Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 365 Heilgeistkirche und -hospital 1637

Beschreibung

Weinkanne. Silber, teilweise vergoldet. Zweifach profilierter Fuß. Auf dem Standring das Beschauzeichen der Stralsunder Goldschmiede1) und ein nicht identifiziertes Meisterzeichen (M23).2) Kannenkorpus in der Mitte kugelförmig, geteilt durch einen vergoldeten Ring, darüber ein dünner Kannenhals, der ebenfalls durch vergoldete Ringe gegliedert wird. Mit einfachem Henkel; am gewölbtem Deckel mit Knauf eine Daumenrast in Form einer unbekleideten weiblichen Gestalt, leicht beschädigt. Der s-förmig geschwungene Ausguss ist durch einen Steg mit dem Kannenhals verbunden, die Kanne mit gravierten Blumen und Früchten verziert. Die Inschriften A und B sind umlaufend in den unteren Teil des Gefäßes graviert. Zu Beginn von Inschrift A eine aufrechte Blume, nach VEREHRET ein liegender Zweig und vor der Datumsangabe (DEN) eine kleine Blüte.

Maße: H. 38,5 cm, Dm. 11,7 cm (Fuß), 8,5 cm (Mündung). Bu. 0,3 cm (A, B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Jürgen Herold [1/8]

  1. A

    ˑ AVS ˑ HERTZLICHER ˑ LIEBE ˑ O ˑ HERR ˑ MEIN GOTT ˑ ZU DEINEM HEILIGEN WORT ˑ EHREN ˑ ‎/ ˑ VND HOCHWV̈RDIGEN ABENDMAL ˑ HABEN ˑ WIR ˑ ENDSBENANDTE ˑ EHELEV̈TE ˑ VON ‎/ ˑ DEN ˑ VNS VON DIR ˑ BESCHERETEM ˑ SEGEN ˑ DIESE ˑ KANNE ˑ KELCH ˑ VND ˑ DECKEL ˑ ‎/ ˑ AVFS ˑ HEILIGEN GEISTES ˑ ALTAR ˑ ZUM STRALSUND VEREHRET ˑ ‎/ DEIN ˑ FLUCH ˑ WIRD ˑ DEMSELBEN ˑ ANKLEBEN ˑ DER ˑ ES ˑ DARVON ˑ VEREÜSERT ˑ ‎/ DEN ˑ VII ˑ AUGUSTI ˑ ANNO ˑ 1637 ˑ HANS ˑ FRILE ˑ MARGARETA ˑ ZARNEKEN

  2. B

    ˑ DIE ˑ KANNE ˑ 66 LOT ˑ 2 QV̈ENTIN ˑ

Kommentar

Das Ehepaar Hans Frile und Margarete Zarneke stiftete für die Heilgeistkirche ein vollständiges Abendmahlsgeschirr, zu dem neben der Kanne auch ein Kelch und eine Patene gehören (Kat.-Nr. 362, 364). Zwar weisen die Kanne und der Kelch unterschiedliche Meisterzeichen auf, die Inschriften auf allen drei Objekten wurden aber von derselben Hand graviert. Sie zeichnen sich durch gelegentliche Verdoppelungen von Schäften, Balken und Schrägbalken, deutliche Sporen, lang ausgezogene, gebogene linke (Schräg-)schäfte bei A, M und V sowie durch geschwungene Schrägbalken an K und R aus. Die Ziffer 1 ist oft mit einem langen Anstrich ausgeführt. Diese Charakteristika lassen sich wahrscheinlich dem Goldschmied Marten Diederich zuweisen.3) Auf der Weinkanne (Inschrift A) kommt, anders als in den übrigen Inschriften des Marten Diederich, neben V auch U vor. Typisch für die Graphie V mit Umlautpunkten dieses Meisters ist, dass V in diesen Fällen kleiner ausgeführt wird als die übrigen Buchstaben.

Im Jahr 1636 wird Hans Frile als Administrator von Heilgeist genannt.4) Eine Person dieses Namens bezahlte für eine Begräbnisstätte in der Nikolaikirche am 30. Mai 1648 450 Mark. Am 6. Juni 1651 wurde dort seine Ehefrau bestattet.5)

Anmerkungen

  1. Scheffler, Goldschmiede, Nr. 928.
  2. Es handelt sich bei diesem Meisterzeichen nicht um zwei gekreuzte Schlüssel; so Oltmanns, Abendmahlsgerät, S. 124 (Nr. 331).
  3. Zu den zahlreichen Arbeiten dieses Goldschmiedes in Stralsund vgl. die Einleitung, Kap. 7.3 und 7.5.
  4. StA Stralsund, Urkunden Kloster Heilgeist Nr. 266 (nach StA Stralsund, General-Register, 8.7.2015).
  5. PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.).

Nachweise

  1. Oltmanns, Abendmahlsgerät, S. 124 (Nr. 331).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 365 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0036506.