Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 314 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum 1627

Beschreibung

Becher der Schiffer-Compagnie.1) Silber. Die Wandung des leicht konischen Bechers ist mit getriebenem Schweif- und Rollwerk sowie Puttenköpfen, Girlanden, Frucht- und Blütenbündeln reich verziert. In zwei hochovalen Kartuschen getriebene Darstellungen von Delfinen oder Fischen, in einer Kartusche oben auch ein gravierter Wappenschild. Inschrift A unterhalb der Lippe umlaufend konturiert graviert, B an der Unterseite des Becherbodens; dort auch das Beschauzeichen der Stralsunder Goldschmiede2) und das Meisterzeichen des Johannes Staude (M19). Worttrenner in Form kleiner Sternchen.

Maße: H. 14,6 cm, Dm. 9,4 cm (oben), 6,9 cm (unten). Bu. 0,3 cm (A), ca. 0,2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A) und humanistische Minuskel (B).

Germanisches Nationalmuseum Nürnberg [1/4]

  1. A

    ANNO 1627 ˑ CHRISTOFFER ˑ BOEIKEN ˑ IACOP ˑ DAHM ˑ CLAVS ˑ SCHICK ˑ HENNING ˑ THODE ˑ IOHAN ˑ CLAVSEN ˑ THIES ˑ MVSEWICK ˑ

  2. B

    WIGT 17 lodta) 2 q(uentchen)

Wappen:
Schiffer-Compagnie3)

Kommentar

Inschrift A ist in einer ebenmäßigen, durchgeformten Kapitalis graviert. Schäfte und Balken sind als Doppelstriche ausgeführt, Bögen hingegen kaum; S oft höher als die übrigen Buchstaben, K mit geschwungenen Schrägbalken.

Klaus Schick erwarb 1613 das Bürgerrecht.4) Am 13. Juli 1631 wurde seine Mutter, am 7. August 1630 sowie am 24. Mai 1638 zwei Kinder und schließlich am 20. Mai 1644 der Altermann Klaus Schick selbst in St. Nikolai bestattet.5) Henning Thode erhielt im Jahr 1606, ein Johann Clausen 1613 bzw. 1616 das Bürgerrecht; Hans Clausen heiratete am 7. November 1631 Ilsebe Detmers.6) Die Älterleute Kapitän Christoph Boeiken (Boeke) und Klaus Schick werden auch auf der 1639 neu bemalten Lade der Schiffer-Compagnie genannt (Kat.-Nr. 377). Der Stammbaum der Stralsunder Familie Boeke bei Dinnies reicht nur bis zum Jahr 1576.7) Thies Musewick verstarb wohl noch vor 1630, denn am 8. April dieses Jahres verheiratete sich seine Witwe Katharina Hecht zum zweiten Mal.8)

Der Stralsunder Goldschmied Johannes Staude (*1585) war auch Urheber der bekannten maßstabsgetreuen Stadtansicht von 1647.9) Für die Kirchen in Altefähr und Wiek (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen) fertigte er in den Jahren 1624 bzw. 1633 zwei Kelche an.10) Im Jahr 1619 erwarb Johannes Staude das Bürgerrecht und heiratete Martha Kurbach. Von ihren zehn Kindern erreichten nur Daniel und Gottfried, beide Goldschmiede, das Erwachsenenalter.11) Zum Sohn Daniel und zu den Eltern des Johannes Staude vgl. Kat.-Nr. 210. Johannes Staude starb verarmt und wurde am 24. Oktober 1650 in St. Nikolai bestattet.12)

Textkritischer Apparat

  1. d auf dem Kopf stehend.

Anmerkungen

  1. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Inv.-Nr. HG10408. – Für die Bearbeitung des Bechers im Juni 2014 danke ich Marion Grether, Nürnberg, vielmals.
  2. Scheffler, Goldschmiede, Nr. 928.
  3. Bei dem Wappenbild handelt es sich nicht um gekreuzte Harpunen, wie in der Literatur angegeben, sondern um Bootshaken. Vgl. das identische Wappen der Lübecker Schiffergesellschaft (Ellmers, Dreimaster, S. 25 Abb. 12).
  4. Der Bürgerrechtserwerb hier und im Folgenden nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche (14.4.2015).
  5. PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.).
  6. Schubert, Trauregister 6, S. 20 (Nr. 755).
  7. StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 40a–41.
  8. Schubert, Trauregister 6, S. 17 (Nr. 647).
  9. Dazu Möller, Goldschmied Staude, bes. S. 174–181.
  10. DI 55 (Rügen), Nr. 151, 156; die zugehörigen Abbildungen lassen keinen Schriftvergleich mit dem hier behandelten Becher der Schiffer-Compagnie zu. – Auch vier Sargschilder für das Amt der Schiffbauer (Kat.-Nr. 306, 1623) werden Johannes Staude zugewiesen.
  11. Biografische Daten, wo nicht anders angegeben, nach Möller, Goldschmied Staude, S. 169f.
  12. PfA St. Nikolai, R 33a (o. S.).

Nachweise

  1. Pechstein u. a. (Hg.), Schätze deutscher Goldschmiedekunst, Nr. 174 S. 272f.
  2. Pechstein (Hg.), Deutsche Goldschmiedekunst, Nr. 182 S. 296f.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 314 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0031409.