Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 208(†) Stralsund Museum 1583?

Beschreibung

Gemälde mit Stadtansicht.1) Öl auf Leinwand, mehrfach erneuert. Das Gemälde mit der in der üblichen Weise vom Strelasund aus festgehaltenen Stadtansicht befand sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits im Museum2) und stammt möglicherweise aus dem Rathaus. Im Bildvordergrund der Ort Altefähr auf Rügen, links die Insel Dänholm. Vor den seeseitigen Stadttoren relativ detailliert wiedergegebene Hafenanlagen. Die Kirchen zeigen noch die später durch Brände zerstörten gotischen Turmhelme. Inschrift A am oberen Bildrand beiderseits der Stadtsilhouette. Die Beischriften B zu wichtigen Gebäuden in bzw. Ortsbezeichnungen außerhalb der Stadt werden in der Reihenfolge von links nach rechts und von oben nach unten wiedergegeben. Alle Inschriften sind in dunkler Farbe gemalt.

Maße: Br. 61 cm, H. 171,5 cm. Bu. 2,4 cm (A), 1,7 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Jürgen Herold [1/2]

  1. A

    DE STAT STRALESUNT ‎// ANNO DOMINI ˑ 1583

  2. B

    FRANKEN ZINGEL3) ‎/ AVER DIK ‎/ PVLWER MOLE ‎/ HEIL GEIST ‎/ FRANKEN DOR ‎/ DENHOLM ‎/ ST MARIA ‎/ LANGEN DOR ‎/ ST IACOB ‎/ H(EIL) GEIST DOR ‎/ ST CATARINA ‎/ BADEN DOR ‎/ SEMLOWER DOR ‎/ LAND TO RVGEN ‎/ ST NICOLAI ‎/ IOHAN ‎/ RATHVVS ‎/ KVETE ZINGEL ‎/ K(ONIG) . ARTVS HOF ‎/ KNIEPER DOR ‎/ KNIEPER ZINGEL ‎/ HEINHOLT

Übersetzung:

(A) Die Stadt Stralsund im Jahr des Herrn 1583.

Kommentar

Die schlanken Kapitalisbuchstaben mit teilweise ausgeprägten, teilweise völlig fehlenden Sporen wirken uneinheitlich und passen nicht recht ins späte 16. Jahrhundert, wohl aber der noch stark niederdeutsch geprägte Sprachstand der Beischriften (dik, mole, dor, hus). Unterhalb der Beischrift BADEN DOR sind Spuren einer älteren Beschriftung zu erkennen. Das gesamte Bild ist stark übermalt, liegt also nicht mehr im inschriftlich bezeichneten Zustand des Jahres 1583 vor.4) Es zeigt die älteste Ansicht Stralsunds von der Seeseite5) mit detailreicher Gestaltung der Hafenanlagen (Speicher, Stege und Anlegeplätze), Stadttore und Kirchtürme. Der Hafen ähnelt den Anlagen auf der 1618 im herzoglichen Auftrag durch Eilhard Lübben (Lubinus) angefertigten Pommernkarte.6)

Jeder Datierungsversuch muss jedoch berücksichtigen, dass solche Stadtansichten sich weniger nach zeitgenössischen architektonischen und topografischen Gegebenheiten, sondern vielmehr oft nach älteren bildlichen Vorlagen richteten. Es ist also fraglich, ob bauhistorische Überlegungen wirklich weiterführen. Ursprünglich besaß die Stadt zehn Stadttore, von denen sechs inschriftlich genannt werden. Heute sind nur noch das Knieper- und das Kütertor erhalten, die übrigen Tore wurden im 19. Jahrhundert abgerissen. Außer den Pfarrkirchen St. Nikolai, St. Marien und St. Jakobi werden das Heilgeist-Hospital sowie die nach der Reformation aufgelösten Bettelordensklöster St. Katharinen und St. Johannis genannt. Der Artushof brannte 1680 ab. Artushöfe dienten in Stralsund und anderen Orten, vor allem in Hansestädten, als städtische Fest- und Versammlungshäuser in Anlehnung an die adelig-höfische Festkultur.

Anmerkungen

  1. Stralsund Museum, Inv.-Nr. 1983:0136.
  2. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 462f.
  3. Die (später der) Zingel: Befestigungsgürtel, Schanze, Wall.
  4. Von Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 463, wird diese Stadtansicht, wohl in Anlehnung an architektonische Details, in den Anfang des 17. Jahrhunderts datiert.
  5. Nach Loesch, Stralsunder Stadtbild, S. 20.
  6. Vgl. etwa auf der Landkarte des Eilhard Lubinus (Randleiste oben, viertes Medaillon von links) die Ansicht Stralsunds, z. B. online unter http://archeo.edu.pl/lubinus, Bildausschnitt 1 (14.2.2013).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 208(†) (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0020806.