Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 246 Gemeindezentrum Knieper West 2.H.16.Jh.

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Der als Dauerleihgabe der Kirchengemeinde Heilgeist-Voigdehagen im Gemeindezentrum Knieper West aufbewahrte Kelch stammt aus der Kirche St. Jakobi. Sechseckiger Fuß, auf dem schrägen Standring durchbrochene Vierpässe, auf den Fußsegmenten gravierte Blattranken. Am zunächst sechseckigen Schaft Nischen mit spätgotischem Maßwerk, darüber auf dem zylinderförmigen Schaftteil ober- und unterhalb des Nodus zwei Reliefbänder mit kleinen menschlichen Figuren (Männer, Frauen, Kinder) zwischen Ranken. Auf dem flachgedrückten Nodus, der durch ein gedrehtes Band in einen oberen und unteren Teil gegliedert wird, je drei getriebene Medaillons mit Cäsarenköpfen(?), die ebenfalls von Ranken umgeben sind. Am äußeren Rand des Nodus oben und unten die gravierte Inschrift. Als Worttrenner Sternchen, oben flankiert von zwei Hochpunkten. Zu Beginn der Inschrift zwei kleine Ranken (oder eine Ranke und eine Zeigehand), am Ende fünf senkrechte Striche und Punkte als Zeilenfüller. Die hohe, trichterförmige Kuppa ruht in einem Korb aus Blattwerk. An der Unterseite des Fußes das Beschauzeichen der Stralsunder Goldschmiede1) und ein Meisterzeichen (M13).

Maße: H. 28,5 cm, Dm. 13,3 cm (Kuppa), 15,5 cm (Fuß). Bu. 0,4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Jürgen Herold [1/10]

  1. CHRISTVS ˑ IS ˑ VÖR ˑ VNSE ˑ SVNDE ˑ GESTORVEN ˑ ‎/ VMME ˑ VNSER ˑ GERECHTICHEIT ˑ WEDDER ˑ VPPESTAN2) ˑ

Übersetzung:

Christus ist um unserer Sünde willen gestorben und um unserer Rechtfertigung willen wieder auferstanden.

Kommentar

Die ebenmäßig ausgeführte Kapitalis-Inschrift weist keilförmige Schaftverbreiterungen und Sporen auf; H-Balken mit strichförmigem Nodus. Die gewählte Schriftart und die niederdeutschen Formen weisen in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das Zitat aus dem Römerbrief, das Bezug nimmt auf die Erlösung der Welt durch den Kreuzestod Christi, greift einen Kerngedanken der lutherischen Lehre auf. Der für den Kelch formulierte Wortlaut spitzt die Aussage der gängigen Bibelversionen zu.

Anmerkungen

  1. Scheffler, Goldschmiede, Nr. 926.
  2. Vgl. Rö. 4,25 (Wortlaut nach Luther: Welcher ist umb unser sünde willen da hin gegeben, und umb unser gerechtigkeit willen aufferwecket. – Wortlaut nach Bugenhagen: Dede ys umme unser sünde willen hen gegeven, unde umme unser gerechticheit willen upgewecket. – Wortlaut nach der Vulgata: Qui traditus est propter delicta nostra et resurrexit propter iustificationem nostram.)

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 246 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0024606.