Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 204 St. Marien 1581, 1598

Beschreibung

Wandleuchter. Messing. Rechts des Nordportals angebracht. Zwischen dem Wandteller und den drei Lichttellern fehlt der Leuchterarm. In den Wandteller ist umlaufend und in sorgfältiger Konturschrift Inschrift A graviert. Zwischen den Lichttellern frontal ein durchbrochenes Kompositstück, das von Volutenbögen gerahmt wird. Darin ein schmales Schriftband mit profiliertem Rahmen und den Namen B, die durch senkrechte Linien voneinander abgegrenzt werden. Darüber und darunter je drei Wappenschilde mit den Inschriften C und D; in C zwischen den Initialen L R die Hausmarke H64. Auf den beiden unteren Volutenbögen die Jahreszahl E. Alle Inschriften sind graviert.

Maße: L. 30,5 cm, Dm. 37 cm (Wandteller). Bu. 2,2 cm (A), 0,8–1,4 cm (B), 0,6–1,5 cm (C), 0,6–1,4 cm (D), 1,6–2,3 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, C, D).

Jürgen Herold [1/3]

  1. A

    ˑ IN HONOREM ˑ MINISTERII ˑ PROVISORES ˑ XENODOCHII ˑ A(NN)O ˑ 81

  2. B

    IOCHIM ‎/ PRVTZE ‎// NICLAVS ‎/ MALCHOV ‎// REIMAR ‎/ STANEKE ‎// HANS ‎/ PANSOV ‎// NICLAVS ‎/ RODE ‎// PAGEL ‎/ KRVSE ‎// HENNINCK ‎/ BVSCK

  3. C

    HENNI/NCK ˑ SWE‎/RIN ‎// L ‎// R ‎// FABIAN ‎/ ROLEN‎/TER

  4. D

    THO‎/VELLVS ‎/ HASE ‎// GERVI‎/NVS ‎/ STANE‎/KE ‎// WECH‎/T ‎/ 77 ‎/ PVNT

  5. E

    15‎//98

Übersetzung:

(A) Zu Ehren des (Geistlichen) Ministeriums die Provisoren des Gasthauses, im Jahr (15)81.

Wappen:
?1)

Kommentar

Anders als Inschrift A auf dem Wandteller, die besonders regelmäßig und mit leichten Schaft-, Balken- und Bogenverbreiterungen ausgeführt ist, wurden die Inschriften B–E auf dem vorderen Kompositstück wenig professionell graviert. B, C und D werden bei Haselberg zwar aufgeführt, der dort wiedergegebene Wortlaut entspricht jedoch nicht dem tatsächlichen Befund.2) Es handelt sich um ein Gegenstück zum Kompositstück des Leuchters Kat.-Nr. 312, ist jedoch weniger sorgfältig gearbeitet und gehörte ursprünglich wohl nicht zu dem älteren Wandteller, an dem der Leuchterarm heute befestigt ist.

Das Geistliche Ministerium (A) war die Gemeinschaft aller Geistlichen einer Stadt. Bei dem Gasthaus, dessen Provisoren den Leuchter stifteten, handelt es sich um ein 1408 gegründetes, in der Marienstraße gegenüber der Westfassade von St. Marien gelegenes Armenhaus. Es wurde von Provisoren verwaltet, die oft auch Kirchenvorsteher waren.3) Eine Zusammenstellung der zwischen 1581 und 1609 aus der urkundlichen Überlieferung ermittelten Gasthaus-Provisoren stimmt bezüglich der in den Inschriften B–E genannten Personen lediglich im Fall von Joachim Prütze und Nikolaus Malchow überein.4) Joachim Prütze († 1622) war Altermann des Gewandhauses und Provisor von St. Marien. Er besaß in der Kirche ein Erbbegräbnis, in dem am 3. August 1636 seine Witwe bestattet wurde.5) Nikolaus Malchow erhielt 1580 das Bürgerrecht.6) Reimar Staneke, Bürger seit 1586, zu Beginn des 17. Jahrhunderts Altermann der Brauer und Provisor der Marienkirche, und Gerwin Staneke lassen sich in den Stammbaum der Ratsfamilie Staneke nicht einordnen.7) Im Jahr 1593 verfasste Gerwin Staneke ein Testament, in dem auch sein Bruder Reimar bedacht wurde.8) Zwischen 1597 und 1617 führte Reimar einen Erbschaftsprozess für seine Ehefrau Anna Vieth (Vith).9) Im Jahr 1612 war er in einen Rechtsstreit um einen Gestühlsplatz in St. Marien involviert.10) Er verstarb 1617.11) Pagel Kruse verfasste im Jahr 1644 sein Testament.12) Hans Pansow, Sohn von Jürgen Pansow, verstarb 1611 oder früher.13) Henning Busch lässt sich nicht eindeutig zuordnen;14) eine Person dieses Namens war 1618 Zeuge bei einem Rentenverkauf des Hospitals St. Jürgen am Strande.15) Nikolaus (Klaus) Rode erhielt 1572 bzw. 1592, Thovellus (eigentlich Theophilus) Hase 1585 und Henning Swerin 1593 das Bürgerrecht.16)

Anmerkungen

  1. Wappen ? (Hausmarke H64 mit Initialen L R).
  2. Bei Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 451, heißt es: „Das Querband der Hängetafel“ – gemeint ist das frontale Kompositstück – „enthält die Namen: HENNING SCHWERIN ˑ IOACHIM PRVTZE ˑ FABIAN ROLENTER NICLAVS MALCHIN ˑ REIMAR STANKE ˑ HANS PANSOW; ausserdem je drei Schilde über und unter dem Querbande; darauf die Namen: NICLAVS RODE ˑ PAGEL KRVSE ˑ HENNING BVSCK GERVINVS STANKE und die Anfangsbuchstaben L R ˑ mit einer Hausmarke.“
  3. Dazu Pooth, Gasthaus, S. 158–160.
  4. Vgl. Pooth, Gasthaus, S. 161.
  5. StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 57a–58; StA Stralsund, Hs. 377 (Toten-, Glocken- und Stuhlregister Marienkirche), Bl. 67v.
  6. Nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche (hier und im Folgenden 16.6.2015).
  7. Zu Reimar Staneke vgl. Langer, Stralsund, S. 107; Bürgerrecht nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche; das Provisorenamt an St. Marien nach StA Stralsund, Städtische Urkunden Nr. 2295 (1612; nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne, hier und im Folgenden 16.6.2015). Zur Familie Staneke vgl. StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 121a–122.
  8. Vgl. StA Stralsund, Testamente Nr. 1192 (29. November 1593), nach StA Stralsund, General-Register (hier und im Folgenden 14.7.2015).
  9. Vgl. StA Stralsund, Rep. 3 Nr. 5069 (1597–1617; nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne).
  10. Vgl. StA Stralsund, Rep. 3 Nr. 3453 (1642; nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne).
  11. Im Jahr 1617 verfasste Reimar Staneke sein Testament (StA Stralsund, Testamente Nr. S 286), in einer Akte dieses Jahres werden seine Erben erwähnt (StA Stralsund, Rep. 3 Nr. 1456; beide nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne).
  12. StA Stralsund, Testamente Nr. C 1 (nach StA Stralsund, General-Register).
  13. StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 202a–203.
  14. Vgl. StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 25.
  15. Vgl. StA Stralsund, Urkunden St. Jürgen am Strande Nr. 72 (nach StA Stralsund, General-Register).
  16. Wie Anm. 6.

Nachweise

  1. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 451 (A).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 204 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0020408.