Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 150 Querfurt, Friedhof 1598

Beschreibung

Grabstein des Bron Merman, Sandstein. Dieser älteste erhaltene Grabstein des Friedhofes befindet sich westlich vor der Kapelle. Die hochrechteckige Platte schließt oben durch einen stumpfwinkligen, etwas vorkragenden Giebel ab. Auf dessen Stirnseite beginnt der eingemeißelte Sterbevermerk (A), der sich im Hauptfeld zwischen dünn geritzten Zeilenlinien fortsetzt. Unter dem Scheitel ist zwischen zwei eingemeißelten Lettern (B) ein ovales Medaillon – vermutlich in der Funktion eines Wappens – erhaben ausgehauen worden, das unten etwas in den Text (A) hineinragt. Es zeigt eine Figur, die mit der Rechten einen kugelförmigen Gegenstand in die Höhe hält. Sie ist mit einem Wams, Pluderhosen sowie einem hohen Hut bekleidet und wird von zwei Fackeln (?) flankiert. Links und rechts des Kopfes sind die erhabenen Namensinitialen (C) wiedergegeben.

Maße: H.: 95 cm; B.: 51 cm; T.: 15 cm; Bu.: 5,5 cm (A), 4 cm (B), 3,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. A

    DEN · 18a) · NOVEMBER · ISTb) · //c) ANNOd) //e) · 1 · 5 · 98f) / DER · ERBAREg) · RAT · MAN / BRON · MERMAN · / SELIGLICHh) · IN · GOT ·i) / ENTSCHLAFFEN / SEINESj) · ALTERS · 70 · / IHAR

  2. B

    H // K

  3. C

    B(RON) //k) M(ERMAN)

Wappen (?):
Merman.1)

Kommentar

Die Kerben der sorgfältig ausgemessenen und mit unauffälligen Sporen besetzten Buchstaben wurden gleichbleibend schmal geschlagen. Als besonders charakteristische Merkmale sind das offene D und das R hervorzuheben, dessen gewölbte Cauda weit ausgestellt ist und am Schaft unabhängig vom Bogen ansetzt. In gleicher Weise verlassen die Schrägbalken des K den Schaft ohne gemeinsamen Berührungspunkt. Die senkrechte, nicht umgebrochene Cauda des G ist bis knapp unter das obere Bogenende gezogen. Der Mittelteil des geraden oder schwach konischen M endet im oberen Zeilendrittel. Als Worttrenner dienen kurze rechtsschräge Striche in Zeilenmitte.

Bisher wurde der Grabstein in Anbetracht der Abkürzung H K als ein Werk des Meisters HK angesehen.2) Dagegen spricht jedoch nicht nur der untypische Anbringungsort der vermeintlichen Künstlersignatur, sondern vor allem auch die Schriftgestaltung. Für den Steinmetz HK, der seine Namensinitialen stets ligiert am unteren Rand seiner Arbeiten hinterließ, sind u. a. ein asymmetrisch nach rechts verschobenes A, geradlinige Schrägschäfte am K sowie ein relativ kleiner Bogen des R, an dem eine gewölbte Cauda ansetzt, charakteristisch.3) Diese Befunde fehlen hier, so daß es sich um einen anderen Steinmetz handeln muß. Die Buchstabenformen dieses Unbekannten kehren indes auf einem anderen Grabstein aus Lodersleben und auf einer Schriftplatte in Leimbach wieder.4) Für ihn wird hier als vorläufiger Notname die Bezeichnung „Querfurter Steinmetz des Bron-Merman-Grabsteins“ verwendet.5)

Die Auflösung der Initialen H K bleibt folglich weiter ungewiß. In einer Liste von Siglen bekannter Querfurter Bürger im Ratsprotokollbuch der Jahre 1613–15 wird neben fünf anderen Persönlichkeiten ein Hans Kircher mit dem Kürzel H K aufgeführt.6) Möglicherweise kommt er als Stifter des Grabsteins oder als Testamentsvollstrecker des Verstorbenen in Frage; allerdings wären auch dann die Initialen auf dem Grabstein an ungewöhnlich zentraler Stelle angebracht.

Für Bron Merman überliefert das Schoß-, Lehn- und Erbbuch der Stadt Querfurt für die Jahre 1570–76, daß er im Stadtteil Nauendorf ein Haus mit Hof als Ratslehen besaß.7) An Familienangehörigen lassen sich zumindest Georg Mehrman, wohnhaft im Steinweg-Viertel,8) und Valtin Mermann nachweisen, der 1560 als Bürge für die entlassenen Straftäter Cyriacus (Ciliax) und Caspar Henrich eintrat.9)

Textkritischer Apparat

  1. 18] Die 1 besteht aus einem einfachen senkrechten Schaft ohne Anstrich.
  2. IST] Fehlt bei Ihle.
  3. Wechsel vom Giebel zum Hauptfeld.
  4. ANNO] Der Balken des A ist gebrochen.
  5. Unterbrechung durch das von oben in den Text hineinragende Medaillon.
  6. 1 · 5 · 98] Der Schaft der 1 unten j-ähnlich nach links umgebogen; das untere Bogenende der 9 weit nach links verlängert.
  7. ERBARE] Wegen des hineinragenden Medaillons die Buchstaben nach dem A etwa um die Hälfte kleiner.
  8. SELIGLICH] selig Ihle.
  9. Zwei kurze, rechtsschräge Striche übereinander.
  10. SEINES] SEUES (sic.) Naumann.
  11. Figürliches Relief im Medaillon.

Anmerkungen

  1. Zur Blasonierung siehe oben in der Beschreibung.
  2. Vgl. Naumann 1920, S. 29 f.; Otto 1982, S. 62.
  3. Vgl. Nr. 156, hier auch die Lit. zu HK. Zum Schriftvergleich dienen u. a. DI 9 (Lkr. Naumburg) 1965, Nr. 450, 459–462, 466; DI 62 (Weißenfels) 2005, Nr. 153, 157.
  4. Vgl. Nr. 152, 160.
  5. Vgl. Einl. Kap. 5. 4. 2.
  6. Vgl. StdtA Querfurt, Ratsprotokolle 1613–1615, o. S.
  7. Vgl. StdtA Querfurt, Lehnbuch 1570–78, fol. 165 v. Zur Lage des Stadtteils Nauendorf vgl. Webel [1714/15], S. 40 f.
  8. Vgl. StdtA Querfurt, Lehnbuch 1570–78, fol. 124 v. Zur Lage des Steinweg-Viertels vgl. den Orientierungsplan von Querfurt und Thaldorf in Voigt 1928, o. S. (Anhang).
  9. Vgl. Kronenberg 1935, o. S.

Nachweise

  1. Naumann 1920, S. 29.
  2. Ihle 1938, S. 63 f.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 150 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0015005.