Inschriftenkatalog: Stadt Bonn

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 50: Bonn (2000)

Nr. 138 Lessenich, St. Laurentius 1623

Beschreibung

Grabplatte für Petrus Mestorff mit Grabschrift und Auftraggeberinschrift in Form von Initialen, aufgestellt am östlichen Ende des südlichen Seitenschiffes. Trachyt mit Sanidin-Einschlüssen. Die Platte ist z. T. stark abgetreten, vor allem in der unteren Hälfte und am linken Rand sind deutliche Laufspuren erkennbar. Die linke untere Ecke ist abgebrochen. Im Mittelfeld umrahmt ein rundes Kranzmedaillon ein Wappen zwischen Initialen (B, Medaillon und Wappen in Flachrelief). Die aus einem vertieften Schriftband herausgearbeitete Grabschrift (A) läuft am Rand um und endet unterhalb der Anfangszeile. Die Fürbittformel ist als Chronogramm ausgeführt. Das Schriftband wird innen und außen von einer eingehauenen Linie begrenzt, die in den Ecken pfeilblattförmig ausgearbeitet ist.

Maße: H. 225, B. 98, Bu. 7,7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. A

    A(NN)Oa) 1623 · 17 · DECEM/BRIS · OBIJTb) · INGENVVS ADOLE[SCENS] PETRVS · / MESTORFF / CVIV[S ANIMA SA]NCTA PACE VT · CONQVI[ES]CA[T] // PRECARE ·

  2. B

    P // C

Übersetzung:

Im Jahre 1623 am 17. Dezember starb der begabte Jüngling Petrus Mestorff. Bitte, daß seine Seele in heiligem Frieden ruhen möge!

Wappen:
Mestorff.1)

Kommentar

Die Worttrennung erfolgt durch Rauten. Quellenmäßig ist die Familie des Petrus Mestorff nicht nachweisbar.2) Sie kann aber nicht ganz unvermögend gewesen sein, wenn sie in der Lage war, für das verstorbene Kind eine Grabplatte zu finanzieren. Hinsichtlich der Auflösung der Initialen ist im allgemeinen an erster Stelle an den Verstorbenen bzw. dessen nächsten männlichen Verwandten zu denken, zumal sie an zentraler Stelle der Grabplatte angebracht und einer Hausmarke zugeordnet sind. Allerdings stimmen sie nicht mit dem Zweitnamen des Verstorbenen überein. Geht man davon aus, daß der Herkunftsname Mestorff sich bereits zu einem über Generationen weitergegebenen Familiennamen verfestigt hatte, kommt als Träger der Initialen am ehesten wohl ein Onkel mütterlicherseits in Frage. In diesem Fall müßte man davon ausgehen, daß der Vater des Petrus Mestorff 1623 ebenfalls bereits verstorben war. Denkbar ist aber auch, daß der Vater des verstorbenen Jungen einen anderen, mit C beginnenden Zweitnamen führte.

INGENVVS wird äußerst selten als Epitheton in Grabinschriften verwendet. Die Hauptbedeutung ‚einheimisch‘ paßt hier nicht, da sie kein unterscheidendes Merkmal des Verstorbenen bezeichnet. Auch die Bezeichnung als ‚frei geboren‘ kann in einer Grabinschrift des 17. Jh. kaum gemeint sein. Auffällig ist, daß hier von einem INGENVVS ADOLESCENS, in dem einzigen bislang publizierten Parallelbeispiel von einem INGENVVS IVVENIS die Rede ist.3) Das deutet darauf hin, daß das Wort in diesem Zusammenhang im Sinne von ‚begabt, vielversprechend‘ zu verstehen sein mag. Möglich ist jedoch auch die Deutung als ‚ehrenhaft‘ o. ä., für die antike Belege vorliegen.4)

Textkritischer Apparat

  1. Kein Kürzungszeichen.
  2. Ligatur in Form eines Y.

Anmerkungen

  1. Hausmarke (Anhang Nr. 76).
  2. Eine Verwandtschaft mit dem Kanoniker des Cassiusstiftes Leonard Mestorff und seinem gleichnamigen Neffen ist nicht nachweisbar (vgl. Nr. 94).
  3. Vgl. DI 29 (Worms), Nr. 618 von 1607.
  4. Vgl. z. B. Cicero, 3. Phil. 11: „Nihil apparet in eo ingenuum, nihil moderatum, nihil pudens.“

Zitierhinweis:
DI 50, Bonn, Nr. 138 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di050d004k0013802.