Inschriftenkatalog: Stadt Bonn

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 50: Bonn (2000)

Nr. 119(†) Ippendorf, Stationsweg/Ippendorfer Allee 1616, 17. Jh.

Beschreibung

Bildstock mit Gebet, Bibelzitat, Kreuztitulus und Graffito. Bildstock in Form einer oben halbrund abschließenden Wand mit vorgesetzter Ädikula. Bereits 1894 stark zerfallen,1) 18982) und 19813) restauriert. Wand aus verputzten Hausteinquadern und Ziegelmauerwerk, Ädikula aus Basalt. Von der Ädikula eingerahmt ein Kreuzigungsrelief (Titulus C in ovaler Kartusche) mit Maria, Johannes und Maria Magdalena vor dem Panorama einer Stadt.4) Über dem Querbalken Sol und Luna. Engel fangen das Blut des Gekreuzigten in Meßkelchen auf. Das heute am Bildstock befindliche Relief ersetzt seit Ende des 19. Jh. das stark zerstörte Original, das ins Rheinische Landesmuseum verbracht wurde.5) Darüber eine runde Rollwerkkartusche mit Halbfigur Gottvaters in Wolken. Am Gesims das stark zerstörte, nicht mehr lesbare Chronogramm A, von dem heute nur noch jeweils der obere Abschluß der Buchstaben erhalten ist. Am Sockel eine querovale Rollwerkkartusche mit Inschrift B. Zwischen der ersten und zweiten Zeile ist in kleineren Buchstaben der Graffito D eingeritzt.

Inschrift A nach Clemen.

Maße: H. ca. 440, B. 142, Bu. 3,3 (B, C), 2 (D) cm.6)

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. A†

    PROPITIVS VENIAM DA PIE CHRISTE REIS

  2. B

    O VOS OM(N)ES QVI TRA(N)SITIS PER / VIAM ATTE(N)DITE ET VIDETE SI E(ST) / D[OL]OR [S]IMILIS SICVT DOLO[R ..]7)

  3. C

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)8)

  4. D

    WHIPP

Übersetzung:

Gewähre den Sündern gnädig Vergebung, gütiger Christus! (A)

O ihr alle, die ihr des Weges vorübergeht, achtet und schauet, ob es einen Schmerz gibt, der [meinem] Schmerz gleicht. (B)

Versmaß: Ein Pentameter (A).

Kommentar

Der ungewöhnliche Umstand, daß die Inschrift A nur aus einem Pentameter ohne vorhergehenden Hexameter besteht, erklärt sich wohl daraus, daß der Text ein Chronogramm bilden sollte und der Verfasser dadurch erheblichen Einschränkungen hinsichtlich der Textlänge und der Auswahl an Buchstaben unterlag. Das Chronogramm ergibt 1616 als Entstehungsjahr des Bildstocks. Seine Errichtung ist im Zusammenhang mit der Wiederbelebung der Wallfahrten zum Kreuzberg vor allem in Form von Prozessionen am Fest der Compassio Beatae Virginis und am Fest Kreuzerhöhung zu sehen.9) Eine Bedeutung des Graffitos D ist nicht erkennbar. Die Ausführung des verschränkten W in Ligatur mit H läßt darauf schließen, daß das (unvollständige?) Wort noch im 17. Jh. eingeritzt wurde.

Anmerkungen

  1. Maaßen, Dekanat Bonn-Stadt, S. 305.
  2. BJbb. 103, 1898, S. 171; vgl. auch StA Bonn, Pr 30/59n.
  3. Bonner Rundschau vom 30. 4. 1981.
  4. Die Köpfe der Maria und des Johannes waren in französischer Zeit abgeschlagen worden (siehe Clemen, S. 308).
  5. Schulten, S. 11 f.
  6. Die Buchstabenhöhe des Titulus konnte wegen der Höhe seiner Anbringung nicht vermessen werden.
  7. Lam 1,12.
  8. Nach Io 19,19.
  9. Vgl. Schulten und Nr. 123.

Nachweise

  1. Clemen, KDM, S. 308.
  2. Ingenhoven, Geschichte der Kreuzbergkirche, S. 4.
  3. Kaufmann, AHVN 34, S. 174.
  4. Kaufmann, Bilder aus dem Rheinland, S. 164.
  5. Schulten, Hl. Stiege, S. 11f.
  6. StA Bonn, Kleinere Denkmäler, Nr. 179.
  7. StA Bonn, Slg. Dietz 236.

Zitierhinweis:
DI 50, Bonn, Nr. 119(†) (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di050d004k0011904.