Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 183† Rathaus 1572

Beschreibung

Pokal.1) Silber, vergoldet. Der mit einem Deckel versehene Pokal war als einziges Stück des historischen Ratssilbers im späten 18. Jahrhundert noch vorhanden. Auf dem Deckel Inschrift A, um den Fuß umlaufend B.

Inschriften nach Hs. 360.

  1. A

    Ima placent tamen altus eo Dea lubrica quid me Euehis ingratum Non tibi fido tamen

  2. B

    Inuitus patrii factus tetrarcha Senatus MELCHIOR aurata haec pocula2) PRV̈TZE dedit Anno 1572

Übersetzung:

(A) Mir gefallen die untersten (Ränge), aber nun wandle ich auf der Höhe. Unbeständige Göttin, was hebst du mich trotz meines Widerstrebens empor? Ich vertraue dir dennoch nicht.

(B) Gegen seinen Willen zum Bürgermeister des Rates seiner Vaterstadt gemacht, hat Melchior Prütze diesen goldenen Pokal gestiftet im Jahr 1572.

Versmaß: Elegische Distichen (A, B).

Kommentar

In Inschrift A wird auf das unberechenbare Rad der Fortuna Bezug genommen, in B wird, dieses Bild konkretisierend, die widerstrebende Annahme des Bürgermeisteramtes durch Melchior Prütze (Prutze) herausgestellt. Dieser stiftete den Pokal nach seiner Wahl zum Bürgermeister 1571 für das Ratssilber. Ebenso wie alle anderen Stücke musste er bereits während des Dreißigjährigen Krieges veräußert werden, um Geldgeschäfte mit König Gustav Adolf von Schweden tätigen zu können. Im Jahr 1679 wurde der Pokal aber in einer Mauer, da vorher ein Silberschrank gewesen war, wieder aufgefunden und dem Rat geschenkt.3) Melchior Prütze, ein Sohn des Stralsunder Bürgers Kaspar Prütze und der Magdalena Wardenberg (vgl. Kat.-Nr. 131), war seit 1564 Ratsherr, seit 1571 Bürgermeister und starb am 15. März 1581. Seine Ehefrau war Dorothea, Tochter des Bürgermeisters Nikolaus Steven (vgl. Kat.-Nr. 173).4) Er bewohnte ein Haus in der Fährstraße (Kat.-Nr. 205).

Anmerkungen

  1. Alle Angaben zum Objekt nach StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 39.
  2. Bei der Form haec pocula dürfte es sich um einen poetischen Plural handeln, auch wenn denkbar ist, dass Melchior Prütze nicht nur einen, sondern mehrere Pokale stiftete.
  3. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 39f.
  4. StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 57a–58.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 360 (Dinnies, Verzeichnis 2), S. 40.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 183† (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0018304.