fürbitte (E), wobei die letzten drei Zeilen zentriert gesetzt wurden. Die verbleibende Fläche nach dem Textende füllt ein reliefierter Engelskopf. Sämtliche Inschriften wurden eingemeißelt.

Maße: H.: 250 cm; B.: 96 cm; T.: 14 cm; Bu.: 2,3 cm (A, B, E), 3 cm (C, D).

Schriftart(en): Schrägliegende Fraktur (A, B), Kapitalis (C, D), Fraktur (E).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/5]

  1. A

    Der Herr hat es gegeben der Herr / hat es genom(m)en der Nahme des Herren seÿ gelobet vnd gebenedeÿet.1)

  2. B

    Lasset die kindlein zu mir kom(m)en / vnd wehret ihnen nicht dena) Solcher ist das Reich Gottes.b)2)

  3. C

    L(orentz) //c) G(räffe)

  4. D

    M(agdalena)d) G(räffe) //c) G(eborne) Te)

  5. E

    An(n)o 1642f) . Den 1. Julij / frue zwischen . 6 . vnd . 7 . / vhr ist des Ehrenuesten / vnd Manhaften Herrn / Lorentz Gräffen Freÿ=/sas Ophauseng) zu S(ankt) Pet=/ri3) kleines döchterlein / Maria Madalena in / Herrn Selig entschla=/ffen ihres alters . 2h) . iahr / weniger 4 wochen / vnd Seelicheni) / Gott genade .

Wappen:
Gräffe,4) unbekannt5).

Kommentar

Einige Gemeine der Fraktur werden von Zierbögen überwölbt, so das l und das brezelförmige Schluß- s. In der Regel befindet sich über dem u als diakritisches Zeichen ein senkrecht gestellter Haken. Die schrägliegende Schriftvariante in (A) und (B) unterscheidet sich in den Einzelformen nicht von der aufgerichteten in (E). Innerhalb der Kapitalis sind vor allem die langen, stark gekrümmten Sporen am G hervorzuheben, da sie auf einen anonymen Meister verweisen, dem mit einiger Wahrscheinlichkeit auch der Taufstein von 1650 in der Kirche zu Göhrendorf zuzuschreiben ist. Hier finden sich die wenigen vergleichbaren Lettern wie auch die Ziffer 6 der Jahresangabe in identischer Ausführung.6)

Maria Magdalena wurde am 31. Juli 1640 geboren.7) Ihre Mutter, Magdalena Gräffe, war die Witwe des Johann Wagner.8) Diese hatte am 26. Juli 1636 die Ehe mit dem Freisassen Lorentz Gräffe geschlossen, einem ehemaligen Korporal zu Roß in Querfurt.9) Obwohl ihr Bräutigam dort 1614 eine Zeitlang im Gefängnis gesessen hatte und nach seiner Entlassung dem Rat Urfehde schwören mußte,10) war es ihm danach gelungen, seine Reputation wieder soweit herzustellen, daß zur Hochzeit der Stadtschulze Christoph Schobis und der Archidiakon Christian Röbling erschienen.8) Die Taufpaten der zweiten, hier inschriftlich genannten Tochter waren „Hanß Christoph Hauschilt Regiments Quartir Meister undt Ehrwerdigster Commissarius zu Querfurth, Jungfrawe Clara Jabers [?], undt frawe Magdalena Herrn Christophori Keÿselij subdiaconi zu Querfurth Hausfrawe.“11) Am 3. Juli 1642 wurde Maria Magdalena Gräffe feierlich beerdigt.12) Die Todesdaten ihrer Eltern sind im Kirchenbuch nicht überliefert.13) Der Vater wird u. a. in einer von Pfarrer Zacharias Burchard gehaltenen Predigt genannt, in der jener Gräffe als Beispiel für die herrschende Unbarmherzigkeit anführt, weil er 1646 den achtzehnjährigen Peter Köderitz erschlagen hatte.14)

Textkritischer Apparat

  1. den] Stark verwittert, die Lesung den(n) oder Den(n) nicht auszuschließen, allerdings ohne Kürzungszeichen.
  2. Dem Punkt entspringt eine Fadenranke.
  3. Unterbrechung durch Helmzier.
  4. M(agdalena)] Zur Auflösung des Namens vgl. Anm. 8.
  5. T] Der Geburtsname der Mutter ist nicht überliefert.
  6. 1642] Der Schaft der 1 unten gespalten, der linke Abschnitt hakenförmig nach rechts umgebogen; die 2 spitz.
  7. Freÿ=/sas Ophausen] Lies: Freÿ=/sas in Ophausen o. ä.
  8. 2] Spitz ausgeführt.
  9. Seelichen] Verschlagen? Lies vermutlich: dem Seelchen oder Welchem.

Anmerkungen

  1. Hi 1, 21.
  2. Mk 10, 14.
  3. Obhausen besaß drei Ortsteile, die nach den Patronen ihrer Kirchen bezeichnet wurden: St. Peter, St. Johannes, St. Nikolaus, vgl. dazu Ernst Schaurig, Obhausen – Entstehung der drei Ortsteile und zwei Pfarren, in: Querfurter Heimatkalender 1983/84, S. 72–77.
  4. Nach rechts sprengender Reiter mit Gewehr. Helmzier: über Helmwulst drei Kleeblattstengel.
  5. Zweiblättriger Kleeblattstengel über Schildfuß. Helmzier: über Helmwulst ein aus einem Büschel wachsender Kleeblattstengel.
  6. Vgl. Nr. 224 und Einl. Kap. 5. 4. 2.
  7. Vgl. PfA Obhausen, Kb. 1, St. Petri, S. 160. Ihre zwei Jahre ältere Schwester hieß Maria Emerentia, vgl. ebd., S. 155.
  8. Vgl. PfA Obhausen, Kb. 1, St. Petri, S. 19.
  9. Vgl. ebd. Zum Begriff Freisasse vgl. DRW 3, 1935, Sp. 809 f. (Lit.).
  10. Vgl. StdtA Querfurt, Protokollbuch 1613–15, o. S. (Eintrag zum 18. 1. 1614).
  11. Vgl. PfA Obhausen, Kb. 1, St. Petri, S. 160.
  12. Vgl. PfA Obhausen, Kb. 1, St. Petri, S. 341.
  13. Lorenz Gräffe ist letztmalig für den 15. 7. 1649 als „freÿwerber“ (Trauzeuge) bei einer Hochzeit bezeugt, vgl. PfA Obhausen, Kb. 1, St. Petri, S. 50; Magdalena Gräffe für den 13. 1. 1648 als Taufpatin eines Kindes von Christoph Dilitzscher, vgl. ebd., S. 204.
  14. Vgl. Dietmann 1/3, 1754, S. 788: „(...) und im Jahre 1646 hat Peter Köderitz, nachdem er von den Schlägen, so ihm Lorenz Gräfe mit einem knotigten Stocke auf dem Felde wegen eines Füllens, das er in seinem Weitzenstücke angetroffen, und sehr wenig gefressen, gegeben, nach ausgestandenen großen Schmerzen im 18. Jahre seines Alters sterben müssen.“

Nachweise

  1. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 183.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 219 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0021906.