Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 824 Pfk. St. Bartholomäus 1632

Beschreibung

Grabtafel für Gotthard Voytl den Älteren und seine Ehefrau Maria, geb. Gruber, in der Vorhalle an der Südwand, vierte von Westen. Kalkstein. Im oberen Teil der Platte Schrift, darunter Wappen in hochovalem Medaillon, in den Zwickeln Laubwerk.

Maße: H. 38 cm, B. 31 cm, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno 1632 den 2 October Starb der Ehrnuest / Vnd Fürnemb Herr Gotthard Voytl, Hochfurst(lich) Dh(u)r(chlauch)t / zu Passau. Statt Richter zu Iltz, vnd Preusuerwalt=/=er daselb, Dan die Tugentsame Frau Maria einge=/=borne Grueberin sein Hausfrau, so den ⟨25 Marti⟩ / A(nn)oa) ⟨1649⟩ gestorben vnd alhie begraben ligen, denen /Gott genedig vnd Barmherzig sein wolle, Amen .

Wappen:
unbekannt1), unbekannt2).

Kommentar

Gotthard (I.) Voytl war ein Sohn des Ilzstadtrichters Georg Voytl und seiner Frau Magdalena Hofer3). Am 07. Juni 1590 erhielt er als Neubürger einen Beichtzettel anlässlich seiner Bürgeraufnahme4). Von Beruf war Gotthard Zillner5). 1599/1600 wurde er zum Rechtssprecher in der Ilzstadt designiert und übte dieses Amt 1601–1608 aus6). Er wurde 1609 fürstl. Bräuverwalter und Ilzstadtrichter7). Mit seiner Frau Maria Grueber hatte er fünf Kinder: die Söhne, Christoph, geb. 15968), und Gotthard (II.)9), sowie Leopold10) und die Töchter Ursula und Elisabeth11). Im Jahre 1605 erhielt er für sich, seine Frau Maria, geb. Grueber, und seine fünf Kinder die zum Innbrückenamt gehörigen Zehnten auf neun Jahre12).

Folgt man Eichhorn, so übte Gotthard (I.) das Ilzstadtrichteramt bis zu seinem Tode 1632 aus. Ihm folgte sein Sohn, Gotthard (II.), der 1654 verstarb13).

Folgt man jedoch Kellermann, so wurde der ersten Resignationsbitte von Gotthard (I.) im Jahre 1611 nachgegeben14). Darauf hätte sein Amtsnachfolger Gotthard (II.) Voytl das Amt übernommen und bis zu seinem Tode im Jahre 1631 ausgeübt (vgl. Nr. 822). Dieser Gotthard (II.) kann laut Kellermann – auf Grund des für einen Ilzstadtrichter vorauszusetzenden Lebensalters – kein Sohn Gotthards (I.) gewesen sein. 1632 ist Gotthard (I.) erneut als Hofkanzlist belegt und habe den zum Innbrückenamt gehörigen Zehnten erneut, diesmal zu Erbrecht, erhalten. Im selben Jahr sei er verstorben.

Die Argumentation Kellermanns würde die problematische Datierung der beiden überlieferten Grabplatten für die Ilzstadtrichter Gotthard (I.) und Gotthard (II.) gut erklären. Es stellt sich allerdings das Problem der großen Ähnlichkeit der Platten und des beide Male benutzten Voytl-Wappens, das eine gemeinsame Herkunft beider Ilzstadtrichter aus einer Familie voraussetzt.

Zusätzlich verkompliziert wird die Situation noch durch zwei Einträge im Traubuch des Domes15) und im Traubuch der Ilzstadt16). Ein Gotthard Voytl, fürstlicher Bräuverwalter zu Ilz und Ilzstadtrichter, heiratete laut Traubuch Dom am 05. Juni 1651 Maria Nilius, Bürgerstochter zu Passau. Dieser Gotthard (III.) wäre laut Eichhorn zu identifizieren mit dem 1630 geborenen Sohn des Leopold Voytl, Gastgeb und Förg zu Ilz, und der Christina, verw. Bergmann. Wenn Leopold mit dem 1605 genannten Sohn Gotthards (I.) identisch ist, was Eichhorn allerdings nicht belegt, so wäre Gotthard (III.) ein Neffe des – laut Eichhorn – Gotthard (II.) und ein Enkel des Gotthard (I.). Gegen die Annahme, Gotthard (III.) sei mit dem Sohn des Leopold identisch, spricht nun zum einen, dass er – 1630 geboren – bereits mit 21 Jahren Ilzstadtrichter gewesen wäre, zum anderen ist im Traubuch Ilz für den 14. September 1651 die Eheschließung des Gotthard Voytl, Urfahrförg, Sohn der verstorbenen Leopold und der Christina Voytl, mit Eva, der Tochter des Matthias Sibenzehnribls und seiner Frau Apollonia aus Vilshofen belegt.

Dies eröffnet nun folgende Möglichkeiten:

1) Gotthard (II.) war – wie Eichhorn postuliert – von 1632 bis zu seinem Tode 1654 Ilzstadtrichter und heiratete 1651 noch einmal, nämlich Maria Nilius. Dann hätte es überhaupt nur zwei Gotthard Voytls – Vater und Sohn (I. und II.), die Ilzstadtrichter waren – gegeben.

2) Es gab nach Kellermann tatsächlich zwei Ilzstadtrichter namens Gotthard (I. und II.), die nur weitläufig verwandt waren und von denen der eine Gotthard (I.) von 1609 bis 1611 Ilzstadtrichter war und 1632 gestorben ist. Er war mit Maria, geb. Gruber, verheiratet. Ihm folgte Gotthard (II.), verehelicht mit Anna Elisabeth, geb. Beryll, der das Amt bis zu seinem Tod 1631 ausübte. Ihm folgte, vielleicht schon 1632, jedenfalls jedoch vor 1651, dem Jahr, in dem er Maria Nilius heiratete, Gotthard (IV.), der das Amt bis zu seinem Tod 1654 ausübte. Er könnte vielleicht mit dem im Revers von 1605 belegten Sohn Gotthard des Gotthard (I.) identisch sein. Kein Ilzstadtrichter wäre demnach der als Urfahrförg belegte Gotthard (III.), Sohn des Leopold und der Christina, verw. Berckmann, gewesen.

Textkritischer Apparat

  1. o hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Geteilt, oben ein bekrönter Mann einen Falken auf der Hand, unten eine Krone vor zwei gekreuzten, natürlichen Lilien.
  2. Schrägbalken mit einem Löwen belegt von zwei zum Balken hin ausgerichteten, natürlichen Kronen beseitet. Helmzier: Halbfigur eines bekleideten Mannes, eine Fahne in der Rechten.
  3. Vgl. Nr. 692.
  4. Vgl. Eichhorn, Beichtzettel 182, 187.
  5. Vgl. ebd. 258.
  6. Vgl. ebd. 378–384.
  7. Vgl. ebd. 319f.; Kellermann, Ilzstadtrichter 7.
  8. Vgl. Nr. 850.
  9. Vgl. Nr. 822.
  10. Vielleicht zu identifizieren mit dem in der Neubürgerliste von 1628 genannten Gastwirt und Förg zu Ilz Leopold Voitl. Er ehelichte im selben Jahr Christina, verw. Bergmann.
  11. Vgl. Heider, Regesten Nr. 158.
  12. Ebd. Nr. 157.
  13. Eichhorn, Beichtzettel 320.
  14. Kellermann, Ilzstadtrichter 7f.
  15. Vgl. Eichhorn, Beichtzettel 357 Anm. 10.
  16. Vgl. Kellermann, Ilzstadtrichter 9.

Nachweise

  1. Kellermann, Ilzstadt VI, 30.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 824 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0082400.