Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 134(†) St. Nikolai 1511 o. später

Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen.

Beschreibung

Empore. Holz, bemalt. Im Hochchor über dem Hauptaltar. Die Malereien wurden 1891 erneuert und ergänzt.1) Die Emporenbalustrade ist verkleidet durch Tafeln mit elf nimbierten Halbfiguren unter geschnitzten Baldachinen. Drei dieser Figuren sind teilweise hinter den Köpfen verlaufende, verschlungene Schriftbänder beigegeben, die verfälschend erneuert wurden. Von links nach rechts sind dargestellt:2) Papst Gregor d. Gr. mit Tiara, Buch und dreifachem Kreuz; ein Bischof mit Pedum (A); Augustinus als Bischof mit Pedum und Herz; ein weiterer Kirchenvater mit dreifachem Kreuz und Buch, vielleicht Hieronymus; im vorspringenden Mittelteil der Empore drei nicht identifizierbare Figuren mit Buch, zwei barhäuptig mit Bart und Tonsur, die mittlere ein Bischof mit entstellend übermalter Tiara und Pedum. Rechts des Mittelteils Johannes Ev. mit Kelch, danach wohl Matthäus (B), Lukas und Markus (C). Auf den Gewölbeflächen unter der Balustrade vier gelehnte Wappenschilde. Alle Inschriften sind in schwarzer Farbe gemalt.

Maße: Br. 632 cm, T. 291 cm, H. 120 cm (Brüstung). Bu. 5,0–6,0 cm (A), 5,5–6,0 cm (B), 4,5–5,5 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Jürgen Herold [1/4]

  1. A

    ˑ S(anctus) ˑ m[.]‎//brvm[.]a) ˑ

  2. B

    ˑ S ˑ ‎// mathivsb)

  3. C

    ˑ S ˑ macvs ˑ ‎// ˑ ˑc)

Wappen:
?3)Stralsund I?4)Rönnegarve

Kommentar

Die teilweise entstellende Erneuerung der Inschriften erlaubt keine paläografischen Beobachtungen mehr. Das für die Chorempore, wohl ehemals Standort einer Orgel, verbaute Holz wird dendrochronologisch ins Jahr 1511 datiert.5) Somit ist diese Empore wenige Jahre nach derjenigen an der Nordseite des Langhauses entstanden (vgl. Kat.-Nr. 128). Die Errichtung der Chorempore wird aufgrund des Wappens oft mit dem bereits 1505 verstorbenen Archidiakon von Usedom und Tribsees sowie Stralsunder Syndikus Dr. iur. civ. Gerwin Rönnegarve in Verbindung gebracht, wobei nicht klar ist, ob es sich um eine Stiftung im eigentlichen Sinne handelt.6) Gerwin Rönnegarve war ein Sohn des Ratsherrn Brand und einer seiner Ehefrauen Gertrud Blome oder Wobbeke Lorbeer.7) Nach dem Studium in Greifswald und Bologna8) bis 1460 war er in Stralsund, als Rektor an der Universität Greifswald und in Rom tätig.9) Er gehörte dem Stralsunder Kaland an.10)

Textkritischer Apparat

  1. Ursprünglich wohl S(anctvs) ambrosius o. ä.
  2. Ursprünglich wohl S(anctvs) mathevs o. ä.
  3. Ursprünglich wohl S(anctvs) marcvs o. ä. Zwischen beiden Worttrennern auf der rechten Schriftbandhälfte eine Lücke. Ob die Inschrift ursprünglich fortgesetzt wurde, ist nicht mehr verifizierbar.

Anmerkungen

  1. Nach Weitzel, St. Nikolai, S. 103 Anm. 489.
  2. Für Hinweise im Dezember 2018 danke ich Gerd Meyerhoff, Stralsund/Greifswald.
  3. Möglicherweise Herrschaft Barth (eigentlich ein schwarzer Greif mit zwei weißen Federn; rein schwarzer Greif eigentlich Kaschuben).
  4. Möglicherweise Herrschaft Tribsees: drei Türme auf Zinnenmauer, darauf ein Greif mit Fahne.
  5. Huyer, Nikolaikirche, S. 270.
  6. Dazu Weitzel, St. Nikolai, S. 102–105. Zu Stiftungen des Gerwin Rönnegarve und zur Rönnegarve-Kapelle in St. Nikolai vgl. ebd., S. 146.
  7. Nach StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 7a.
  8. Dazu Gerwin Ronnegarven, in: RAG, 13.1.2015.
  9. Angaben zur Karriere Rönnegarves nach StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 535–542; vgl. auch Büttner, Pfarreien, S. 463f.
  10. Fircks, Gewänder, S. 19f.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 134(†) (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0013401.