Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 110 Lodersleben (Stadt Querfurt), ev. Kirche (St. Pankraz) 1571

Beschreibung

Glocke, Bronze. Die mit Flechtbändern und Christusköpfen verzierte Krone sitzt auf einer gewölbten Haube, in deren Mitte ein Steg verläuft. Um die Schulter verteilen sich weitere vier Stege, zwischen denen der Gußvermerk und die Devise (A) zu lesen sind. Unterhalb davon schließt sich ein Fries aus hängenden Lilien an. Die Flanke ist durch zwei gegenüberliegende Reliefs verziert: ein ca. 20 cm hohes Kruzifix, dessen Titulus (B) auf einem nicht vollständig ausgegossenen Schild erscheint, und ein ebenso großer, von einem Kreuznimbus hinterlegter Christuskopf. Den Wolm umlaufen zwei Stege, den Schlag ein einzelner. Die Schärfe ist durch einen 5 cm breiten Reif abgesetzt.

Maße: H.: 82 cm; Dm.: 106 cm; Bu.: 3,5 cm (A), 0,9 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/4]

  1. A

    anno d(omi)ni m d lxxihans moeringck gos michdas wort gottes bleibet ewieck1)

  2. B

    I(ESVS)a) N(AZARENVS) R(EX)b)2)

Übersetzung:

Jesus von Nazareth, König (der Juden). (B).

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Kommentar

Die Wörter in Inschrift (A) sind durch weite Spatien getrennt, die Buchstaben indes schmal proportioniert und eng gestellt. Die Oberlängen wurden fast gänzlich in den Mittellängenbereich gezwängt. Der als Deckbalken gestaltete obere Bogenabschnitt des g ragt rechts über den Schaft hinaus. Der Bogen des h ist bis unter die Grundlinie gezogen. Die Fahne des r und das rechte Balkenende des t sind mit unten angesetzten Zierstrichen versehen.

Hans Möring darf als Gründer3) der bekannten Gießerei gelten, da der Familienname vor ihm auf keiner Glocke verzeichnet ist.4) Er arbeitete sowohl in Erfurt als auch in Rudolstadt.5) Der erste sichere Beleg seiner Tätigkeit findet sich auf einer Burkersdorfer Glocke (Lkr. Saalfeld-Rudolstadt) vom Jahre 1566.6) Nach den 1577 gegossenen Glocken für Seisla (Saale-Orla-Kreis) und Birkenfeld (Lkr. Hildburghausen) ist sein Schaffen nicht mehr nachweisbar.4)

Textkritischer Apparat

  1. I(ESVS)] Das I durch unsauberen Guß einem P ähnlich.
  2. R(EX)] Die rechte Ecke der Titulustafel nicht vollständig ausgegossen. Ergänze zu: R(EX) I(VDEORVM).

Anmerkungen

  1. 1 Pt 1, 25. S. a. Jes 40, 8; Ps 119, 89. Zur Verwendung des Zitats als Reformationsdevise vgl. Nr. 114.
  2. Io 19, 19.
  3. Vgl. Bergner 1899, S. 148; Franke 1928, S. 14.
  4. Zum Gesamtwerk vgl. Eichler 2003, S. 198; Jungwirth [1940], S. 11; Walter 1913, S. 822. S. a. ThB 25, 1931, S. 1 (Lit.); Franke 1928, S. 14; Bergner 1896, S. 100; Bergner 1899, S. 148; Otte 1884, S. 203.
  5. Vgl. Eichler 2003, S. 198.
  6. Vgl. wie Anm. 4. Siehe aber DI 9 (Lkr. Naumburg) 1965, Nr. 424f. Die beiden Glocken in Aue sollen der Kopialüberlieferung nach aus dem Jahr 1526 stammen. Vermutlich handelt es sich aber um eine Verschreibung für 1576. Dafür spricht auch die Angabe: „cum effigie Jesu auf dem Rande“ (vgl. ebd., Nr. 425), wodurch ihre künstlerische Gestaltung der Loderslebener Glocke sehr nahekam.

Nachweise

  1. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 149.
  2. LfD Halle, Glockenbestandserfassung 1. Wk., Aufnahmebogen zu Lodersleben vom 14. 03. 1917 (mit Abreibung).
  3. EGB 1917, Nr. 7, o. S.
  4. LfD Halle, Glockenaktenslg. (ungeord.), Übersicht zur Glockenerfassung im Lkr. Querfurt o. J., o. S.
  5. Schuster 1941, S. 133.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 110 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0011001.