Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 203†? St. Jakobi um 1570–1580

Beschreibung

Tafelbild mit einer Darstellung Martin Luthers. Öl auf Holz. Das beschädigte Gemälde wird im Kunstgutlager von St. Jakobi aufbewahrt; in der Kirche selbst war es wohl an den Pfeilern gegen Süden angebracht.1) Rechts neben dem Kopf Luthers die in hellen Buchstaben gemalte Inschrift A. Der als Halbfigur Dargestellte hält ein Buch in der Hand, auf dessen Seiten die dem Betrachter zugewandte Inschrift B aufgemalt ist. Auf der senkrechten Wandung der Balustrade, auf der das Buch aufliegt, wohl C. Die Inschriften B und C sind auf dem für diesen Artikel herangezogenen Foto des Pommerschen Landesmuseums nicht lesbar bzw. sichtbar.

Inschrift A nach Foto Pommersches Landesmuseum, Inschriften B und C nach Hs. 245.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (A); Minuskel (B).

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  1. A

    BILDNIS ˑ DES ‎/ EHRWIRDIGEN ‎/ HERRN ˑ DOCTORIS ‎/ MARTINI LVTHERI ˑ

  2. B

    Weiter wie nun durch eines Sünde die Verdam(m)niß über alle Menschen kommen ist also ist auch durch eines Gerechtigkeit die Rechtfertigung des Lebens über alle Menschen kommen ista) Denn gleichwie durch eines Menschen Ungehorsahm viel Sünder worden sind allso auch durch eines Gehorsahm worden viel gerecht Das Gesetz aber ist neben eingekommen auf daß die Sünde mächtig worden ist2)

  3. C

    Qui vivens multa quondam virtute PapatusDetexit tenebras ecceb) Lutherus eratCorporis effigiem mediam manus aemula pinxitSe totum in scriptis pingit at ille suis

Übersetzung:

(C) Siehe, das war Luther, der einst im Leben mit großer Kraft die Blindheit des Papsttums offengelegt hat. Das Abbild seines Körpers als Halbfigur hat eine bemühte Malerhand gemalt, aber in Gänze stellt er sich nur selber in seinen Schriften dar.

Versmaß: Elegische Distichen (C).

Kommentar

Das Gemälde stammt aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. J. und gehört zu einem weiteren, das Philipp Melanchthon zeigt (Kat.-Nr. 202); zur Datierung siehe ebenda. Diesen posthumen Porträts3) sind elegische Distichen beigegeben (C), deren Wortlaut variiert. Der humanistische Gedanke, dass nicht ein Bildwerk, sondern nur die Schriften eines Gelehrten seine Persönlichkeit zu erfassen vermögen, ist inschriftlich für Gelehrtenporträts mehrfach belegt.4)

Textkritischer Apparat

  1. ist] Redundant.
  2. Wortlaut der Distichen bis hier anders als im Vergleichsbeispiel (Kat. Lukas Cranach 2, vgl. Anm. 3).

Anmerkungen

  1. Zum Kunstgutlager von St. Jakobi vgl. die Einleitung, Kap. 3.1.3. Der historische Anbringungsort des Gemäldes nach StA Stralsund, Hs. 245, S. 103 Nr. 25.
  2. Rö. 5,18–20.
  3. Vgl. ein Lutherporträt dieser Serie im Kat. Lukas Cranach 2, S. 719 Nr. 648 mit Abb. 354.
  4. Dazu Ludwig, Bildnis des Gelehrten.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 245, S. 103 Nr. 25 (B, C).
  2. POLAMU, Bildarchiv (A).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 203†? (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0020301.