Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 188 Stralsund Museum 1560–1573

Beschreibung

Bildrelief.1) Lindenholz, geschnitzt und farbig gefasst. Das Brustbild Philipp Melanchthons im Flachrelief stammt aus der Ratsbibliothek.2) Melanchthon ist als leicht nach rechts gewendete Halbfigur mit offenem, plissiertem Hemdkragen und einem Mantel mit Pelzbesatz dargestellt. Die Inschrift ist zu beiden Seiten des Kopfes in schwarzer Farbe auf eine helle Schriftrolle aufgemalt.

Maße: H. 56,5 cm, Br. 50,5 cm. Bu. 0,5 cm.

Schriftart(en): Humanistische Minuskel und Kapitalis, beide mit Versalien.

Jürgen Herold [1/2]

  1. Effigies PHILIPPI MELANCHTHONIS ‎/ Jllustrissimi Ducis Pomeraniae ‎/ BARNIMI ˑ XI ˑ manu Sculpta. ‎/ Nat(us) Jlle Brettae A(nno) C(hristi) 1497 ˑ ‎/ XVII ˑ Februar(ii) Denat(us) Wi=‎/teberg(ae) A(nno) C(hristi) 1560 XXIX. Aprilis

Übersetzung:

Bildnis des Philipp Melanchthon, geschnitzt von der Hand des durchlauchtigsten Herzogs von Pommern Barnim XI.; jener wurde geboren in Bretten im Jahr Christi 1497 am 17. Februar und starb in Wittenberg im Jahr Christi 1560 am 29. April.

Kommentar

Die ae-Ligatur in der humanistischen Minuskel wird als a mit einem am oberen Schaftende angesetzten e-Bogen wiedergegeben. Da in der Inschrift Philipp Melanchthons Todesdatum genannt wird, muss das Bildnis posthum entstanden sein. Der Wortlaut der Inschrift, Herzog Barnim XI. (auch IX., 1501–1573) habe das Bildnis eigenhändig angefertigt, ist durchaus ernst zu nehmen, denn weitere Quellen bestätigen, dass der Herzog selbst Schnitzarbeiten ausführte oder daran beteiligt war, so z. B. an einem Abendmahlsgestühl in der Kirche in Kolbatz (heute Polen) für die herzogliche Familie, das ein Selbstporträt des Herzogs zeigte, und an einem Brustbild Martin Luthers in Lebensgröße.3) Auch der Altaraufsatz und die Kanzel der Kirche von Friedrichswalde (östlich von Stettin/Szczecin, heute Polen) sollen teilweise von seiner Hand stammen.4) Barnim war der Sohn Herzog Bogislaws X. und seiner zweiten Ehefrau Anna aus der Jagiellonen-Dynastie. Er immatrikulierte sich 1518 gemeinsam mit seinem Lehrer in Wittenberg, wurde im darauffolgenden Jahr zum Rektor der Universität ernannt5) und war seit 1532 Herzog von Pommern-Stettin. Nach dem Tod seines Cousins Herzog Philipp von Pommern-Wolgast 1560 verwaltete er auch den westlichen Teil des Herzogtums, gab aber die Herzogswürde 1569 auf.

Anmerkungen

  1. Stralsund Museum, Inv.-Nr. 2015:0103, Slg. Ratsbücherei Nr. 3.
  2. Der Rat erwarb das Gemälde im Jahr 1757 (Auskunft des Stralsund Museums, 7.10.2015). Ob es von einem Stralsunder oder von einem auswärtigen Vorbesitzer stammt, ist nicht bekannt.
  3. Nach Hainhofer, Reise-Tagebuch, S. 85. Vgl. auch Gottfried von Bülow, ‚Barnim IX.‘, in: ADB 2 (1875), S. 79–82, hier S. 82 (Onlinefassung, 27.3.2013). – Die Behauptung Bülows in der ADB, Barnim XI. sei an der Anfertigung der Kanzel in der Kolbatzer Klosterkirche beteiligt gewesen, wird durch Hainhofer nicht bestätigt.
  4. Dazu Lemcke, Kreis Naugard, S. 183–185 (mit Abb.).
  5. Barnim XI. Herzog von Pommern-Stettin (ID: -1564977740), in: RAG, 10.4.2013.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 188 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0018809.