Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 384† Rathaus 1640

Beschreibung

Gemälde(?) über einer Tür an der Ostseite der Ratsstube, darauf die Inschriften in goldenen Buchstaben.

Inschriften nach Hs. 245.

  1. A

    SI DEUS PRO NOBIS QUIS CONTRA NOS1) Anno Salutis Humanaea) M D CXXIIX

  2. B

    Attrahit obsidium Maius Juliusq(ue) resolvitSunda Tibi virtus hoc operata DeiBellum averte Deus post haec sed tempore pacisDe bello urbs felix cogitat arma parans

  3. C

    In DEI TER OPTIMI MAXIMI gloriam perennem Inclytorum et prudentissimorum REGUM SEPTENTRIONALIUM ob opem sedulo praestitam honorem et laudem debitam CANDIDAE POSTERITATIS memoriam emolumentum ut et Concordiae armorumq(ue) parandorum adhortationem MONUMENTUM HOC POSITUM Cum Armamentarium reparari inceptum Consulibus D(omino) Christoph Kraut(hof) H(er) Zutpheld Hoyer Hof:b) H(er) Nicolao Elver H(er) Theodoro Meyer Inspectoribus H(er) Johann Buchow Johann v(on) Sch[e]ven H(er) Joach(im) Pansow MDCXL Susceptore favente nihil valet invidia2)

Übersetzung:

(A) Wenn Gott für uns ist, wer kann gegen uns sein. Im Jahr des Heils der Menschheit 1628.

(B) Belagerung bringt für dich, Stralsund, der Mai, und der Juli hebt sie auf; die Kraft Gottes hat das bewirkt. Den Krieg wende ab, Gott; danach aber, in der Zeit des Friedens, denkt die glückliche Stadt über den Krieg nach und versieht sich mit Waffen.

(C) Zum ewigen Ruhm des dreifach besten und höchsten Gottes, zur Ehre und zu gebührendem Lob der ruhmvollen, allerklügsten Könige des Nordens (Schwedens) für die eifrig erwiesene Hilfe, zur Erinnerung und zum Nutzen der glänzenden Nachwelt, als Ermahnung sowohl zur Eintracht wie als Aufruf, Waffen bereit zu halten, wurde dieses Denkmal errichtet, als man begann, das Waffenarsenal wiederherzustellen, unter den Bürgermeistern Herr Christoph Krauthof, Herr Zutpheld Hoyer (...), Herr Nikolaus Elver, Herr Theodor Meyer und unter den Inspektoren Herr Johann Buchow, Johann von Scheven, Herr Joachim Pansow. 1640. Wenn einem der Beschützer (Gott) wohl will, richtet der Neid nichts aus.

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Kommentar

Vermutlich gehörten die Inschriften zu einem Gemälde, auf dem die Belagerung Stralsunds im Jahr 1628 dargestellt war. Auf dieses Ereignis bezieht sich der erste Teil von Inschrift B: Nachdem Herzog Bogislaw XIV. von Pommern im November 1627 gezwungen worden war, der Stationierung kaiserlich-katholischer Truppen in seinem Territorium zuzustimmen (Franzburger Kapitulation), wurden solche u. a. auf die Insel Dänholm vor Stralsund geschickt, um den größten Hafen Pommerns abzusichern. Diese Truppen wurden im April 1628 durch Seeleute und Schiffer wieder vertrieben. Auf Befehl Wallensteins begann daher am 15. Mai 1628 die Belagerung der Stadt. Dieser konnten die Stralsunder dank dänischer und vor allem schwedischer Hilfe standhalten, die kaiserlichen Truppen zogen im Juli 1628 ab.3) Die protestantische Devise A feiert den Sieg über das katholische Heer. Bei dem in Inschrift C angesprochenen Waffenarsenal handelt es sich wohl um einen Befestigungsbau, den die Stadt nach 1630 errichten ließ, um ihren Bündnisverpflichtungen gegenüber König Gustav II. Adolf von Schweden nachzukommen.4)

Zu Christoph Krauthof, Bürgermeister 1627–1655, vgl. Kat.-Nr. 356. Zu Joachim Pansow († 1659) vgl. Kat.-Nr. 370. Zutpheld Hoyer, zu Lüssow (Ldkr. Vorpommern-Rügen) erbgesessen, wurde 1620 Ratsherr und Gerichtsherr, 1629 Bürgermeister. Im Jahr 1628, als sich die Belagerung der Stadt ankündigte, wurde er Mitglied des städtischen Kriegsrats. Seine Eltern waren der Bürgermeister Bertram Hoyer († 1612) und Margareta Buchow. Verheiratet war er mit Regina Parow († 1665), Tochter des Bürgermeisters Henning Parow (Kat.-Nr. 141). Er starb am 4. Juli 1640.5)

Der Jurist Nikolaus Elver wurde am 15. Mai 1590 geboren und starb am 14. Januar 1655. Sein Vater war der Greifswalder Ratsherr und Amtshauptmann von Eldena Abraham Elver († 1622).6) Nikolaus studierte 1607 an der Universität Greifswald7) und unternahm eine Bildungsreise nach Italien und Frankreich.8) Am 16. September 1623 heiratete er die Witwe Barbara Tessin,9) mit der er den Sohn Nikolaus hatte (Kat.-Nr. 216); Barbara wurde am 19. August 1630 in Stralsund (St. Nikolai) bestattet. Im Jahr 1630 wurde Elver Ratsherr, 1632 Gerichtsherr, 1634 Bürgermeister.10) In seinem Todesjahr 1655 wurde ein Porträt angefertigt, das bis heute im Rathaus hängt. Am 26. Februar 1655 wurde er in St. Nikolai bestattet.11)

Theodor Meier (*13. Mai 1603, † 16. November 1670) war ein Sohn des gleichnamigen Greifswalder Syndikus und mecklenburgischen Rates.12) Bis 1629 studierte er an den Universitäten Greifswald, Rostock und an der Juristischen Fakultät in Straßburg.13) Im Jahr 1637 wurde er Stralsunder Ratsherr, bald danach Bürgermeister. Er gehörte zu einer städtischen Abordnung, die 1641 nach Stockholm zu Königin Christina von Schweden reiste, war seit Februar 1631 verheiratet mit Margarete, Tochter des Gewandhaus-Altermanns Henning Andreae, und wohnte in der Külpstraße.14) An Weihnachten 1647 erwarb er eine Begräbnisstätte in St. Nikolai.15)

Johann Buchow, seit 1616 Altermann des Gewandhauses, seit 1629 Ratsherr, später auch Provisor von Heilgeist (Kat.-Nr. 392), verstarb 1645. Er war verheiratet mit Dorothea, Tochter des Bürgermeisters Melchior Prütze († 1581, Kat.-Nr. 183), und mit Ilsabe Schlichtkrull, Tochter des Anklamer Ratsherrn Peter Schlichtkrull. Seine Eltern waren Bartholomäus († 1588) und Ilsabe Buchow.16)

Der Kaufmann Johann von Scheven, „aus der Mark gebürtig“, wurde 1629 Ratsherr, starb am 15. November 1643 und wurde am 22. November in St. Nikolai beerdigt.17) Wahrscheinlich gehörte ihm die Grabplatte Kat.-Nr. 317 (1627). Seine Eltern waren Jürgen von Scheven und Maria von Westereichen, verheiratet war er mit Maria von Queren.18)

Textkritischer Apparat

  1. Humanae] Romanae Hs. 245.
  2. Hof:] Die Bedeutung dieses (abgekürzten?) Wortes bleibt unklar.

Anmerkungen

  1. Rm. 8,31.
  2. Vgl. Walther (Hg.), Proverbia 7, Nr. 36180b (Deo dante nil valet invidia ...).
  3. Vgl. dazu ausführlich Langer, Innere Kämpfe, S. 155–167.
  4. Dazu Hacker, Stralsund 1630, S. 169.
  5. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 237–240; StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 96a–97.
  6. Vgl. DI 77 (Greifswald), Nr. 140.
  7. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 1607. An weiteren bei Dinnies genannten Studienorten (Rostock und Leipzig) lässt Nikolaus Elver sich nicht nachweisen; vgl. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 275f.
  8. Vgl. dazu das anlässlich seiner Rückkehr nach Greifswald publizierte Glückwunschgedicht; Lange, Vitae Pomeranorum, S. 84.
  9. Schubert, Trauregister 6, S. 2 (Nr. 19).
  10. Biografische Informationen, soweit nicht anders nachgewiesen, nach StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 274–277; StA Stralsund, Hs. 366 (Dinnies, Stammtafeln 3), S. 31a–32. Zu einem um 1650 für Nikolaus Elver verfassten Ehrengedicht vgl. Lange, Ergänzungen 1905, S. 75.
  11. Die Bestattungsdaten nach PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.).
  12. Vgl. DI 77 (Greifswald), Nr. 292.
  13. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 442 (1620); Matrikel Rostock 3, S. 46 (1622); Matrikel Straßburg 2, S. 219 (1627). – An den bei Dinnies ebenfalls genannten Hochschulen Jena, Leipzig und Leiden lässt Theodor Meier sich nicht nachweisen;
  14. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 298–303; StA Stralsund, Hs. 366 (Dinnies, Stammtafeln 3), S. 41a–42; das Datum der Trauung nach Schubert, Trauregister 6, S. 6 (Nr. 186).
  15. PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.). – Bereits am 7. Juli 1637 war eine Tochter, am 10. Januar 1641 ein Sohn Theodor Meiers in St. Nikolai bestattet worden.
  16. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 252–254; StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 13a–14.
  17. Nach Lange, Vitae Pomeranorum, S. 292, starb Johann von Scheven am 19. November 1643. Das Bestattungsdatum nach PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.).
  18. Biografische Angaben, wo nicht anders nachgewiesen, nach StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 265–268; StA Stralsund, Hs. 366 (Dinnies, Stammtafeln 3), S. 26a–27.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 245, S. 123f. Nr. 1.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 384† (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0038401.