Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 345(†) St. Nikolai 1634

Beschreibung

Vertäfelung in der vierten Kapelle am südlichen Seitenschiff (Mack-Duwall-Kapelle). Holz, bemalt. Die erhaltenen Teile der Vertäfelung an der Ost- und Südwand lassen erkennen, dass die Inschriften erneuert wurden, wahrscheinlich im Jahr 1743.1) Ursprünglich war auch die Westwand der Kapelle vertäfelt, dort befand sich das Ende von Inschrift C.2) Unterhalb eines Gesimses mit Zahnschnitt ein mehrzeiliges Schriftfeld. Die darunter angebrachten Holztafeln sind braun überstrichen; kleine Sichtfenster lassen Reste von nicht bestimmbaren bildlichen Darstellungen erkennen. A an der Ostwand in zwei Kolumnen zu je drei Zeilen; B ebenfalls dreizeilig auf einem kleinen Wandvorsprung an der Südwand; C daran anschließend zweizeilig an der Südwand, ehemals auch an der Westwand. Alle Inschriften sind in schwarzer Farbe gemalt. Bei der Erneuerung der Inschriften wurden diese offenbar in neuer Spationierung aufgetragen, sodass gelegentlich unter der jetzigen Farbschicht Wörter der älteren Inschriftenschicht sichtbar sind, die sich im jetzigen Wortlaut wiederfinden, jedoch nicht mehr an der richtigen Stelle stehen.3) Wenn der jetzige Befund vom Wortlaut der Inschriften in Hs. 245, die einige Jahre vor der Erneuerung der Inschriften entstand, und bei Dähnert abweicht, wird der älteren Überlieferung der Vorzug gegeben.

Inschrift C ergänzt nach Hs. 245.

Maße: H. 301 cm, Br. 266 cm (Ostwand), 412 cm (Südwand). Bu. 2,3 cm (A), 2,2 cm (B), 3,5 cm (C).

Schriftart(en): Fraktur, Kapitalis und humanistische Minuskel, beide mit Versalien (A, C), Fraktur und Kapitalis mit Versal (B).

  1. A

    Anno 1630 den 6 Septemb(ris) Jst der woll Edler Gestrenger Vester Vnd Manhaffter Axel MACK ‎/ Tuwaldt auff Keßlin vnd Haneque Erbgeseßen Jhr(o) Kön(i)g(licher) May(estät) zu Schweden wolbestalter Oberster über ein ‎/ Regiment Zu Fueß: Jn Gott dem H(er)r(n) sehl(ig) entschlaffen, vnd alhier in Stralsundt den 8a) Nouemb(ris) Christlich zur - ‎// Erden bestetiget wordenb) welcher Leichbegengniß Der Großmechtige König Gustauus Adoluus der Schwe-‎/denc) Goten vnd Wendend) König ihne) als ein Treuer diener Ihr May(estät) Selber inf) Königlicher Persohn ‎/ zu seinem Ruhe Bette dß gleite gegeben welchen Cörper. der liebe Gott eine Fröhliche aufferstehung gebn wirdg)

  2. B

    Selig sind die Toden die in denh) HERRn sterben ‎/ von nun an Ja der Geist spricht ds sie Ruhen vo(n) ihrer arbeit ‎/ den(n) ihre wercke Folge(n) ihnen Nach.4) APOCAL am 14: Cap: 13i)

  3. C

    Zumj) gedechtniß des Hoch Edlen Herr(n) Jacob MACK Duwallß Königlichen Schwedischenk) GENERAL Commandeurs der Schwedischen Armee in Schlesien vnd seiner G‎/[emahlin Frauen Anna von Berg hie liegende auf Sagat Cornes und Abberfors Erbgeseßen ist dieses Monument mit allen Zierath aufgerichtet A(nn)o 1634 wie auch die grosse Krohne so vor dem Altar zwischen den] pr[edigt-Stue]l vnd dem altarl) mitten in der Kirche(n) hanget vnd hange(n) bleibe(n) s[oll] Jn dieserm) Kirche [vorehret] worden die gruft soll Ohne desn) H(erren) General Commandeurs und erben oder Success‎/oreno) [willen in 100 Jahr nicht geöefnet noch die Monumenta und unterstehende Leichen auch nach verfloßenen 100 Jahren versetzet werden laut aufgerichteten Contracts d(en) 11 May 1633]

Kommentar

Die Mack-Duwall-Kapelle samt der darunter liegenden Gruft wurde gemäß Inschrift C am 9. Mai 1633 von dem schwedischen General Jakob Mack Duwall gekauft. Im Jahr 1634 wurde sie ausgestattet. Eine Abschrift des am 11. Mai 1633 mit den Patronen der Kapelle (Siegfrieden-Vikarie) und den Kirchenprovisoren abgeschlossenen Vertrags ist im Pfarrarchiv von St. Nikolai erhalten.5) Das in der Inschrift folgende Verbot der unautorisierten Gruftöffnung bis 1733 findet sich auch auf dem Mack-Duwall-Leuchter (vgl. Kat.-Nr. 337, A) und im genannten Kaufvertrag. Im Jahr 1634 wurde wohl nicht nur die Wandvertäfelung, sondern auch der an der Westwand befestigte Grabstein und das Epitaph darüber für Jakob Mack Duwall († 9. Mai 1634) und Anna von Berg († 14. März 1633) angebracht, deren Inschriften keine Datierungen (mehr) enthalten. Inschrift A der Vertäfelung erinnert an den Bruder Jakobs, den schwedischen Oberst Axel Mack Duwall, der bereits am 29. November 1630 in St. Nikolai bestattet worden war;6) ob dies bereits in der Grabkapelle geschah, ist ebenso unbekannt wie das Entstehungsjahr seines Epitaphs, das ehemals an der Ostwand der Kapelle angebracht war (s. Kat.-Nr. 349). Zum Kapelleninventar gehörte ursprünglich auch ein Altartuch, das in einem Inventar von 1775 erwähnt wird, aber nicht erhalten ist.7) Im Kaufvertrag werden außerdem Gestühl, Ornat und eine Steinplatte über der Gruft erwähnt (vgl. möglicherweise Kat.-Nr. 352). Jakob Mack Duwall stiftete 1633 einen Kelch, der vielleicht ursprünglich ebenfalls für St. Nikolai bestimmt war, sich aber mittlerweile in der Pfarrkirche Altefähr (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen) am gegenüberliegenden Ufer des Strelasund befindet.8)

Jakob Mack Duwall (C),9) geboren um 1589 in Prenzlau (Ldkr. Uckermark, Brandenburg), war ein Sohn des schottischstämmigen Albrecht Mack Duwall und der Elsa von Bredow.10) Im Rahmen seiner früh in Schweden und Osteuropa begonnenen militärischen Laufbahn hielt Jakob Mack Duwall sich seit November 1628 in Stralsund auf, um die schwedischen Truppen dort zu unterstützen. Er wurde Oberst zweier deutscher Regimenter, und es kam zu Auseinandersetzungen mit den Stadtvertretern um die Einquartierungskosten, aber auch um das angeblich aggressive bis gewalttätige Auftreten Mack Duwalls. Im März 1630 erorberte er die Schanze Altefähr auf der Insel Rügen von den kaiserlichen Truppen zurück, im Juni war er an der Landung König Gustavs II. Adolf in Peenemünde (Insel Usedom, Ldkr. Vorpommern-Greifswald) beteiligt, wenig später wurde er zum Kommandeur der schwedischen Garnison in Stralsund ernannt. In der Folgezeit war er in Frankfurt/Oder, Warnemünde und als Oberkommandant in Schlesien aktiv, wo er im Oktober 1633 in kaiserliche Gefangenschaft geriet. Zwar konnte er fliehen, starb jedoch wenige Monate später am 9. Mai 1634, vermutlich in Breslau. Da das Begräbnisregister von St. Nikolai Jakob Mack Duwall nicht erwähnt, wurde er – entgegen den Vermutungen in der Literatur – wohl nicht in der von ihm erworbenen Familienkapelle bestattet. – Saggad war ein estnisches Gut, das er wohl durch seine Eheschließung erworben hatte, Korsnäs und Abborfors schwedische Besitzungen.11)

Am 21. März 1619 hatte Jakob in Stockholm Anna von Berg (* 1595) geheiratet, Tochter des livländischen Adeligen Jürgen (Georg) von Berg und der Elisabeth von Rosen.12) In Stralsund kam 1630 ihr Sohn Gustav († 1692) zur Welt. Anna starb am 14. März 1633 im Kloster Leubus in der Nähe von Frankfurt/Oder (Lubiąż, Woiwodschaft Niederschlesien, Polen), hatte also vermutlich Jakob Mack Duwall auf seinen Feldzügen begleitet. Am 9. Mai 1633, dem Tag des Kapellenerwerbs durch ihren Ehemann, wurde sie in St. Nikolai bestattet.13) Zum Epitaph für das Ehepaar vgl. Kat.-Nr. 350.

Axel Mack Duwall (A), jüngerer Bruder von Jakob, hielt sich auf Befehl König Gustavs II. Adolf seit Juni 1628 mit den schwedischen Hilfstruppen in Stralsund auf. Hier geriet er in kaiserliche Gefangenschaft und wurde erst nach längerer Zeit wohl von schwedischer Seite freigekauft. Im Dienstgrad eines Oberst unterstützte er im Jahr 1629 seinen Bruder Jakob bei der Rekrutierung und Ausbildung von Soldaten; wie dieser war er an der Landung Gustavs II. Adolf in Peenemünde beteiligt. Er verstarb am 6. September 1630, vielleicht aufgrund einer Verwundung, die er sich bei der Eroberung der Stadt Wolgast zugezogen hatte, und wurde am 8. oder 29. November 1630 in Anwesenheit des schwedischen Königs in St. Nikolai bestattet.14) Sein Bruder kümmerte sich offenbar um die Bestattungsvorbereitungen.15)

Textkritischer Apparat

  1. 8] 13 Befund; 3 Hs. 245, Dähnert. Zum Bestattungsdatum Axel Mack Duwalls vgl. Anm. 14.
  2. worden] worden bey Dähnert.
  3. Schwe-/den] Schwe-/weden Befund.
  4. Wenden] Hs. 245, Dähnert; wende Befund.
  5. ihn] Hs. 245, Dähnert; Jhm Befund.
  6. in] Hs. 245, Dähnert; Zu Befund.
  7. wird] wolle Befund.
  8. den] Hs. 245; dem Befund.
  9. APOCAL am 14: Cap: 13] apoc: 14. Hs. 245;
  10. Zum] Hs. 245; Zu Befund.
  11. Schwedischen] Hs. 245; Schwedische Befund.
  12. dem altar] Hs. 245; allen Befund, dem fehlt.
  13. dieser] Hs. 245, diese Befund.
  14. des] Hs. 245; der Befund.
  15. Successoren] Hs. 245; Successorem Befund. Danach ist als Rest der älteren Inschriftenschicht Jn zu sehen; vgl. das übernächste Wort.

Anmerkungen

  1. Die Jahreszahl 1743 wird in der Renovierungsinschrift auf dem Epitaph für Jakob Mack Duwall und seine Ehefrau genannt (Kat.-Nr. 350, C). Die Schriftart gleicht derjenigen auf der Vertäfelung.
  2. Nach StA Stralsund, Hs. 245, S. 16, verlief die Beschriftung rund umher. An einem kurzen Stück der Kapellensüd- und an der gesamten Westwand sind noch Dübelreste der Vertäfelungsbefestigung zu erkennen.
  3. Dies gilt besonders für Inschrift C; vgl. Anm. o.
  4. Off. 14,13.
  5. PfA St. Nikolai, Nr. 324 (Vertrag des Generals Jacob Mac Duval). Es heißt in diesem Vertrag, der Herr General habe sich auß besondern Belieben, die seelig verblichene Leiche alhie zu Stralsundt in St. Niclaß Kirchen beyzusetzen entschlossen.
  6. Zur Bestattung Axel Mack Duwalls vgl. Anm. 14.
  7. In PfA St. Nikolai, Nr. 321 (Altargeräte), darin: Protocollum Inventationis über das Altar- und Kirchen-Geräthe zu St. Nicolai (6. Dezember 1775), An Altardecken und Lacken, Nr. 2f., wird das Altartuch aufgeführt und als unbrauchbar bezeichnet.
  8. Vgl. DI 55 (Rügen), Nr. 156.
  9. Biografische Daten und Lebensläufe von Jakob Mack Duwall, Anna von Berg und Axel Mack Duwall, wo nicht anders angegeben, nach Svenskt Biografiskt Lexikon (online, 6.12.2014). Die dort zusammengetragenen Angaben beruhen wiederum wesentlich auf Adler, Duvall.
  10. Zu den Vorfahren von Jakob und Axel Mack Duwall vgl. DI 55 (Rügen), Nr. 156.
  11. Vgl. Adler, Duvall, S. 107, zu Saggad; zu Korsnäs (Kirchspiel Vekkelaks) sowie Stora und Lilla Abborfors (Kirchspiel Pyttis) vgl. Svenskt Biografiskt Lexikon (online, 6. Dezember 2014).
  12. Zu den Vorfahren der Anna von Berg vgl. Stackelberg, Baltische Ritterschaften 1, S. 651.
  13. Der Bestattungstag nach PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.).
  14. Der Bestattungstag Axel Mack Duwalls 8. November 1630 nach Schubert, Trauregister 6, S. 19 (zu Nr. 715). Zu diesem Datum heißt es, der Leichenzug unter Beteiligung des schwedischen Königs habe die gantze Strasse eingenommen. Das Begräbnisregister von St. Nikolai hingegen führt die Bestattungsfeierlichkeiten unter dem Datum 29. November 1630 auf; vgl. PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.). Der 8. November ist möglicherweise vorzuziehen, weil in der älteren kopialen Überlieferung des 18. Jahrhunderts (StA Stralsund, Hs. 245, und Dähnert; vgl. Anm. a) die leicht mit einer 8 verwechselbare Ziffer 3 wiedergegeben wird.
  15. Nach Adler, Duvall, S. 105 Anm. 7.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 245, S. 16f. Nr. 22.
  2. Dähnert, Denkmale, S. 319f. (A).
  3. StA Stralsund, Hs. 628, Bl. 79r.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 345(†) (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0034504.