Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 198(†) St. Nikolai 1580

Beschreibung

Epitaph für Peter Bavemann (Baumann) und seine Ehefrau Margarete Meyer. Holz, teilweise geschnitzt, farbig gefasst und bemalt, um 1770 sowie 1883 auch im Bereich der Inschriften erneuert.1) Unter der Orgelempore an der Ostwand des südlichen Turmpfeilers. Im mittleren, großen Bildfeld der auferstehende Christus mit Siegesfahne, unter ihm stürzende römische Soldaten.2) Auf den flankierenden Pilastern im Halbrelief Adam und Eva mit der Schlange am Baum der Versuchung, unter ihren Füßen zwei Vollwappen. Außen neben Adam und Eva zwei kleine Säulen, darüber zwei Personifikationen des Alten und Neuen Testaments, die rechte hält Zehn-Gebote-Tafeln mit Inschrift A in den Händen. In der Attika oberhalb der Auferstehung im Relief eine Figurenszene unklarer Bedeutung. Im kleineren Bildfeld unter dem Mittelstück die neunköpfige kniende und betende Familie Bavemann; zwei von drei Söhnen links sowie eine von vier Töchtern rechts sind durch weiße Leichenhemden als verstorben gekennzeichnet. Links und rechts außen zwei weitere Vollwappen. Zwischen beiden Bildfeldern ein Akanthusfries mit Masken. Auf dem Gebälk über der Christusdarstellung ein Figurenfries, darüber ehemals ein kleiner Aufsatz, der nicht mehr vorhanden ist.3) Unterhalb der Darstellung der Familie Bavemann der Unterhang, in dessen Zentrum eine Kartusche mit den Inschriften, die erste Zeile von B in vergrößerten, rechtsgeneigten Buchstaben. Zwischen den Inschriften B und C ein Zwischenraum; C mit Fragezeichen ausgeführt. Alle Inschriften sind gemalt. Wo der aktuelle Wortlaut durch Restaurierung entstellt ist, wird er in den Fußnoten genannt.

Maße: Br. 276 cm, H. ca. 470 cm. Bu. 1,8–2,2 cm (B), 2 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (B, C).

Jürgen Herold [1/2]

  1. A

    I ‎/ II ‎/ III ‎/ IV ‎/ V ‎// [V]Ia) ‎/ VII ‎/ VIII ‎/ IX ‎/ X

  2. B

    D(OMI)NO PETRO BAVEMANNO ‎/ REIPUBL(ICAE) SVNDENSIS PRIMARIO SENATORI ANNOb) 1580 DIE 8 FEBRVAR(II) ET MATRONAE HONORATIS-‎/SIMAE, MARGARITAE MEŸERS, CONIVGI EIVS DILECTISSIMAE ANN(O) 1577. DIE 28 JULII. ‎/ PIE ACc) PLACIDE HAC IN TERRIS VITA DEFVNCTISd) .

  3. C

    QVIS SITVS HIC? BAVEMANN QVAE CIRCVM FEMINA? VIRTVS. ‎/QVAE COMES HVIC? SANCTA RELLIGIO FACIE. ‎/E LATERE ADVERSO QVAENAM? PRVDENTIA SOLERS. ‎/QVAE TRES ASSISTVNT HVIC PROPE? TRES CHARITES ‎/VIRTVS RELLIGIO, CHARITES, PRVDENTIA, TRISTI ‎/ SVBLATVM FATO TE, BAVE-‎/MANNE DOLENTe) :

Übersetzung:

(B) Dem Herrn Peter Bavemann, erster Ratsherr der Stadt Stralsund, der im Jahr 1580 am 8. Februar starb, und der sehr ehrenwerten Ehefrau Margarete Meyer, seiner innig geliebten Gattin, die im Jahr 1577 am 28. Juli starb und die beide fromm und friedlich ihr irdisches Leben beendet haben.

(C) Wer liegt hier (begraben)? Bavemann. Was ist das für eine Frau neben ihm? Die Tugend. Welche Gefährtin hat sie? Die Frömmigkeit mit heiligem Gesicht. Was für eine Frau steht auf der gegenüberliegenden Seite? Die erfinderische Klugheit. Welche drei stehen in ihrer Nähe? Die drei Grazien. So betrauern also die Tugend, die Frömmigkeit, die Grazien, die Klugheit dich, Bavemann, der du von diesem traurigen Geschick dahingerafft wurdest.

Versmaß: Elegische Distichen (C).

Wappen:
Bavemann IKulpe
Bavemann II?4)

Kommentar

Peter Bavemann († 8. Februar 1580), Sohn des gleichnamigen Ratsherrn († 1539), war vermögender Gewandschneider und ebenfalls Ratsmitglied (1553–1580).5) Er war seit 15446) mit Margareta, Tochter des Ratsherrn Hermann Meyer aus dessen erster Ehe, verheiratet, die umfangreichen Haus- und Landbesitz mit in die Ehe brachte. Er stiftete in St. Nikolai die Bavemannsche Vikarie und besaß u. a. das mit einem aufwändigen Portal geschmückte Haus Jakobiturmstr. 32 (Kat.-Nr. 181, 1568). Seine Töchter waren Gertrud, verheiratet in zweiter Ehe mit Peter Grubbe († 1609, vgl. Kat.-Nr. 277) und Anna, verheiratet mit Cord Bestenbosel, beide Ratsherren; Maria heiratete den späteren Bürgermeister Heinrich Hagemeister († 1616, vgl. Kat.-Nr. 157). Woher die Information stammt, die drei Schwiegersöhne Bavemanns hätten das Epitaph gestiftet,7) lässt sich nicht verifizieren.

Textkritischer Apparat

  1. [V]I] Die erste Ziffer wird von der Hand der Figur verdeckt.
  2. ANNO] Befund ANN, Resultat einer fehlerhaften Erneuerung der Inschrift.
  3. ac] et Hs. 359.
  4. DEFVNCTIS] Befund DETVNCTIS, Resultat einer fehlerhaften Erneuerung.
  5. TRISTI (...) DOLENT] In Hs. 359 Abreptum statt SVBLATVM. Hs. 341 bietet nach PRVDENTIA eine fehlerhafte Textfassung, DEFLENT / FATA BAVEMANNE FATA SIMVLQVE TVA.

Anmerkungen

  1. Johann Albert Dinnies schreibt im späten 18. Jahrhundert, die Inschriften B und C seien größtenteils nicht mehr lesbar und daher rekonstruiert worden; StA Stralsund, Hs. 359 (Dinnies, Verzeichnis 1), S. 660f. Die Erneuerung 1883 nach Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 490; StA Stralsund, Hs. 628, Bl. 81v.
  2. Zu diesem Epitaph vgl. auch Schumann, Epitaph, S. 35f.
  3. Vgl. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 489f.; auch StA Stralsund, Hs. 628, Bl. 81v.
  4. Wappen ? (Adler mit ausgebreiteten Flügeln, gezungt und bewehrt).
  5. Zur Person vgl. Möller, Terrakotten, S. 48; auch StA Stralsund, Hs. 359 (Dinnies, Verzeichnis 1), S. 655–661; StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 99a–100. Zur Genealogie der Familie Bavemann, insbesondere zu ihren Greifswalder Anfängen, vgl. Pyl (Hg.), Genealogien 2, S. 297f.
  6. Das Jahr der Eheschließung nach Hoffmann, Von welschen Giebeln, S. 27.
  7. So Schumann, Epitaph, S. 36.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 359 (Dinnies, Verzeichnis 1), S. 661 (B, C).
  2. StA Stralsund, Hs. 341, Bl. 108r (B, C).
  3. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 490 (B, C).
  4. Ewe, Reformation, S. 108 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 198(†) (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0019806.