Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 412† St. Marien 1648 o. später

Beschreibung

Schrifttafeln zu einer Holzskulptur Christi als Schmerzensmann, die hinter dem Chor1) angebracht war. Figur und Tafeln waren schon im Jahr 1836, als Zober die Marienkirche beschrieb, nicht mehr vorhanden. Über der Figur eine Tafel mit Inschrift A, darunter B.

Inschriften nach Hs. 245.

  1. A

    Anno 1597 d(en) 3 Julii hat Gottes Feüerwetter in Sankt Marien-Kirche geschlagen da es am 16 Juliia) Blut geregnet Anno 1647 d(en) 10 Aug(usti) schlug Gottes Wetter unter dem Knopf in der grossen Spitzeb) da diese Kirche von oben biß zu Grund ausc) brannte A(nn)o 1648 d(en) 10 Aug(usti) ward Gottlob wieder darinn geprediget

  2. B

    Da Gott in dieser Kirch mit seinen Donner-RuthenSchlug Zweimahl jäm(m)erlich hat Christi schmertzlichs BlutenGros Gnad auf Zorn erzeigt kein Mensche geh vorbeyDer nicht erseüfz ihn lieb und hinfort frömmer sey

Versmaß: Alexandriner (B).

Kommentar

Da Zober die Figur in der Marienkirche 1836 nur noch aus einer handschriftlichen Notiz kannte, verwies er auf die bis heute erhaltene, wohl vergleichbare Figur des Schmerzensmannes in St. Nikolai an der Chor-Nordseite. Diese farbig gefasste Holzskulptur entstand in der Mitte des 14. Jahrhunderts oder wenig später und wurde nach der Reformation geringfügig umgearbeitet.2) Später wurden diesem Andachtsbild Verse beigegeben, die mit denen für St. Marien (B) weitgehend übereinstimmen3) und in denen die Überzeugung formuliert wird, die Passion Christi habe nach Blitzeinschlägen in der jeweiligen Kirche schlimmes Unheil verhindert. Während die Verse in der Marienkirche durch die chronikalische Inschrift A ergänzt wurden, in denen von Unwettern 1597 und 1647 die Rede ist,4) werden als Anlässe für die Inschrift in St. Nikolai Blitzeinschläge vom 29. Juni und 20. November 1670 genannt.5) Zu den Wiederaufbauarbeiten an der Marienkirche 1647/1648 vgl. Kat.-Nr. 405.

Textkritischer Apparat

  1. Julii] Junii Zober.
  2. in der grossen Spitze] Fehlt Zober, stattdessen steht [ein].
  3. zu Grund aus] unten an Zober.

Anmerkungen

  1. Nach StA Stralsund, Hs. 245, S. 52 Nr. 3, handelte es sich um einen blutende[n] Jesus in Bild gehauen, der hinter dem Chor gegen Osten angebracht war.
  2. Dazu Weitzel, St. Nikolai, S. 92–95; Kunkel, Werk, S. 369f. (mit Datierung um 1400 in Anlehnung an Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 485); dazu S. 295 (Tf. VII).
  3. Verse in St. Nikolai: Alß Gott in dises Hauß mit seiner Do(n)ner=Ruthen / Schlug Zweymal binne(n) Jahrs hat Jesu Schmertz v(nd) bluthe(n) / Groß vnheil hier gewand. Kein Sünder geh vorbey, / Der nicht erseüfftz, Jhn lieb, v(nd) Künfftig fro(m)mer sey.
  4. Worauf sich die angeblich inschriftlich dokumentierte Erneuerung des Bildwerks im Jahr 1597 (so Weitzel, St. Nikolai, S. 94f.) bezieht, ist nicht ersichtlich.
  5. Vgl. Hagemeister, Nikolaikirche, S. 13: Aus Dankbarkeit hätten Nikolaus Arpe und Katharina Schönfeld das Andachtsbild 1671 erneuern lassen. Ebenso StA Stralsund, Hs. 245, S. 10f. Nr. 14; StA Stralsund, Hs. 303, Bl. 26v.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 245, S. 52f. Nr. 3.
  2. Zober, Marienkirche, S. 227.
  3. Weitzel, St. Nikolai, S. 94 (B).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 412† (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0041200.