Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 135 St. Nikolai 1516

Beschreibung

Grabplatte für den Geistlichen und Stadtschreiber Johannes Lange (A). Kalkstein. An der Ostseite des Chorumgangs aufrecht an der Außenwand einer Kapelle,1) früher im südlichen Bereich des Chorumgangs zwischen dem südlichen Kirchenportal und dem Zugang zum Chor angebracht.2) Die Oberfläche der hochrechteckigen Platte ist abgetreten, die fehlende rechte untere Ecke mit Mörtel ausgefüllt. Im Innenfeld ist unter einem Maßwerkbaldachin der Verstorbene im Priesterornat und einen Kelch haltend dargestellt, die rechte Hand segnend erhoben. Umlaufend Inschrift A, beginnend in der linken oberen Ecke. Die ehemals wohl nur flach eingehauenen Kürzungszeichen und einige Oberlängen sind größtenteils abgetreten, auf älteren Fotos jedoch vielfach noch zu erkennen. In den Ecken Reste von Evangelistenmedaillons in sechseckigen Rahmen. Rechts unten ein Besitzzeichen (Bischofsstab) und die Nummerierung B, unten in der Mitte ein weiterer, kleinerer und wohl älterer Bischofsstab, dazu die Nummerierung C. Etwa in der Mitte der Personendarstellung eine schwach eingehauene, durch Meißelstriche getilgte Hausmarke (H45), die zu einer späteren Verwendung der Platte gehört. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, B und C eingehauen.

Maße: Br. 121 cm, H. 208 cm. Bu. 9,5 cm (A).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [a]n(no) ˑ d(omini) ˑ m ˑ vc ˑ xv[i]a) ‎/ in die ˑ magd(a)l(e)ne ˑ obijt ˑ vene(r)a(bi)l(is) ˑ vir ˑ d(ominus) ˑ et ˑ ‎/ m(a)g(iste)r ˑ iohan(ne)s ‎/ la(n)ge ˑ h(uius) ˑ civitat(is) ˑ fidel(is) ˑ secretari(us) ˑ or(a)te ˑ p(ro) ˑ eo

  2. B

    64

  3. C

    143

Übersetzung:

(A) Im Jahr des Herrn 1516 am Tag der (heiligen Maria) Magdalena (22. Juli) starb der ehrwürdige Mann Herr Magister Johannes Lange, treuer Schreiber dieser Stadt. Betet für ihn.

Kommentar

Inschrift A ist in der Spätform der gotischen Minuskel ausgeführt, g dem Zweilinienschema angepasst. Nach dem Kopiar der Marientiden in der St.-Jakobi-Kirche starb der Geistliche Johannes Lange nicht am 22., sondern am 19. Juli 1516.3) Er war bis 1515 städtischer Secretarius und auch Mitglied des Kalands.4) Ob er der Stralsunder Ratsfamilie Lange angehörte und wo er seine akademische Bildung erwarb, ist nicht bekannt.5) Möglicherweise stammen zahlreiche Einträge im Liber memorialis der Stadt von seiner Hand, denn im Jahr 1501 heißt es dort, eine Witwe habe ‚vermittelt durch mich, Johannes Lange, als Vormund und Prokurator‘ eine Kate und ein Grundstück verkauft.6) Die Identifizierung des Verstorbenen mit einem gleichnamigen Stadtschreiber, der 1300 sein Amt antrat,7) ist aus paläografischen und historischen Gründen hinfällig.

Textkritischer Apparat

  1. Die Ergänzung der Jahreszahl erfolgt auf der Grundlage biografischer Angaben; vgl. den Kommentar.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 198.
  2. Hagemeister, Nikolaikirche, S. 16.
  3. Nach Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 497.
  4. Fircks, Gewänder, S. 20.
  5. Vgl. den Stammbaum dieser Familie in StA Stralsund, Hs. 364 (Dinnies, Stammtafeln 1), S. 91a–92; dort lässt sich der hier behandelte Johannes Lange jedoch nicht zuordnen. Im RAG ist er nicht nachweisbar.
  6. Schroeder (Hg.), Liber memorialis 6, Nr. 355.
  7. So Hagemeister, Nikolaikirche, S. 16; auch Lusiardi, Stiftung, S. 157 Anm. 78.

Nachweise

  1. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 497 (A).
  2. Hagemeister, Nikolaikirche, S. 16 (A).
  3. LAKD/AD, Fotosammlung.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 135 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0013508.