Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 301 Stralsund Museum 1621, 1621 o. früher, 1622, 1654?, 1667

Beschreibung

Willkommpokal der Bader und Wundärzte.1) Silber, vergoldet. Mit abnehmbarem Deckel und acht silbernen Schildern. Der Wulst des runden Fußes ist mit getriebenen Fruchtgirlanden verziert. Ein weiterer mit Masken und Rollwerk belegter Wulst leitet zum mehrfach gegliederten, schlanken Schaft über, auf dem der ausladende, zweiteilige Becher sitzt. Auf dessen unterem Wulst geflügelte Puttenköpfe, darüber auf dem senkrechten Teil der Wandung und zwischen zwei Blattbändern Fruchtgirlanden. Auf dem ausladenden oberen Teil des Bechers Girlanden, dazwischen drei Medaillons, in denen verschiedene Baderwerkzeuge (Scheren, Messer, Nadeln, Schröpfköpfe, Schröpf- und Lasseisen, Klistiere) dargestellt sind. Darüber die umlaufende Inschrift A, die mit einem aus drei Punkten bestehenden Worttrenner endet. Zwei nicht identifizierte Meisterzeichen an der Lippe (M15, M16) und am Rand des Fußes.

Der Deckel ohne Beschau- und Meisterzeichen. Zwischen drei Grotesken drei ovale Medaillons mit mythologischen und biblischen Szenen: drei Frauen im Bad und ein Jäger mit Hirschkopf (Diana und Aktäon?), eine Hundemeute zerfleischt den erymanthischen Eber, Susanna im Bade. Als Bekrönung eine Figur mit Hirschkopf in antikisierender Rüstung mit einer Lanze in der linken Hand, vielleicht Aktäon.

An dreizehn Ösen des Pokals hängen acht Schilder. Bei der Mehrzahl handelt es sich um flache, von Voluten umgebene Kartuschen mit einem hervortretenden ovalen Feld in der Mitte, in dem Berufszeichen und Wappen eingraviert und gepunzt sind, und umlaufende Beischriften sowie Dekor, so die Schilder des Elias Gercke (mit Hausmarke H101), Paul Steffan, Gabriel Behr, Nikolaus Schmidt (Inschriften B–E, alle 1621) und des Thomas Heinisch (F, 1622). Auf dem Schild des Nikolaus Schmidt steht die Jahresangabe quer über die Kartusche hinweg. Das Schild des Adam Spitzer (G, 1622) ist flach, weil sowohl auf der Vorder- als auch der Rückseite dekoriert und beschriftet. Inschrift G1 in drei Zeilen unterhalb einer gravierten Darstellung von Adam und Eva am Baum der Erkenntnis; auf der Rückseite das Vollwappen, im oberen Bereich des Schildes die Initialen, unten die Jahreszahl (G2). Das Schild des Tobias Ohlitz (H, 1654?) ist ebenfalls flach und von weniger aufwändigen Voluten umgeben; das jüngste des Bartholomäus Badenhorst (I, 1667) zeichnet sich durch getriebene Voluten aus. Die Inschriften A–F sind gestempelt, G, H und I graviert.

Maße: H. 62 cm (mit Deckel), Dm. 16,8 cm (oben), 13,8 cm (unten). Bu. 0,2 cm (A, D), 0,25 cm (B, C, F), 0,15 cm (E), 0,25–0,8 cm (G), 0,3 cm (H, I).

Schriftart(en): Kapitalis (A–G, I ) und humanistische Minuskel (H).

  1. A

    DISER WILLKOM GEHÖRET DEM ERBAREM WERCKa) DER BADER VNDb) WVNDERZT IN STRALSVNT ‎/ AVS DIESEM WILLKOM THVT MAN EVCH SCHENKEN ‎/ HENCT EINEN SCHILD DRAN SO WIRDT MAN EWER GEDENCKEN ˑ

  2. B

    ˑ ELIAS GERCKE ˑ ANNO 1621

  3. C

    ˑ PAVL S STEFFAN ˑ VON ˑ BRESLAW ˑ ANNO ˑ 1ˑ6ˑ21

  4. D

    ˑ GABRIEL BEHR VON KINSBERG AVS DEM SCHWABENLAND 1621

  5. E

    ˑ NICOLAVS SCHMIDT VON SCHETZLER AVS BEHEM MEISTER IN DER ALTSTADT ‎// ANNO 1621

  6. F

    ˑ THOMAS ˑ HEINISCH ˑ VON ˑ THORN ˑ AVS ˑ PREVSEN ˑ 1ˑ6ˑ22 ˑ

  7. G1

    ADAM ˑ SPITZFRc) ‎/ VON ˑ LITER=‎/SCHITZ

  8. G2

    A S ‎/ 1622

  9. H

    TOBIAS OHLITZ 1654d) ‎/ Gatt geb mir in diesemne) wenig ‎/ nach seinem willen zu leben Im‎/merdar ‎/ Herr Jesu kom doch i‎/n mein hertz : ‎/ vnd scenck mir do‎/ch die gnadensc‎/hetz

  10. I

    BARTOLMEVS ˑ BADENˑHORST ˑ VON ˑ PEINA ‎/ ˑ 1ˑ6ˑˑ6ˑ7 ˑ

Versmaß: Deutsche Reimverse Z. 2–3 (A).

Wappen:
Schmidt (Böhmen)Spitzer (Literschitz)

Kommentar

Die Ortsnamen in den Inschriften D und G konnten nicht identifiziert werden.2) Das Schild mit Inschrift E wurde von einem aus Schatzlar (Ostböhmen) stammenden Bader der Prager Altstadt, dasjenige mit Inschrift I von einem Amtsbruder aus Peine (Niedersachsen) gestiftet. Zum jüngeren Pokal des Stralsunder Baderamtes (1634) vgl. Kat.-Nr. 348.

Textkritischer Apparat

  1. WERCK] C verbessert aus E.
  2. VND] D verbessert aus T.
  3. SPITZFR] Statt SPITZER.
  4. 1654] Lesung unsicher, da Jahreszahl korrigiert. Vielleicht auch 1653 oder 1659.
  5. diesemn] Statt diesem.

Anmerkungen

  1. Stralsund Museum, Inv.-Nr. U95.
  2. Für Günzburg (Ldkr. Günzburg, Bayern) ist die Schreibung ‚Kinsberg‘ nicht belegt; vgl. Reitzenstein, Ortsnamen Bayerisch-Schwaben, S. 151.

Nachweise

  1. Buchholz, Barbiere 130, 132 (A, mit Abb.), Abb. S. 138 (G2), Abb. S. 139 (B).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 301 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0030102.