Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 306 Stralsund Museum 1623

Beschreibung

Vier Sargschilder der Schiffszimmerleute.1) Silber, teilweise vergoldet, mit Resten schwarzer Bemalung. Ohne Beschau- und Meisterzeichen. Auf der Rückseite jeweils zwei Ösen. Im Innenfeld der hochovalen kartuschenförmigen Schilder, von getriebenen Voluten und Masken gerahmt, ist ein Dreimaster unter vollen Segeln, darunter eine liegende Axt als Berufszeichen der Schiffszimmerleute dargestellt. An den Mastspitzen jeweils eine Flagge.

Sargschild 1: Auf dem Rand links und rechts (A, B) sind in kleinen, unregelmäßigen Buchstaben von oben nach unten zwei Namen eingraviert, auf der Rückseite am Rand des Innenfeldes die Gewichts- und Preisangabe C. Sargschild 2 weist die Inschriften D und E auf, Sargschild 3 die Inschriften F und G, Sargschild 4 die Inschriften H und I. Auf den Sargschildern 3 und 4 ist jeweils am Hauptmast des dargestellten Schiffes das Stralsunder Wappen zu sehen. Die Inschriften sind geritzt.

Maße: Br. 19,5 cm, H. 25,5–27 cm. Bu. ca. 0,3 cm (A, B, C, D, E, F, G, H, I).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, D, E, F, G, H, I); Kapitalis und humanistische Minuskel (C).

Jürgen Herold [1/12]

  1. A

    HANS COPISKE OLDERM(AN) 1623

  2. B

    FRENS BANDELIN

  3. C

    WEGEN XXXXX lot KOST: XXXXXX V GVLDEN

  4. D

    CLAVS FARINDEHEIDE

  5. E

    EWALT DETLEF

  6. F

    MICHEL IAEN

  7. G

    IOCHIM FVLIAN

  8. H

    MARTEN MARKOW OLDERM(AN)

  9. I

    MARTEN NYESWAGER

Übersetzung:

(C) Wiegen 50 Lot, kosten 65 Gulden.

Wappen:
Stralsund II

Kommentar

Nur ein Sargschild der Schiffszimmerleute (Schiffbauer) weist eine Jahreszahl (A) und eine Gewichts- und Preisangabe (C) auf. Wie deren Pluralform ‚wiegen‘ deutlich macht, bezieht sie sich auf alle vier Sargschilder. Auf welcher Grundlage angegeben wird, diese seien von dem Stralsunder Goldschmied Johannes Staude angefertigt worden,2) bleibt unklar, da sie keine Marken aufweisen und die Inschriften – anders als die sicher von Staude gravierten Inschriften – relativ unprofessionell graviert wurden.3) Sarg- oder Bahrtuchschilder aus Buntmetall oder Stoff gehörten zur Ausstattung städtischer Korporationen und wurden bei Bestattungen von Mitgliedern an den schwarzen Tüchern befestigt, die auf den Särgen lagen.4) Auf der Insel Rügen kommt der Familienname Copiske (Kapiska, A) vor, nicht jedoch in Stralsund.5) Franz Bandelin (B) erhielt im Jahr 1598, Joachim Fulian (G) 1614 und Marten Nyeswager (Nyeschwager, I) 1605 das Bürgerrecht.6)

Anmerkungen

  1. Stralsund Museum, Inv.-Nr. 1900:0153a–d.
  2. Nach Pechstein (Hg.), Deutsche Goldschmiedekunst, Nr. 182, hier S. 297; auch Möller, Goldschmied Staude, S. 171. Beide wohl auf der Grundlage von StA Stralsund, N Adl 54 (Adler, Goldschmiedemeister), wo die Sargschilder Johannes Staude zugeordnet werden.
  3. Vgl. dagegen die sorgfältig gravierten Inschriften auf dem 1627 geschaffenen Becher der Schiffer-Compagnie (Kat.-Nr. 314).
  4. Vgl. Schindler (Hg.), Zünftig, S. 195–199.
  5. Vgl. DI 55 (Rügen), Nr. 93.
  6. Nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche (13.4.2015).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 306 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0030607.