Inschriftenkatalog: Stadt Wiesbaden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 51: Wiesbaden (2000)

Nr. 119 Wiesbaden-Biebrich, Ev. Hauptkirche 1694

Beschreibung

Epitaph des Pfarrers Christoph Wittig und seiner Ehefrau Margaretha Katharina, geb. Stephani, ehemals an der äußeren Südwand der Kirche angebracht, heute in der Turmhalle. Tafel aus grauem Marmor; in der Mitte eine geschweifte Kartusche mit 19zeiliger Grabinschrift mit Bibelzitat (A), im Unterhang eine vierzeilige gereimte Inschrift (B). Im giebelartigen Aufsatz Kruzifix mit Titulus (C), daneben zwei Zeichen in Kranzmedaillons, religiöse Symbole oder Wappen. Dreiecke sind Worttrenner.

Maße: H. 141, B. 91, Bu. 2-3 (A), 1 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Yvonne Monsees) [1/2]

  1. A

    CHRISTOPH · WITTICH / GEWESENER, / PFARRER · ZU · STRINTZ · 15 · ZU MOSBACH · 22 · UND · ½ / IAHR / GEBOHREN · ZU · FRANCKENTHAL · IM · VOGTLAND · IM · IAHR / 1623 DEN · 12 · CHRISTMONATa) / EHLICH · VERTRAUET · MIT · MARGARETHA · CATH(ARINA) · GEBOHRNE · / STEPHANIN · 1659 · WELCHE · GESTORBEN · DEN · 16 · (NOVEM)BRISb) · 1694 : / ENTSCHLAFFEN · ZU · MOSBACH · IM · IAHR · 1693 DEN 17: / WEINMONATc) · SEINES · ALTERS · 70 · IAHR · WENIGER · 8 · WOCHEN / CHRISTLICHE · ANDACHTEN · WELCHE / DER · IN · GOTT · RUHENTE · IN · SEINEM · LEBEN · SONDERLICH · BETRACHTET · / VND · NUN · CHRISTLICHEN · ANDENCKEN · HAT · AUFSETZEN · LASEN · SIND / 1. SEIN · SÜNDLICHE · GEBURT · IN · ADAM · / 2. SEIN · SÜNDLICHES · LEBEN · IM · FLEISCH · / 3. SEIN · SEELIGES · STERBEN · IN · IESU · / DER · ANTRITTS= ABSCHIEDS · UND · LEICHTEXT · / IOH · 16 · VERS: 5 · / NUN · ABER · GEHE · ICH · HIN · ZU · DEM · DER · MICH · GESAND · HAT ·1)

  2. B

    HIER LIEGT DAS LIEBE PAARd) ·WELCHES · 34 · IAHR ·IN · DEM · EHSTAND · HAT · GELEBTNUN · ABER · IN · DEM · HIMMEL · SCHWEBTe) ·

  3. C

    I(ESUS) · N(AZARENUS) · R(EX) · I(UDEORUM)2)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

 
Wappen(?):
unbekannt3); unbekannt4).

Kommentar

Die Kapitalis zeigt erhöhte Versalien. Nur in G mit eingestellter und R mit geschwungener, steilgestellter Cauda stimmt die Schrift mit jener vorangehender Denkmäler überein; der Mittelteil des M ist nicht regelmäßig so tief heruntergezogen wie bei jenen, außerdem sind neben linksschrägen auch rechtsschräge Schäfte verstärkt.

Das Epitaph wurde nach dem Tod der Pfarrersfrau angefertigt; bei ihren Sterbedaten in Inschrift (A) gibt es keinen Hinweis auf einen Nachtrag, und Inschrift (B), die offenbar in einem Zuge mit Inschrift (A) entstand, benennt das Ehepaar gemeinsam. Das Denkmal zeigt in Aufbau, Schriftform und Material Ähnlichkeiten zu dem Grabdenkmal des Mosbacher Pfarrers Gottfried Martin Weinrich (Nr. 126).

Christoph Wittig5) war ab 1657 bis 1672 Pfarrer in Strinz-Trinitatis und anschließend bis zu seinem Tode Pfarrer in Mosbach. 1659 verehelichte er sich in Idstein mit Margaretha Katharina Stephani, Tochter des Kanzleirates in Weilburg Lic. jur. Johann Casimir Stephani.

Von Wittig ist seine Anzeige vom 8. August 1672 bekannt, die er in Idstein aufgrund von Anschuldigungen eines zehnjährigen Mädchens gegen die 72jährige Mosbacher Bürgerin Katharina Voll wegen angeblicher Hexerei erstattete.6) Diese wurde dann am 16. Dezember 1676 hingerichtet. In seine Amtszeit fielen auch die Plünderung der Kirche und die Zerstörung der drei vorhandenen Glocken in den Auseinandersetzungen zwischen dem Reich und Frankreich.7) Um die Kosten für den Neuguß zusammenzubringen, rief Pfarrer Wittig die Gemeinde zu freiwilligen Spenden auf; die Glocken wurden daraufhin 1677/78 neu gegossen. Ihre Inschriften sind freilich nicht bekannt. Auch die Orgel konnte ein Jahr vor Wittigs Tod neu angefertigt werden.

Textkritischer Apparat

  1. Das ist Dezember.
  2. Befund 9BRIS.
  3. Das ist Oktober.
  4. Korrigiert aus verhauen PARR: Der rechte Schaft des A wurde in das R eingehauen, der Schaft des R bildet zugleich den linken Schaft des A.
  5. C klein auf Zeilenmitte nachgefügt.

Anmerkungen

  1. Joh 16,5, als Leichtext vermerkt, vgl. Stern/Stern, Die ältesten Biebricher-Mosbacher Kirchenbücher 244 Nr. 376. Zur Witwe vgl. ebd. 245.
  2. Nach Joh 19,19.
  3. Ein Agnus Dei.
  4. Ein Herz mit drei Pfeilen. Es handelt sich aber nicht um das Wappen Stephani, das aus Siegelabdrücken 1615-18 mehrfach belegt ist und auch - etwas abgewandelt - auf einem Grabstein in Ottweiler und auf weiteren Siegeln einzelner Familienmitglieder vorkommt, freundl. Hinweis Dr. Hellmuth Gensicke vom 21. August 1999. Nach dessen Zeichnung des Siegels von Johann Casimir Stephani handelt es sich um eine Art Rost mit hinterer Fußstrebe, kreuzförmig.
  5. Freundl. Hinweise zu seiner Person von Dr. Hellmuth Gensicke vom 5. August 1999, auch zum Folgenden.
  6. Vgl. Faber, Moskebach 37f., auch zum Folgenden.
  7. Vgl. Ecclesia in Mussebach 60f.

Zitierhinweis:
DI 51, Wiesbaden, Nr. 119 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di051mz05k0011902.