Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig. Kloster Riddagshausen und eingemeindete Dörfer

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 7: Stadt Braunschweig III (2023)

Nr. 6 Volkmarode, Kirche 14.Jh.

Beschreibung

Glocke. Bronze. Die erhaben gegossene Inschrift läuft entlang der Schulter zwischen Schnurstegen um. Als Worttrenner dienen Brakteatenabdrücke.1) Unterhalb der Inschriftenzeile eine weitere durch einen Schnursteg abgegrenzte Zeile; in den durch Zickzacklinien begrenzten Feldern Abdrücke von fünf Medaillons und einem Brakteaten. Die Medaillons sind nur undeutlich zu erkennen. Dargestellt sind zwei Adler, ein geflügelter Engel sowie das Gotteslamm mit Siegesfahne und der Pelikan, der sich für seine Jungen die Brust aufhackt, als Christussymbole.2)

Maße: H. 66 cm, Dm. 82 cm. Bu. 3,2 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Niedersächsische Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Anna Weissmüller) [1/2]

  1. MARIA ˑ VIRGO ˑ BATAa) ˑVOX ˑ MEA ˑ SJT ˑ GRATAb) ˑ

Übersetzung:

Maria, selige Jungfrau. Meine Stimme sei (dir) willkommen.

Versmaß: Hymnenvers.

Kommentar

Die Inschrift ist in einer sehr manierierten Form der gotischen Majuskel ausgeführt. Die einzelnen Buchstaben sind unterschiedlich weit spationiert und zum Teil leicht verrutscht angeordnet. An den Schaft-, Balken- und Bogenenden Sporen unterschiedlichster Art, u. a. fingerförmig (G in VIRGO). An den Schäften häufig dreieckige Ausbuchtungen, die Bögen sind auffällig spitz gestaltet. In GRATA rundes T. Rautenförmiges O mit Balken an der oberen und unteren Spitze bei VIRGO; VOX hingegen mit rundem O. Links geschlossenes unziales M, offenes R. Das A ist verschiedenartig mit unterschiedlichen Deckbalken gestaltet.

Die eckigen Formen bzw. Brechungen der Buchstaben weisen auf einen Einfluss der gotischen Minuskel hin, die im niedersächsischen Raum um die Mitte des 14. Jahrhunderts auftritt und die gotische Majuskel als dominierende Schriftform ablöst. Bei der Inschrift handelt es sich um eine hauptsächlich im mitteldeutschen Raum bezeugte geläufige Glockenrede, die auf Glocken des 13. bzw. frühen 14. Jahrhunderts zu finden ist.3)

Laut des Kunstdenkmälerinventars wurde die Glocke in Nordhausen gegossen.4)

Textkritischer Apparat

  1. BATA] Statt BEATA.
  2. GRATA] G kleiner.

Anmerkungen

  1. Laut des Kunstdenkmälerinventars handelt es sich dabei um Nordhäuser Kronen- und Stolberger Hirschhornbrakteaten des 14. Jahrhunderts; vgl. Kdm. Kreis Braunschweig, S. 222.
  2. Laut des Kunstdenkmälerinventars handelt es sich um die vier Evangelistensymbole, vgl. Kdm. Kreis Braunschweig, S. 222. So auch Voges, Mittelalterliche Glockeninschriften, Sp. 202 und Voges, Dorfkirchen aus dem Kreise Wolfenbüttel, 1877, S. 106. Die Zuordnung kommt vermutlich durch eine Verwechslung des Gotteslamms mit dem Stier des Evangelisten Lukas zustande.
  3. Vgl. DI 64 (ehemaliger Lkr. Querfurt), Nr. 85 mit Anm. 4 und DI 62 (Lkr. Weißenfels), Nr. 10.
  4. Vgl. Kdm. Kreis Braunschweig, S. 222.

Nachweise

  1. Voges, Mittelalterliche Glockeninschriften, Sp. 202.
  2. Voges, Dorfkirchen aus dem Kreise Wolfenbüttel, 1877, S. 106.
  3. Böckeler, Glockenkunde, S. 80.
  4. Kdm. Kreis Braunschweig, S. 221f. (mit Zeichnung).
  5. NLA WO, 234 N, Nr. 12 (Kirchenglocken Herzogtum Braunschweig).

Zitierhinweis:
DIO 7, Stadt Braunschweig III, Nr. 6 (Anna Weissmüller), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio007g003k0000609.