Inschriftenkatalog: Stadt Bonn

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 50: Bonn (2000)

Nr. 328 Küdinghoven, St. Gallus 1673

Beschreibung

Johannesglocke mit Glockenspruch und Meisterinschrift. Dreizeilige Umschrift am Hals. Jede Schriftzeile wird oben und unten von Stegen eingefaßt, höhere Stege grenzen zusätzlich die Zeilen voneinander ab. Über der Inschrift ein Lilien- und Rankenfries, darunter ein hängender Palmettenfries. Auf der Unterplatte drei, am Wolm fünf und am Schlagring zwei Rundstege. An der Flanke Relief der auf einem geflügelten Engelskopf sitzenden Muttergottes mit Kind und Lilienszepter (H. 10,2 cm). Auf der gegenüberliegenden Seite Tatzenkreuz auf getrepptem Fuß; die Balkenenden mit geflügelten Engelsköpfen, Schaft und Balken mit Rankenornament ausgefüllt. Am Beginn der Inschrift ein geflügelter Engelskopf, lateinische Kreuze markieren den Zeilenbeginn. Keine Kürzungszeichen.

Maße: H. 86, Dm. 86, Bu. 2,4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/5]

  1. · + IOANNES V(ON) BOCK ABT VND HERR Z(V) S(IEGBVRG) SEGNET MICHIOANNES HEISCHE ICHFREYHERR V(ON) BAVR Z(V) FRANCKENBERG / ++ AMBTMANN NAHMET1) MICHWILHELMMEINAa) MARGARETHA VON GEFFERTZHAGEN ABBATISSA Z(V) FIELICH HOITZ SI / ++ KLASSEN S +IOANNES BOVRLET ME FECIT ANNOb) D(OMINI) 1673

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Im Anschluß an die Nennung der Vilicher Äbtissin ist der Text offensichtlich verderbt. Inhaltlich wäre hier die Erwähnung der Auftragsvergabe zu erwarten, etwa ... hat mich gießen lassen. Das sinnlose Wort KLASSEN weist auch in diese Richtung. Johannes von Bock war von 1653 bis 1672 (!) Abt von Siegburg.2) Wilhelmina Margaretha von Gevertshaen leitete das Kanonissenstift Vilich von 1668 bis 1693.3) Als Inhaberin des Kollations- und Zehntrechts oblag ihr die Finanzierung der Glocken, während der Abt von Siegburg als Vertreter des Kölner Erzbischofs die Weihe der Glocken vornahm. Johannes Bourlet goß u. a. im selben Jahr 1673 Glocken für Brauweiler und Stommeln, 1687 eine heute im Bonner Münster befindliche Glocke und 1694 zwei weitere, heute verlorene Glocken für St. Remigius (vgl. Nr. 405).4) Das Tatzenkreuz auf getrepptem Fuß ist typisch für seine Glocken, es findet sich in ähnlicher Größe auf mehreren anderen Glocken5) sowie in kleinerer Ausführung auf der Glocke im Münster.

Textkritischer Apparat

  1. Abstand zwischen den beiden M.
  2. Abstand zwischen den beiden N.

Anmerkungen

  1. D. h. ‚taufte‘. Der Amtmann von Löwenburg vertrat den Landesherrn, den Herzog von Berg.
  2. Wisplinghoff, Siegburg, S. 171. Er übergab die Abtei bereits mehr als zwanzig Jahre vor seinem Tod nach schweren Auseinandersetzungen an seinen Nachfolger.
  3. Höroldt/Bücher, Stift und Ort Vilich, S. 58.
  4. Zu Johannes Bourlet und seinem Werk Nellessen, Leben und Wirken, sowie ders., Glockenguß.
  5. Vgl. etwa Schaeben, Glocken, Nrn. 22, 100, 394.

Nachweise

  1. Clemen, KDM, S. 310.
  2. Schmoll, St. Gallus, S. 11.

Zitierhinweis:
DI 50, Bonn, Nr. 328 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di050d004k0032806.