Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)
Nr. 525† St. Martini 1570
Beschreibung
Epitaph des Heinrich von Beust. Die Inschriften des Epitaphs, an dem auch das Wappen des Verstorbenen angebracht war, sind lediglich bei Oeynhausen wiedergegeben. Über die Gestaltung des Grabdenkmals liegen keine Informationen vor.
Inschriften nach Oeynhausen.
- A
A(nno) 1547 starb der Ehrenvest und gestrenge Heinrich von Beust feldthauptman dessen Seele gnedig seij a)
- B
Dica(tum) feli(ci) memor(iae) nobilis et strenui viri Henrici a Beust occumbentisb) anno 1547 a fratre Joach(imo) a Beust Consiliario Elect(oris) Augusti et Professore in Acad(emia) Wittenberg(ensi) A(nno) C(hristi) 1570
- C
Emeritis virtus si Martis vivit in armis Nec sinit illa unquam fortia facta mori Te quoque nulla aetas frater germane tacebit Sed tua perpetuo fama superstes erit Ante per immensi nutantiac) pondera coeli Cynthius obscuris frigidus ibit equis Inclyta quam laudum sit fama sepulta tuarum Quae dudum multo est sanguine parta tibi Scilicet has lacrymas et inanes fundo quaerelas Ne tua lethaeis nomina dantur aquis Quem Verona tulit fratrem hic luxit ademptum Ille dedit cultis carmina moesta sonis Cedens ingenio sed non moerore Catullo Quo possum cineri solvo ego justa tuo Castra sequebaris Regum tu quatuor olim Cum Gallo Danus Suecus et Anglus erant Contra Menapium Caesar cum sumeretd) arma In mediis aquilis conspiciendus erase) Postremo et patrio duxisti milite turmas [ – – – ]f) Quando residentem tranavit Carolus Albim Tuque dabas victas Jan-Friderice manus Tunc cum saepe famem frigus saevumque calorem Diceris innumeris sustinuisse modis Nunc verog) aethereae vertaris in agmine turbae Nuda ubi non aestas non fera saevit hiems Nullum ubi tormentum nullus clangorque tubarumh) Sed canit angelicus jubila laetha chorus Quod sine luce iacet sed non sine luce resurget Dormit in hoc sacro corpus inane loco Si tibi lanificae senium canosque dedissent Mitior ac nunc est nostra querela foret At tibi vix ierat nonus vigesimus annus Quando non turpi vulnere victor abis Sic cadis ah mediis et adhuc florentibus annis Non secus ante suum quam rosa verna diem Scilicet egregios cita mors intercipit ausus Ardua cum debet gloria stare cadit
Übersetzung:
Gewidmet dem glücklichen Andenken an den edlen und tüchtigen Mann Heinrich von Beust, der im Jahr 1547 starb, von dem Bruder Joachim von Beust, Rat des Kurfürsten August und Professor an der Universität Wittenberg im Jahr Christi 1570. (B)
Wenn die Tapferkeit des Mars nach Ende des Waffendienstes weiterlebt und niemals zuläßt, daß jene tapferen Taten sterben, wird dich, leiblicher Bruder, auch kein Zeitalter verschweigen, sondern dein Ruhm wird beständig überdauern. Eher wird durch die schwankenden Lasten des unermeßlichen Himmels der kalte Cynthische (Apollo) mit dunklen Pferden ziehen, als daß der weitverbreitete Ruhm deiner Verdienste begraben sein wird, der von dir einstmals durch viel Blut erworben worden ist. Natürlich vergieße ich diese Tränen und vergebliche Wehklagen, damit dein Name nicht den Wassern des Flusses Lethe übergeben werde. Den Verona hervorbrachte, der betrauerte den dahingerafften Bruder, jener widmete (ihm) traurige Lieder in wohlgesetzten Tönen. Dem Catull in der Begabung aber nicht in der Trauer nachstehend, erweise ich – soweit ich es vermag – deiner Asche die letzte Ehre. Du folgtest einst den Heerlagern von vier Königen: mit dem Franzosen waren es der Däne, der Schwede, der Engländer. Als der Kaiser die Waffen gegen Menapium gebrauchte, warst du inmitten der Adler zu sehen. Schließlich führtest du auch Schwadronen mit heimischen Kämpfern ... , als Karl die flacher werdende Elbe durchquerte, und du, Johann Friedrich, die besiegten Hände ausstrecktest, damals als du oft Hunger, Kälte und furchtbare Hitze auf ungezählte Arten ertragen haben sollst. Jetzt aber mögest du im Heer der himmlischen Schar verweilen, wo nicht der nackte Sommer und der wilde Winter wüten, wo (es) keine Qual und kein Geschmetter der Trompeten (gibt), sondern der Engelschor frohe Jubellieder singt. Der leere Körper, der ohne Licht daliegt, aber nicht ohne Licht auferstehen wird, schläft an diesem geweihten Ort. Wenn dir die Spinnerinnen (Parzen) das Alter und graue Haare gegeben hätten, wäre unsere Klage milder, als sie nun ist. Aber dir war kaum das 29ste Jahr dahingegangen, als du durch eine nicht unehrenhafte Wunde als Sieger davongegangen bist. Oh, so fällst du mitten in der Blüte deiner Jahre nicht anders als die Frühlingsrose vor ihrer Zeit. Leider unterbricht der rasche Tod hervorragende Unternehmungen, der hohe Ruhm fällt, obwohl er überdauern sollte. (C)
Versmaß: Elegische Distichen (C).
Beust |
Textkritischer Apparat
- Das zu ergänzende Wort ‘Gott’ wurde vermutlich von Oeynhausen irrtümlich weggelassen.
- Unsichere Lesung.
- nutantia] nutatantia Oeynhausen.
- cum sumeret] consumeret Oeynhausen.
- eras] erat Oeynhausen.
- Offensichtlich wurde hier beim Abschreiben ein Pentameter ausgelassen.
- vero] veri Oeynhausen.
- tubarum] turbarum Oeynhausen.
Anmerkungen
- Bei Oeynhausen nur namentlich benannt.
- Angabe Oeynhausens, Grabinschriften, fol. 254, nach der Leichenpredigt des Joachim von Beust.
- Der Ort Kessel in den Niederlanden, für den der Name Menapium belegt ist, läßt sich nicht als Ort einer Kriegshandlung nachweisen.
Nachweise
- Oeynhausen, Grabinschriften, fol. 253r/v.
Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 525† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0052505.
Kommentar
Heinrich von Beust war der Sohn des Joachim von Beust und der Elisabeth von Randow.2) Seiner Grabschrift zufolge schlug er offenbar eine Militärkarriere ein. Ganz klar ist aus der Grabschrift nicht ersichtlich, auf welcher Seite Heinrich von Beust im Dienst stand. Das in der Inschrift erwähnte Menapium läßt sich nicht sicher identifizieren, es wird hiermit vermutlich die Maasgegend gemeint sein.3) Da Heinrich von Beust bereits 1547 im Alter von nur 29 Jahren starb, kann es sich bei dem hier angesprochenen Vorgang wohl nur um die in die Zeit von 1542 bis 1544 fallenden kriegerischen Auseinandersetzungen Karls V. mit Frankreich und mit dem Herzog von Cleve handeln. Die in der Inschrift erwähnte Überquerung der Elbe durch Karl V. nimmt Bezug auf die Schlacht bei Mühlberg am 24. April 1547, die entscheidende Schlacht des Schmalkaldischen Kriegs, in der das Heer Karls V. den protestantischen Herzog Johann Friedrich von Sachsen besiegte, der daraufhin geächtet wurde und seine Kurwürde zurückgeben mußte. Auch wenn die entscheidende Zeile in der Überlieferung fehlt, läßt sich mit einiger Sicherheit annehmen, daß Heinrich von Beust in der Schlacht von Mühlberg gefallen ist.