Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 216 St. Nikolai 1587, 1653

Beschreibung

Gruftplatte für Nikolaus Sasse und Katharina Prütze (A) sowie für Nikolaus Elver (D). Kalkstein. Im ersten Joch des südlichen Seitenschiffs.1) Die Platte ist vor allem im oberen Bereich mehrfach gebrochen. Auch der Plattenrand ist beschädigt und teilweise abgebrochen, einige Fehlstellen sind mit Mörtel ausgefüllt; dadurch Schriftverlust im Bereich der Inschriften B und C. Im ädikulaartig gestalteten Innenfeld der Platte ist unter einem Giebel mit einem Puttenkopf im Relief der auferstandene Christus mit Siegesfahne dargestellt. Darunter in einem profilierten Rahmen ein großes Allianzwappen, das von zwei Wilden Männern gehalten wird. Unter diesem Wappenfeld eine Art Unterhang mit Inschrift A. Um den Stein umlaufend Inschrift B. Unterhalb des Giebelfeldes die jüngeren, sekundär angebrachten Inschriften C und D. Alle Inschriften sind eingehauen.

Maße: Br. 158 cm, H. 280 cm. Bu. 4–6,5 cm (A), 8 cm (B), 3 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, C) mit Versalien (D).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    DISSER ˑ STEN ˑ GEHORDT ˑ H(ER) ˑ NICLAS ‎/ SASSEN ˑ CATTRINE PRVEZEN ˑ ‎/ VND ˑ EREN ERFEN . ANNO ˑ ‎/ 1587

  2. B

    LEB IC[H SO LE]BE ˑ ICH [DE]M ˑ HE[R]N ‎/ STERBE ˑ ICH [SO ST]ERBE ˑ ICH ˑ DEM ˑ HEREN ˑ ‎/ ICH LEBE ˑ ODE[R] ‎/ STERBE SO BEINa) ICH DES HEREN ˑ THO2) ˑ ROMER ˑ 14

  3. C

    ICH WIL EWER GRE[BE]R AVFFTHVN ˑ VN[D] ‎/ WIL [E]VCH MEIN VOLCK AVS DEN SE[LB]IGE[N] ‎/ HER[AVS]HOLEN3) ˑ EZECHEIEL ˑ AM 37 [CAPI]TE[L]

  4. D

    [N]ICLA[S E]LVER ˑ ET HAEREDVM 1653

Übersetzung:

(D) (Eigentum des) Nikolaus Elver und (seiner) Erben. 1653.

Wappen:
SassePrütze

Kommentar

In Inschrift A kippt die Ziffer 5 der Jahreszahl stark nach rechts. Die Gruftplatte für Nikolaus Sasse und Katharina Prütze stammt aus derselben Steinmetzwerkstatt und demselben Jahr wie der Stein Kat.-Nr. 215 für Martin Woele und Elisabeth Prütze, der vergleichbar aufwändig gestaltet, jedoch besser erhalten ist. Die beiden Ehefrauen waren Cousinen. So ist die auffallend ähnliche bildliche und inschriftliche Gestaltung beider Denkmäler zu erklären: umlaufende(s) Bibelzitat(e), ein ädikulaartig gegliedertes Innenfeld bestehend aus großen Allianzwappen unten mit einem Eigentumsvermerk auf einer Art Unterhang, darüber ein Bildfeld mit dem auferstandenen Christus begleitet von einem Bibelzitat (das auf dem hier behandelten Stein durch die jüngeren Inschriften C und D für Nikolaus Elver zerstört wurde), oben ein Architrav mit einem Puttenkopf. Zur Ausführung der Inschriften vgl. Kat.-Nr. 215. Das Textmuster der Eigentumsvermerke (jeweils Inschrift A) ist identisch und zeigt in beiden Fällen sowohl nieder- als auch hochdeutsche Formen, jedoch mit auffälligen Varianten: Der Sasse-Gruftplatte (DISSER STEN GEHORDT ...) entspricht auf dem Woele-Stein DISSE STEIN HORT ...; der Form ERFEN steht ERVEN gegenüber. Auf der Sasse-Gruftplatte findet sich ein umlaufend eingehauener Bibelvers (B) in hochdeutscher Sprache mit der hyperkorrekten Form BEIN (‚bin‘); für die beiden umlaufenden Bibelzitate des Woele-Steins wurden die lateinische und die niederdeutsche Sprache gewählt (Kat.-Nr. 215, C und D).

Der wahrscheinlich aus Stettin stammende Nikolaus Sasse (A) wurde 1566 Ratsherr. Im Gefolge eines Rechtsstreits um zwei Höfe mit Josua Völschow wurde er von Herzog Philipp Julius von Pommern-Wolgast bis 1618 suspendiert. Er amtierte als Provisor von St. Annen und Birgitten, bewohnte ein Haus in der Semlower Straße, stiftete Geld für das Heilgeisthospital und starb 1618. Seine Gruftplatte befindet sich offenbar noch nahe ihrer ursprünglichen Position und war für das Grabgewölbe der Familie bestimmt.4) Nikolaus Sasses Ehefrau Katharina war eine Tochter des Bürgermeisters Joachim Prütze († 1545). Ihre Tochter Katharina war mit den Ratsherren Nikodemus Tessin und Cord Bestenbostel verheiratet.5) Im Jahr 1653 gehörte der Grabstein Nikolaus Elver (D), Sohn des gleichnamigen, 1655 verstorbenen Bürgermeisters.

Textkritischer Apparat

  1. So für BIN.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 318.
  2. Rö. 14,8 (Leben wir so leben wir dem Herrn ...).
  3. Hes. 37,12.
  4. Vgl. PfA St. Nikolai, Nr. 130 (Richter, Begräbnisse), S. 32 (Nr. 337); StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 54.
  5. Alle biografischen Angaben, wo nicht anders nachgewiesen, folgen StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 46–55.

Nachweise

  1. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 501 (A, D).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 216 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0021608.