Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig. Kloster Riddagshausen und eingemeindete Dörfer

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 7: Stadt Braunschweig III (2023)

Nr. 14 Lehndorf, Kreuzkirche 1488

Beschreibung

Glocke. Bronze. Die erhaben gegossene Inschrift läuft unterhalb der Schulter zwischen einfachen Stegen um. Am unteren Steg in größeren Abständen hängende Blattornamente. Die Buchstaben sind beim Guss teilweise verdrückt. An der Flanke drei plastische Darstellungen: Maria sitzend mit dem Christuskind, eine Heiligenfigur auf einem Drachen stehend und ein Bischof mit Mitra, Stab und Schriftband.1)

Maße: H. 62 cm, Dm. 71 cm. Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Niedersächsische Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Anna Weissmüller) [1/3]

  1. ˑ o ˑ rex ˑ gl(ori)e ˑ ve(n)y ˑ cv(m)ˑpa(c)e ˑ an(n)o ˑ d(omi)ni ˑ mo ˑ cccco ˑ lxxxviiio

Übersetzung:

O König der Ehre, komm mit Frieden. Im Jahr des Herrn 1488.

Kommentar

Normgerecht ausgeführte gotische Minuskel. Doppelstöckiges, oben geschlossenes a mit eingerolltem linken Teil des gebrochenen oberen Bogens. Das x besteht aus einem senkrecht gestellten Linksschrägschaft, einem zum Haarstrich reduzierten Rechtsschrägschaft, dessen oberer Abschnitt als Quadrangel gestaltet ist, und einem Mittelbalken. An der zu einem Quadrangel reduzierten Fahne des r ein rechtsschräger Zierstrich, der bis zum umgebrochenen unteren Schaftende verläuft. g mit einem am rechten Schaft angesetzten Zierstrich, l mit eingerolltem oberen Schaftende. Der Balken des e ist zu einem steil rechtsschräg verlaufenden Strich reduziert, der unten umgebogen ist. Das y ist retrograd. Als Worttrenner dienen Rosetten; die dicht beieinanderstehenden Worte cu(m) pa(c)e sind durch einen rautenförmigen Hochpunkt voneinander getrennt.

Das Gebet o rex glorie veni cum pace ist seit dem frühen 13. Jahrhundert auf zahlreichen Glocken bezeugt und entwickelte sich zu einem der beliebtesten Glockensprüche.2) Nach Poettgen lässt sich der Glockenspruch aus dem liturgischen Formular der Kirchenweihe herleiten, welche der Glockensegnung nahestand, da beide Handlungen dem Bischof vorbehalten waren. Beim Einzug des Bischofs wurde ein auf Psalm 23 beruhender Wechselgesang vorgetragen, welcher mit den Worten Attollite portas et introibit rex glorie beginnt und mit Pax huic domui endet.3) Zugleich diente der Spruch auch als Segensformel gegen Blitze (Benedictio contra fulgura).4)

Nach Pfeifer kann die Glocke dem Braunschweiger Glockengießer Hinrik Mente d. Ä. († nach 1516) zugeschrieben werden, da sie in ihrer Ornamentik und der Verwendung des Spruchs zwei aus Braunschweig stammenden Glocken ähnelt.5) Da die beiden Glocken jedoch ebenso wie die Lehndorfer Glocke nicht mit dem Namen des Gießers bezeichnet sind, bleibt eine Zuschreibung an Mente rein hypothetisch.

Anmerkungen

  1. Bei der Bischofsdarstellung handelt sich um das Nikolausberger Pilgerzeichen. Auf dem Schriftband des Bischofs könnte, wie auf dem in Göttingen gefundenen Pilgerzeichen, ursprünglich nicolaus gestanden haben; die Schrift ist jedoch nicht mehr zu erkennen. Zum Nikolausberger Pilgerzeichen siehe Petke, Wallfahrten auf den Nikolausberg, S. 25–27.
  2. Zahlreiche Belege bei Walter, Glockenkunde, S. 162–167 sowie in den Bänden der Reihe Die Deutschen Inschriften.
  3. Vgl. Poettgen, Theologie früher Glockeninschriften, S. 75f.
  4. Vgl. Franz, Benediktionen, Bd. 2, S. 87. Siehe dazu auch Kizik, Glockeninschriften, S. 204–206.
  5. Vgl. Pfeifer, Glockengießergeschlechter, S. 10–12. Zu den beiden Braunschweiger Glocken siehe DI 35 (Stadt Braunschweig I), Nr. 226 (1487) u. 266 (1498).

Nachweise

  1. NLA WO, 142 N, Nr. 6 (Bethmann, Aufnahmebögen) s. v. Lehndorf.
  2. Kdm. Kreis Braunschweig, S. 63.
  3. Pfeifer, Glockengießergeschlechter, S. 11.
  4. Glockenkartei ev.-luth. Landeskirche Hannovers.

Zitierhinweis:
DIO 7, Stadt Braunschweig III, Nr. 14 (Anna Weissmüller), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio007g003k0001409.