Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 177 Esperstedt, ev. Kirche (St. Peter) 1612

Beschreibung

Wandbemalung. An der inneren Südwand des Kirchenschiffs sind über dem Seitenausgang in Höhe des rechts davon endenden Emporenunterzuges zwei nur noch fragmentarisch erhaltene Trostsprüche erkennbar, oben Inschrift (A) und darunter das Chronogramm (B). Beide wurden in Schwarz auf die unterste weiße Farbschicht aufgemalt. Zum Ende des 17. Jahrhunderts verschwanden die Texte unter der vorgesetzten Empore und einem neuen Anstrich.1) Während der 1936 oder später erfolgten Sanierungsarbeiten kamen sie durch die Kürzung der Galerie wieder zum Vorschein, sind aber wohl gleichzeitig und durch die Verlegung von Elekroleitungen erneut 1960 stark beschädigt worden.2)

Maße: H.: ca. 45 cm; B.: ca. 120 cm; Bu.: 6 cm (A), 5 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A), Humanistische Minuskel (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/1]

  1. A

    [– – –]a). / Wie Heilig [ist di]eseb) Städte. Hiec) Jst nichts / ander,sd), den Gott[es Haus] undt hie ist d[ie] / Pfor[te des Himmel]ß.3)

  2. B

    Gott De[.............]Ite) Vns aLLen.

Kommentar

Die Frakturversalien sind regelmäßig in Schwellzüge aufgelöst, die mitunter von Zierstrichen begleitet oder durchkreuzt werden. Die Oberlänge des d ist geschwungen, in ander,s weit nach rechts umgebogen. Der obere Schaftabschnitt des t ist stets nach rechts umgebrochen, der Bogen des h unter die Grundlinie gezogen und nach links zur Zeile zurückgeführt. An den freien und umgebrochenen Schaftenden im Mittelband finden sich rechtwinklig angesetzte Sporen. Innerhalb der Humanistischen Minuskel verfügt das runde o über oben und unten herausragende Zierhäkchen. Diese Schriftbesonderheit und der durch rechtsschräge Haarlinien begrenzte Punkt am Satzende sprechen dafür, daß beide Texte zusammen mit Inschrift Nr. 176 von Malermeister Christoph Faust aus Freyburg (Burgenlandkreis) im Zuge der Innenraumausgestaltung nach der Chorerweiterung von 16124) ausgeführt wurden.5) Auch das Chronogramm ist in Anbetracht der überlieferten Baudaten4), des zur Verfügung stehenden Platzes und der üblichen Gottesbezeichnungen nur durch die Apposition Der Vater und das finite Verb Ist bzw. seI sinnvoll ergänzbar. Damit findet die bereits aus baugeschichtlichen und stilistischen Gründen angenommene Zeitstellung ihre Bestätigung.

Die Wahl der Texte ruft in Erinnerung, daß die Gemeinde die in der Kirche aufgebahrten Toten nach der Begräbnisfeier durch die darunter befindliche Tür hinaus in den Kirchhof zur letzten Ruhe geleitete.

Textkritischer Apparat

  1. Von dem verlorenen Text unbekannten Ausmaßes sind lediglich einige Schäfte in der Mitte der oberen Zeile sichtbar geblieben; vermutlich ist nur die zentriert gestellte Bibelstellenangabe zu ergänzen.
  2. [ist di]ese] Die verbliebenen Buchstaben sind nur noch schwach erkennbar.
  3. Hie] Den oberen gebogenen Schaftabschnitt des H begleitet ein paralleler Zierstrich und durchkreuzt eine Kontra-Schleife.
  4. ander,s] Sic! Das Komma irrtümlich gesetzt, danach das s als Schaft- s ausgeführt.
  5. De[.............]It] Vor dem I noch ein leicht linksschräger Schaft erkennbar. Ergänze daher vermutlich unter Vervollständigung des Chronogramms zu: De[r Vater Ist M]It oder De[r Vater seI M]It.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 176 Anm. 1.
  2. Vgl. Nr. 176 Anm. 2 sowie PfA Esperstedt, Protokollbuch 1950–1980, hier den Eintrag zur Kirchenratssitzung vom 1. 2. 1961, S. 68: „Mit den Dachdecker- u. Maurer- u. Elektrikerarbeiten ist der erste Bauabschnitt der Renovierung abgeschlossen.“
  3. 1 Mo 28, 17.
  4. Vgl. Nr. 175.
  5. Vgl. zu Christoph Faust Einl. Kap. 5. 4. 5., Kap. 5. 5. 2., Kap. 5. 6. 1.; s. a. Nr. 30, 135, 176.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 177 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0017706.