Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 410 Stralsund Museum 1647

Beschreibung

Willkommpokal der Bäcker.1) Zinn. Der leicht schiefe Pokal mit zwei Henkeln und abnehmbarem Deckel steht auf einem Fuß mit geteilter Zarge und Profil. Die Wandung verjüngt sich im Mittelteil und wird oben und unten von zwei Wülsten begrenzt. Der gewölbte Deckel mit zwei Graten und zwei Wülsten endet mit einem ovalem Knauf. Inschrift A ist auf dem oberen Wulst der Wandung angebracht, Inschrift B auf einer Seite der Wandung; auf der gegenüberliegenden Seite das von zwei Löwen gehaltene Wappen der Bäcker. Die Buchstaben sind nur schwach und unregelmäßig graviert, die Worttrenner in Inschrift B punkt-, kreuz- und sternförmig.

Maße: H. 34 cm (mit Deckel), Dm. 10,8 cm (oben), 12 cm (unten). Bu. 0,5 cm (A), 0,4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Jürgen Herold [1/4]

  1. A

    ˑ MARTEN [M]OLLER ˑ ‎// ˑ MICHEL ˑ SCHWINNEMANE

  2. B

    TRINCK ˑ VNDT ˑ TRINCK ˑ NICHT ˑ ZV ˑ VIEL ˑ ‎/ SONDER ˑ HALDT ˑ MAES ˑ VNDE ˑ ZIEL ˑ ‎/ WEN ˑ DV ˑ ES ˑ VERBRIECHST ˑ AN ˑ DIE ˑ HENSE ˑ KLEIN ˑ ‎/ DAS ˑ ES ˑ DIECH ˑ NIECHT ˑ WIERDT ˑ ZV ˑ WIEDERN ˑ SEIN ‎/ˑ DAS ˑ DV ˑ KANST ˑ WIESSEN ˑ WAS ˑ DV ˑ REDEN ˑ WOLDT ˑ ‎/ˑ WEN ˑ DV ˑ VORS ˑ LACH2) ˑ KOMMEN ˑ SOLDT3) ˑ ‎/ 16ˑ47 ˑ

Übersetzung:

(B) Trink, doch trinke nicht zu viel, sondern bewahre Maß und Ziel. Wenn du es verschwendest an die Hansel (Wirte?), dass es dir nur nicht schadet; damit du (noch) weißt, was du sagen wolltest, wenn du (wieder) vor die Tür trittst.

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Wappen:
Bäckerzunft4)

Kommentar

A-Balken teilweise gebrochen, H-Balken mit Ausbuchtung nach unten, I mit strichförmigem Nodus. Bei Marten Möller und Michel Schwinemann handelt es sich wahrscheinlich um die Älterleute des Bäckeramts. Ein Marten Möller erwarb 1615 das Bürgerrecht.5) Ein Michel Schwinemann wurde am 6. Mai 1658 in St. Nikolai bestattet;6) ob es sich dabei um den auf dem Willkommpokal genannten Bäcker oder den gleichnamigen Postboten handelt, der sich 1644 verheiratete, bleibt unklar.7)

Anmerkungen

  1. Stralsund Museum, Inv.-Nr. 1927:0227.
  2. LACH vielleicht regionalspezifisch für ‚Loch‘ als ‚Tür‘, im weiteren Sinne für den öffentlichen Raum.
  3. Für Hinweise zur Bedeutung dieses Spruchs danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Arbeitsstelle Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (7. Juli 2015).
  4. Als Wappen der Bäcker um eine Walze gebundener Teig (Baumkuchen?) begleitet von zwei Spitzwecken oben sowie einer Brezel und einem dreieckigen Wecken unten.
  5. Nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche (2.7.2015).
  6. PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.). – Erstaunlicherweise werden weder Marten Möller noch Michel Schwinemann in einem Verzeichnis der zwischen 1618 und 1646 neu aufgenommenen Mitglieder des Bäckeramtes genannt; vgl. StA Stralsund, Rep. 16 Nr. 98 (Bäcker).
  7. Vgl. Schubert, Trauregister 6, S. 29 (Nr. 1165).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 410 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0041006.