Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 155† Farnstädt, ev. Kirche (St. Johannes und Paul) 1601

Beschreibung

Schrifttafel an der Orgel. Über ihre Wiederentdeckung während der Rekonstruktion der Orgel im Zuge des von 1698 bis 1701 vorgenommenen Kirchenumbaus findet sich im ältesten Farnstädter Kirchenbuch folgender Eintrag: „Als man die alte Orgel abgetragen hat man auf einer Taffel folgende Schrifft gefunden: [Inschrift]1). Anno 1701. hat man an deren Stelle eine andere gebauet, et quidem sumtibus Nobilis et strenui Domini Levin a Geusau, Serenissimi Ducis Saxoniae etcetera Commissarii in rebus bellicis qui C. florenos structurae impendit. Pastore Gabriele Fuchsio Seibersbachiensi Misnico.“2) Die Informationen zur Wiederherstellung von 1701 sind auf einer anderen Seite desselben Manuskripts in ähnlicher lateinischer Formulierung einer zweiten Kopie der Inschrift ohne Unterbrechung angefügt worden.3) Vermutlich handelt es sich dabei um die Wiedergabe der damals ergänzten und der neuen Orgel wieder einverleibten Inschriftentafel. Die späteren Verlustumstände sind unbekannt.

Inschrift nach PfA Farnstädt, Kb 1, fol. 127 r.

  1. Ad laudes atq(ue) cultum / DEO TRINO et UNI / Ferventioribus animis ac majori / cum devotione persolvendum / ANNO CHRISTI MDCI. / Mensibus Majo et Junio / Organon hoc musicum / Sumtus faciente partim / Nob(ili) et strenuo D(omi)no Georg(io) à Geusau / ac coeterorum ejus patruelium et / agnatorum ad huc impuberum / nobilib(us) tutorib(us) / eorundemq(ue)a) subditis / Partim ex hac aede sacra / extructum et consecratum est. / Pastorem eo tempore Farrnsteti agente / Mag(istro) Martino Faschio Riestetiensi

Übersetzung:

Um dem Dreieinigen Gott Lobpreis und Verehrung mit bewegteren Herzen und mit größerer Demut zu erweisen, ist im Jahre Christi 1601, in den Monaten Mai und Juni, diese Orgel gebaut und geweiht worden. Die Aufwendungen übernahmen teils der edle und gestrenge Herr Georg von Geusau und die edlen Vormünder seiner übrigen bis jetzt unmündigen Geschwisterkinder und nachgeborenen Verwandten sowie derselben Untergebene, teils stammten sie aus diesem Gotteshause. Zu dieser Zeit hatte Magister Martin Fasch aus Riestedt das Pastorenamt zu Farnstädt inne.

Kommentar

Georg von Geusau war ein Sohn Levins von Geusau von dessen Gemahlin Anna, geb. von Troyff.4) Im Jahre 1577 geboren, kam er 1595 als Edelknabe an den Weimarer Hof und wurde dort später Kammerjunker.5) Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges berief man ihn zum Schwedischen Kammerrat und schließlich zum Steuereinnehmer im Herzogtum Sachsen-Altenburg.5) Am 17. 11. 1600 heiratete er die sehr vermögende Veronica von Eschwege.4) Von ihm in die Wege geleitete und finanzierte Baumaßnahmen sind nicht nur in Farnstädt,6) sondern auch in seinem Geburtsort Heygendorf (Kyffhäuserkreis) nachweisbar, wo er u. a. die Kirche neu errichtete.5) Zum Zeitpunkt des Farnstädter Orgelbaus, der mit der Renovierung des gesamten Gebäudes einherging,7) war Georg im Gegensatz zu seinen Schwestern noch kinderlos.8) Da seine Brüder ohne Erben verstarben,4) können mit den inschriftlich erwähnten Neffen also nur die Söhne der Schwestern gemeint sein. Martha war die Frau Wolfs von Brandenstein, Sydonia die Gattin Ernsts von Trotha und Magdalena hatte 1597 die Ehe mit Johann Reinhard von Wangenheim geschlossen.4)

Martin Fasch aus Riestedt (Lkr. Sangerhausen) war erst im Jahre 1600 mit seiner gesamten Familie aus Helbra (Lkr. Mansfelder Land) nach Farnstädt umgezogen und hatte damals die Pfarrstelle sowohl für das Ober- als auch für das Unterdorf angetreten.9) 1603 wurde ihm die Tochter Veronica, 1613 der Sohn Georg geboren.10) Drei Jahre später erhielt er den Ruf ins evangelische Dekanat nach Schraplau.11)

Textkritischer Apparat

  1. eorundemq(ue)] eorumq(ue) PfA Farnstädt, Kb. 1, fol. 107 r–v.

Anmerkungen

  1. Das Schriftbild zentriert wiedergegeben.
  2. Vgl. PfA Farnstädt, Kb. 1, fol. 127 r. Übers.: „(...) und zwar durch die Aufwendungen des edlen und gestrengen Herrn Levin von Geusau, des Kriegskommissars des durchleuchtigsten Herzogs von Sachsen, der für den Bau 100 Gulden stiftete. Pastor war Gabriel Fuchs aus dem Meißnischen Seibersbach.“
  3. Vgl. PfA Farnstädt, Kb. 1, fol. 107 r–v. Dort heißt es im Anschluß an die o. a. Inschrift: POSTMODUM autem Anno Christi M. DCCI. Nob(ili) et stren(uo) D(omi)no Levin a Geusau, Seren(issimi) Elect(oris) (etc.) Commis(sario) in reb(us) bellicis propriis sumtib(us) vix C. floren(orum) multis modis renovatum picturis illustratum novoq(ue) simul veste cinctum. Pastore Gabrieli Fuchsio Seibersbacciensi Misnico aetat(is) anno 54. Übers.: „Nachher aber ist sie im Jahre Christi 1701 von dem edlen und gestrengen Herrn Levin von Geusau, dem Kriegskommissar des durchleuchtigsten Kurfürsten usw., durch eigene Aufwendungen von fast 100 Gulden in vielerlei Art erneuert, mit Bildern verziert und einem neuen Gehäuse versehen worden. Pastor war Gabriel Fuchs aus dem Meißnischen Seibersbach, im 54. Jahr seines Alters.“
  4. Vgl. Sächs. StA Leipzig, Ahnenreihen 1982, Regesten v. Geusau S. 16 Nr. 133.
  5. Vgl. Preller 1936, S. 137.
  6. Vgl. Nr. 182.
  7. Vgl. Nr. 159, 162, 164.
  8. Sein erstes Kind war Georg von Geusau (geb./gest. 1603), vgl. Nr. 158. Siehe hier auch zu den weiteren Söhnen und Töchtern in Anm. 15.
  9. Vgl. PfA Farnstädt, Kb. 1, S. 7. Zu seiner Biographie s. a. Pfarrerbuch 2, 2004, S. 517 f.; Biering 1742, S. 146; Dietmann 1/3, 1754, S. 800.
  10. Vgl. PfA Farnstädt, Kb. 1, S. 12, 22.
  11. Vgl. PfA Farnstädt, Kb. 1, S. 26; Biering 1742, S. 146.

Nachweise

  1. PfA Farnstädt, Kb. 1, fol. 127 r.
  2. PfA Farnstädt, Kb. 1, fol. 107 r–v.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 155† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0015500.