Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 193† St. Marien 1575 o. früher

Beschreibung

Inschriften zum Bau einer Orgel. In der Literatur fehlen Angaben zum Standort und zur Ausführung der Inschrift.

Inschriften nach Chytraeus.

  1. A

    D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum) Samuele Caloandro viro opt(imo) (et)a) doctiss(imo) huius Ecclesiae pastore (et) R(everendo) V(iro) Ioanne Sumingo eiusdem collega procurantibus Simone Toelemanno (et) Michaele Stanekio huius rei pub(licae) Senatoribus benemerentib(us) (et) Matthaeo Derhegero ac Ioachimo Lemmichio ciuib(us) integerr(imis) organum hoc pneumaticu(m) venti (et) tactus ministerio harmoniam edens suauissimam in laudem sacrosanctae (et) indiuiduae Trinitatis concinnatum (et) extructum est Anno (et)cb)

  2. B

    Tu si muta sonantc) summu(m) instrumenta tonantem Sis memor officii viuida lingua tui

Übersetzung:

(A) Dem besten und höchsten Gott geweiht. Auf Veranlassung von Samuel Calander, dem vortrefflichen Mann und hochgelehrten Pfarrer dieser Kirche, und dem ehrwürdigen Mann Johannes Suming, seinem Amtsbruder, unter den Prokuratoren Simon Tölemann und Michael Staneke, verdienstvolle Ratsherren dieser Stadt, und der rechtschaffenen Bürger Matthäus Derheger und Joachim Lemmich ist diese Wind-Orgel, die durch Zufuhr von Luft und Berührung (der Tasten) lieblichsten Wohlklang hervorbringt, zum Lob der hochheiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit konstruiert und errichtet worden im Jahr usw.

(B) Wenn sogar stumme Instrumente den höchsten Donnerer (Gott) besingen, denk du, lebendige Zunge, an deine Pflicht.

Versmaß: Elegisches Distichon (B).

Kommentar

Die Datierung der Orgelinschrift beruht auf dem Todesjahr des Michael Staneke, der als Erster der genannten Amtsträger verstarb. Es ist nicht sicher zu entscheiden, ob es sich bei Inschrift B um ehemals inschriftlich ausgeführte Verse oder um einen der abgeschriebenen Prosainschrift A durch Nathan Chytraeus hinzugefügten Spruch handelt. Vgl. dazu auch Kat.-Nr. 197; dort biografische Angaben zu Samuel Calander († 1580). Johannes Suming aus Grimmen (Ldkr. Vorpommern-Rügen)1) immatrikulierte sich 1552 an der Universität Rostock.2) Seit 1561 war er Prediger in Stralsund, zunächst an Heilgeist, seit 1565 bis zu seinem Tod am 25. September 1580 Diakon an St. Marien, auch wenn die Rechtmäßigkeit seiner Ordination angezweifelt wurde. Jonas Staude verlobte ihn und Regina, Tochter von Christian Ketelhodt, am 10. April 1561 im Haus des Bürgermeisters Nikolaus Gentzkow.3)

Der Ratsherr (seit 1566) Simon Tölemann starb im Jahr 1584.4) Der Ratsherr (seit 1566) Michael Staneke kam 1575 bei einem Unfall an der Neuen Mühle ums Leben.5) Seine Eltern waren der Ratsherr Johannes († 1564) und Margareta Lange (vgl. Kat.-Nr. 179). Matthäus Derheger war 1575 als Vormund an einem Verfahren wegen eines nicht eingelösten Eheversprechens beteiligt.6) Joachim Lemmich lässt sich nicht nachweisen. Im Jahr 1571 stiftete Joachim Möller testamentarisch 30 Mark für den Bau einer neuen Orgel in der Marienkirche.7) Dieses Instrument, erbaut von Fabian Peters zwischen 1570 und 1575,8) wurde beim Brand der Kirche 1647 zerstört.

Textkritischer Apparat

  1. Hier und in den folgenden Fällen tironisches et.
  2. In Hs. 360 bietet Dinnies, obgleich er sich auf Chytraeus beruft, eine deutlich verkürzte und veränderte Version der Inschrift: D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum) SAMVELE CALOANDRO huius aedis Pastore procurantibus SIMONE TOELEMANNO et MICHAELE STANEKE huius Reipublicae Senatoribus p. p. organum hoc pneumaticum venti et tactus ministerio harmoniam edens suauissimam in laudem S(acro)s(anctae) Trinitatis constructum est.
  3. sonant] sonent Hs. 360.

Anmerkungen

  1. Biografische Daten, wo nicht anders nachgewiesen, nach Lobes, Reformations-Werck, S. 57, 68, 70; Heyden, Wolgast, S. 127, 145.
  2. Matrikel Rostock 2, S. 122.
  3. Nach Zober (Hg.), Tagebuch, S. 136.
  4. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 42–45; StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 144a.
  5. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 45f.
  6. StA Stralsund, Rep. 3 Nr. 7147 (nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne, 16.6.2015).
  7. Nach Prost, Stralsunds Orgeln, S. 1. Die Stiftung des Joachim Möller wird ebd., S. 130, einer angeblich von Nikolaus Maaß 1592–1594 gebauten Orgel zugewiesen, die dieser tatsächlich für St. Nikolai anfertigte. Die Zuordnung Prosts passt zudem nicht zu den biografischen Daten der inschriftlich genannten Personen.
  8. Vgl. dazu Bugenhagen, Musikgeschichte, S. 274f.

Nachweise

  1. Chytraeus, Deliciae, S. 524f.
  2. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 45.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 193† (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0019306.