Inschriftenkatalog: Stadt Bonn

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 50: Bonn (2000)

Nr. 241 Münster 1662

Beschreibung

Epitaph für Reiner Rham mit Bildbeischrift, Widmungsinschrift und Memorialinschrift, im nördlichen Seitenschiff. Im Zentrum in Öl auf Leinwand ein Brustbild des Verstorbenen in Kanonikertracht. Auf dem Tisch vor ihm ein Buch, eine Mütze, eine kleine Marienfigur mit Schwert im Herzen sowie ein Kruzifix. Oben rechts im Bild sein Wappen unter der Inschrift A. Das Gemälde ist in eine aufwendige Ädikularahmung aus schwarzem und weißem Marmor eingefügt. Zu beiden Seiten Pilaster, vor denen auf Konsolen Statuen des hl. Cassius mit Speer und Schild (links) und der hl. Helena mit Kreuz (rechts) stehen. Als seitlicher Abschluß schmale Obelisken. Unter dem Ölgemälde ein Gesims mit Inschrift B. Am Sockel ein rechteckiges Schriftfeld mit Inschrift C. Im Aufsatz unter einem gesprengten Giebel zwischen Pilastern nochmals das Familienwappen, diesmal skulptiert. Inschrift A gemalt, Inschriften B und C eingehauen und mit Goldfarbe ausgemalt.

Maße: H. ca. 350, B. 174, Bu. 2 (A), 3,5 (B), 3,5/5 (C) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    AE(TATIS) 79 A(NN)O 1662

  2. B

    D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO)1)

  3. C

    ADM(ODVM) REV(ERENDO) NOBILI eta) CLAR(O) D(OMI)NO D(OMINO) RENERO RHAM I(VRIS) V(TRIVSQVE) D(OCTORI) / ARCHIDIAC(ONA)LISb) eta) INSIGNIS / COLLEGIATAE S(ANCTORVM)c) CASSIJd) eta) FLORENTIJd) CANONICO. LV. eta) SENIORI SCHOLASTICO XXVII / et qu(i) CVRIAE ARCHIDIAC(ONA)LISb) PRAEPOSITVRAE BONNEN(SIS) XXXIV ANNIS OFFICIALI / ILL(VSTRISSI)MIb) eta) REV(ERENDISSI)MIb) EP(ISCOP)I eta) PRINCIPIS OSNABRVGEN(SIS) CONSILIARIO XV · MAIJd) A(NNO) MDC/LXII PIE DEFVNCTO è FRATRE NEPOTES TESTAM(EN)TOb) HAEREDES GRATI/TVDINIS ERGO · HOC MONVMENTVM2) EREXERVNT. R(EQVIESCAT) I(N) · P(ACE)

Übersetzung:

Im Alter von 79 im Jahre 1662. (A)

Dem besten, höchsten Gott. (B)

Dem sehr ehrwürdigen, edlen und berühmten Herrn, Herrn Reiner Rham, Doktor beider Rechte, 55 Jahre lang Kanoniker der hervorragenden Archidiakonats- und Kollegiatkirche der heiligen Cassius und Florentius, 27 Jahre lang Senior3) und Scholasticus und 34 Jahre lang Offizial der Archidiakonatsverwaltung der Bonner Propstei, Berater des erlauchtesten, hochwürdigsten Fürstbischofs von Osnabrück, der (i. e. Reiner Rham) im Jahre 1662 am 15. Mai fromm verstorben ist, haben seine Neffen von seiten seines Bruders als testamentarische Erben dieses Denkmal aus Dankbarkeit errichtet. Er ruhe in Frieden! (C)

Wappen:
Rham.4)

Kommentar

Quadrangeln auf der Zeilenmitte dienen als Kürzungszeichen und gelegentlich als Worttrenner. Reiner Rham war der Sohn des Johannes Rham und der Elisabeth von Merl.5) Er war seit 1607 Kanoniker am Cassiusstift, immatrikulierte sich 1611 an der Universität Siena6) und wurde 1637 nach päpstlicher Provision Scholaster in Nachfolge Leonard Mestorffs (vgl. Nr. 94).7) In diesem Punkt scheint die Inschrift, derzufolge er bereits 1635 dieses Amt erlangt haben müßte, ungenau zu sein. Seit 1631 ist er mehrfach als Offizial der Archidiakonatsverwaltung und somit als Vertreter des Propstes belegt.8) Propst war seit 1629 der erste Minister und Obersthofmeister des in Bonn residierenden Kölner Kurfürsten Ferdinand, Franz Wilhelm von Wartenberg.9) Wartenberg wird in der Inschrift in seiner Funktion als Fürstbischof von Osnabrück (1625 bis 1661) erwähnt. Rham stiftete 1620 ein Antependium für den Hochaltar10) und 1643 300 Imperialen für das Stiftskapitel.11)

Textkritischer Apparat

  1. Zeichenbestand: &.
  2. Endsilbe hochgestellt.
  3. Buchstabenbestand: SS.
  4. Ligatur in Form eines Y.

Anmerkungen

  1. Zu dieser Formel siehe Nr. 124.
  2. Die Formulierung „monumentum gratitudinis“ findet sich auch im Text des Epitaphs für den 1650 verstorbenen Servatius Eick (Nr. 211).
  3. Zur Rolle des Seniors siehe Höroldt, St. Cassius, S. 75.
  4. Pferdekopf.
  5. PfA St. Martin 228–1, S. 444. 1640 stiftete er eine Memorie für seine Mutter.
  6. Weigle, Matrikel Siena, Bd. 1, S. 199, Nr. 4624.
  7. PfA St. Martin 228–1, S. 334, 343; siehe auch Höroldt, St. Cassius, S. 222.
  8. PfA St. Martin 228–1, S. 444; siehe auch H. Schneider, Bonner Archidiakon, S. 219.
  9. A. Knoch, Die Politik des Bischofs Franz Wilhelm von Wartenberg während der westfälischen Friedensverhandlungen (1644–48), Diss. phil. Bonn 1966, S. 8; Geschichte der Stadt Bonn, Bd. 3, S. 96ff.
  10. PfA St. Martin 228, Bl. 112v: „album sericum antependium“.
  11. PfA St. Martin 228-1, S. 660.

Nachweise

  1. Pick, Bonner Zeitung 1869, Nr. 80.
  2. Clemen, KDM, S. 88f.

Zitierhinweis:
DI 50, Bonn, Nr. 241 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di050d004k0024104.