Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 358(†) St. Nikolai 1636, 1638

Beschreibung

Gemälde (1636), nachträglich in das Epitaph für Superintendenten Georg Zeämann (1638) eingefügt. Tempera auf Holz. An der Nordseite der südlichen Turmhalle. Im 18. Jahrhundert an einem südlichen Langhauspfeiler, um 1900 am zweiten nördlichen Pfeiler.1) Das Epitaph setzt sich zusammen aus einer Bild- und einer darunter angebrachten Schrifttafel; beide übermalt bzw. zu einem unbekannten Zeitpunkt vollständig erneuert.2) Auf der Bildtafel ein halbfiguriges Porträt des bärtigen Verstorbenen, bekleidet mit Talar und Halskrause. Er steht an einem Tisch und hält ein Buch in den Händen, auf dem Tisch ein Lesepult. Inschrift A verteilt auf die drei waagerechten Rahmenleisten, Inschrift B in zentrierten Zeilen auf einer Schrifttafel unterhalb des Porträts. Die Inschriften sind gemalt. Inschrift A teilweise, B vollständig erneuert.

Maße: H. 180 cm, Br. 116 cm. Bu. 3,5–3,7 cm (A), 1,6–2,8 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis und humanistische Minuskel, beide mit Versalien.

Jürgen Herold [1/2]

  1. A

    AMOris hoc monumentum posuerunt D(omi)n(us) D(octor) ‎// JOHANNES PRELLERVS ˑ MYROPOLA et ˑ ‎// ZACHARIAS MAVSS PICTOR 1636.

  2. B

    GEORGIVS ZEAEMANN. ‎/ HORNBACI IN DUC(ATU) BIPONT(IUM) XVII. MAII A(NNO)a) M. D. LXXX. NATUS. ‎/ WITEBERGAE XXVII. MART(II)b) A(NNO) M. D. XCIX. PHILOS(OPHIAE) MAG(ISTER) ‎/ TUBINGAE XV. MAII A(NNO) M. D CIV.c) THEOL(OGIAE) DOCT(OR) CREATUS. ‎/ LAVINGAE AB A(NNO) M. D. C.III. USQUE XVIId) SCHOLARCHA ET PROR(ECTOR)e) SCHOL(AE) ‎/ HINC USQUE M. D. C.XXX. INCLUSIS CAPTIVITATIS EHREN:‎/BERG(AE) LXII HEBDOMAD(IBUS) ECCLESIAE CAMPIDON(ENSIS) PASTOR. ‎/ POST STRALSUNDENS(IS) ECCLES(IAE) SUPERINTENDENS. ‎/ VERITATIS EVANGELICAE CONFESSOR. ‎/ PLACIDE IN CHRISTO JESU SUO OBDORMIVIT 1638 d(ie) 5f) Sept(embris)

Übersetzung:

(A) Dieses Denkmal der Zuneigung errichteten Herr Dr. Johannes Preller, Apotheker, und der Maler Zacharias Maus 1636.

(B) Georg Zeämann wurde in Hornbach im Fürstentum Zweibrücken am 17. Mai im Jahr 1580 geboren, in Wittenberg am 27. März im Jahr 1599 zum Magister der Philosophie, in Tübingen am 15. Mai im Jahr 1604 zum Doktor der Theologie ernannt. In Lauingen war er seit dem Jahr 1603 bis (16)17 Aufseher und Prorektor der Schule, hierauf bis 1630 – einschließlich 62 Wochen Gefangenschaft in Ehrenberg – Pfarrer der Kirche von Kempten, danach Superintendent der Kirche von Stralsund, ein Bekenner der Wahrheit des Evangeliums. Friedlich entschlief er in seinem Christus Jesus 1638 am 5. September.

Kommentar

Georg Zeämann aus Hornbach (Ldkr. Südwestpfalz, Rheinland-Pfalz) wurde am 17. Mai 1580 als Sohn des Pfarrers und Gymnasialprofessors Christoph Zeämann und der Anna Rothaar geboren. Nach dem Schulbesuch in Hornbach und Lauingen schloss er 1599 sein Studium in Wittenberg mit dem Magistergrad ab, das Studium in Tübingen als Doktor der Theologie 1604.3) Bereits seit 1603 war er Professor der Theologie am Gymnasium in Lauingen (Ldkr. Dillingen, Bayern). Seit dem 4. Oktober 1603 war er verheiratet mit Ursula Heilbronner († 3. Januar 1651). Fünf ihrer Kinder, vier Töchter und ein Sohn, erreichten das Erwachsenenalter. Sein Schwiegervater Jakob Heilbronner war Hofprediger des Herzogs Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg. Zeämann zeichnete sich durch großes Engagement gegen die Jesuiten aus. Nachdem das Herzogtum Pfalz-Neuburg zum Katholizismus zurückgekehrt war, wurde er in Lauingen entlassen und Pfarrer in Kempten. Viele seiner populären Predigten wurden gedruckt. Wegen einer dieser Predigten wurde er am 12. Dezember 1628 verhaftet und bis Februar 1630 auf der Burg Ehrenberg (Tirol) festgehalten; aus diesem Grund bezeichnet Inschrift B ihn als ‚Bekenner‘. Ebenso ungewöhnlich wie dieser Begriff ist auch, dass die genauen Tagesdaten der Verleihung seiner akademischen Grade genannt werden.

Da er nach seiner Entlassung aus der Haft nicht mehr als Prediger und Lehrer tätig sein durfte und dadurch in Existenznot geriet, vermittelte ihm ein geborener Kemptener aus dem Umkreis König Gustav Adolfs von Schweden die Berufung nach Stralsund, wo er am 30. November 1630 als Pfarrer von St. Nikolai und Superintendent eingeführt wurde. Im Jahr 1631 wurden hier seine in der Gefangenschaft verfassten Lieder gedruckt.4) Georg Zeämann starb nach mehrmonatiger Krankheit am 5. September 1638 und wurde in St. Nikolai bestattet.5) Zu seinem Erbbegräbnis vgl. Kat.-Nr. 374. Der Apotheker Johannes Preller (A, † 1639) behandelte unter anderem den Pfarrer Heinrich Bolte (Kat.-Nr. 367);6) zu Preller vgl. auch Kat.-Nr. 385. Zu dem Künstler Zacharias Maus vgl. Kat.-Nr. 315.

Textkritischer Apparat

  1. A(NNO)] Fehlt Hs. 245, Dähnert.
  2. XXVII. MART(II)] XVII Hs. 303, MART(II) fehlt.
  3. M. D CIV.] M DIV Hs. 303.
  4. XVII] Fehlt Hs. 303.
  5. PROR(ECTOR)] Prof: Hs. 303.
  6. 5] Befund 6, korrigiert zu 5 nach Hs. 303 und den biografischen Angaben in der Literatur.

Anmerkungen

  1. StA Stralsund, Hs. 245, S. 165; Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 518.
  2. Freundliche Auskunft von Burkhard Kunkel, Stralsund, 16.6.2011.
  3. Matrikel Wittenberg 1502–1602, S. 448 (Immatrikulation Ostern 1598); Matrikel Tübingen 2, S. 21.
  4. Erhard, Zeämann, S. 124.
  5. Biografische Daten, wo nicht anders angegeben, nach Erhard, Zeämann, passim; Roth, Leichenpredigten 7, R 6176.
  6. Vgl. StA Stralsund, Rep. N, Nachlass Berchmeyer, Nr. 2; StA Stralsund, Rep. 14 Nr. 140a (1630–1636), StA Stralsund, Rep. 24 Nr. 82 (1636, nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne, 6.5.2015).

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 245, S. 44f. Nr. 50.
  2. Dähnert, Denkmale, S. 324 (B).
  3. StA Stralsund, Hs. 303, Bl. 53v–54v.
  4. StA Stralsund, Hs. 628, Bl. 80r (A).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 358(†) (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0035801.